Jeder kennt sie: Leerstehende Immobilien in bester Lage, die maximal verwahrlost sind. Grund dafür sind meist Erbengemeinschaften, deren Mitglieder sich nicht auf eine Sanierung einigen können. Ein Haus erben, das wünschen sich viele. Dass damit aber gerade bei älteren Immobilien erhebliche Sanierungspflichten verbunden sind, wird dabei gern übersehen. 

Viele Immobilien gehen an Erbengemeinschaften

Nach Schätzung des Daten-Portals Statista werden in Deutschland zwischen 2015 und 2024 etwa 4,34 Millionen Immobilien von einer Generation zur nächsten vererbt, darunter rund 1,7 Millionen Einfamilienhäuser in den westdeutschen Bundesländern. In Millionen dieser Fälle finden sich die Begünstigten auf einmal in einer Erbengemeinschaft wieder. Das birgt viel Sprengstoff, die die familiären Bande auseinanderreißen können.

Was ist eine Erbengemeinschaft? Zu einer Erbengemeinschaft kann es mit oder ohne Testament kommen. Steht im "Letzten Willen" einer Frau beispielsweise "mein Mann und meine zwei Kinder erben zu gleichen Teilen", bilden die Hinterbliebenen eine Erbengemeinschaft. Gibt es kein Testament (und keinen Ehevertrag), greift die gesetzliche Erbfolge: Dem hinterbliebenen Partner steht die Hälfte des Nachlasses zu und den beiden Kindern jeweils ein Viertel – auch in diesem Fall entsteht eine Erbengemeinschaft.

Geht es nur um Geld, Schmuck etc., das zu verteilen ist, dann ist, mit etwas gutem Willen, eine Einigung über die Verteilung relativ einfach. Bei Immobilien ist das schon schwieriger. So muss oft derjenige, der Omas Häuschen übernehmen möchte, die anderen Mitglieder der Gemeinschaft auszahlen. Das setzt voraus, dass für diesen Fall die notwendige Finanzierung zustande kommt. Das gelingt aber nicht immer. Dann bleibt die Immobilie im Besitz der Erbengemeinschaft und die übernimmt alle Pflichten, die sich ergeben. Dazu gehören auch die Sanierungspflichten aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes

Nach dem GEG müssen Eigentümer (ebenfalls Erbengemeinschaften) von älteren Bestandsimmobilien ihre Immobilie sanieren, wenn Dämmung und Heizungsanlage nicht mehr auf neuestem Stand sind. Davon betroffen sind vor allem ältere Hauser. Ist die Heizungsanlage aus dem Jahr 1991 oder später eingebaut, muss der Austausch nach 30 Jahren Betriebszeit erfolgen.

Hinzu kommen Dämmpflichten für Außenfassaden, das oberste Geschoss und frei liegende Leitungen in unbeheizten Räumen (Keller). Diese Sanierungspflicht besteht, wenn ein neuer Eigentümer ein Haus mit alter Heizung kauft oder das Haus infolge einer Erbschaft auf eine Erbengemeinschaft übergeht. Das gilt selbst dann, wenn der frühere Eigentümer von einer Sanierungspflicht befreit war, weil er seit 2002 in der Immobilie wohnte. Auf dieses Privileg können sich die neuen Besitzer nicht berufen.

Sie müssen innerhalb von zwei Jahren den Heizkessel austauschen. Dies betrifft Öl- und Gas-Heizkessel, die älter als 30 Jahre sind und eine übliche Größe haben (4–400 kW Heizleistung). Die Austauschpflicht gilt jedoch nicht für Brennwert- und Niedertemperatur-Kessel. Welchen Kesseltyp du hast, teilt dir der oder die bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger*in mit. Er oder sie muss regelmäßig eine sogenannte "Feuerstättenschau" vor Ort durchführen.

Dachsanierung und Dämmung sind vorgeschrieben

Die nachträgliche Dämmung der Heizungs- und Warmwasserrohre in unbeheizten Räumen ist schnell zu erledigen. Gravierender sind da schon Renovierungen im Bereich des Dachs. Oberste Geschossdecken zu unbeheizten Dachräumen mussten bereits bis Ende 2015 nachträglich gedämmt sein, wenn sie keinen sogenannten "Mindestwärmeschutz" (i. d. R. vier Zentimeter Wärmedämmung) aufweisen. Bei Holzbalkendecken genügt es, die Hohlräume mit Dämmstoff zu füllen.

Die Dämmpflicht gilt für alle zugänglichen obersten Geschossdecken, unabhängig davon, ob sie begehbar sind oder nicht ‒ also zum Beispiel auch für Spitzböden und für nicht ausgebaute Aufenthalts- oder Trockenräume. Alternativ dazu kannst du das darüber liegende Dach dämmen.

Wenn du andere Bauteile verändern oder modernisieren möchtest, gibt das GEG Mindeststandards vor. Das trifft beispielsweise zu, wenn der Putz einer Fassade zu erneuern ist oder du die Fenster austauschst. Bekommt das Haus einen neuen Anstrich, greift das GEG allerdings nicht.

Du bist noch auf der Suche nach deinem Zuhause? Finde es mit nur wenigen Klicks!

Die Sanierungskosten muss die Erbengemeinschaft aufbringen

Je nach Haustyp können schnell zwischen 50.000 und 150.000 Euro Sanierungskosten auf die Erbengemeinschaft zukommen. "Dann geht der Zoff erst richtig los. Die neue Sanierungspflicht nach dem Gebäudeenergiegesetz treibt die Mitglieder einer Erbengemeinschaft weiter in die Enge. Denn Sanierungspflicht hin oder her: Ein wirtschaftlich klug denkender Mensch wird niemals Geld in eine Immobilie investieren, die ihm nur zu 33 Prozent gehört", weiß Manfred Gabler, Geschäftsführer des Weilheimer Unternehmens ErbTeilung, dem Online-Magazin-Finanznachrichten zu berichten.

"Am ehesten dürften diejenigen Erben mit einer Sanierung einverstanden sein, die die Immobilie zum höchstmöglichen Preis verkaufen wollen", so die Erfahrung des Beraters. Denn solange die Immobilie nicht saniert ist, lässt sie sich schwerer verkaufen. "Dagegen wird sich der Erbe, der selbst zu einem geringen Mietzins das Familienhaus bewohnt, gegen eine schnelle Sanierung sträuben", hat Gabler beobachtet. 

Das Sanierungsthema einfach aussitzen, ist für Erbengemeinschaften kaum möglich. Denn nach dem GEG werden 50.000 Euro Bußgeld fällig, wenn die Erbengemeinschaft ihrer gesetzlichen Sanierungspflicht innerhalb von zwei Jahren seit dem Erbfall nicht nachkommt. Wer plant, sein Eigenheim energetisch zu sanieren, bekommt Zuschüsse. Mit der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) hat der Staat die Förderung weiter erhöht. Wer mehr zur Förderung wissen will, sollte sich den Ratgeber der Bausparkasse Wüstenrot anschauen, der einen guten Überblick über die Förderung für energetische Sanierungen gibt. 

Die Erbengemeinschaft verlassen

Die Erbengemeinschaft besteht oft etliche Jahre. Sie ist erst dann abgeschlossen, wenn der gesamte Nachlass auf die Erben verteilt ist. Allerdings bist du nicht unumstößlich auf die Kooperation mit den anderen angewiesen. Jeder Miterbe hat das Recht auf eine amtliche Teilung des Nachlasses: Eine Teilungsversteigerung von Wohnung oder Haus kannst du jederzeit verlangen. 

Eine weitere Möglichkeit, schnell einen Schlussstrich unter das Kapitel Erbengemeinschaft zu ziehen, ist die "Abschichtung". Wer aus der Gemeinschaft ausscheiden will, kann seine Ansprüche an die anderen Erben verkaufen. Das geht grundsätzlich formfrei, aber nur im gegenseitigen Einvernehmen.

Und schließlich ist es auch möglich, den Erbanteil an einen Dritten zu verkaufen. "Dazu ist es nicht nötig, das Einverständnis der übrigen Erben einzuholen", betont Jan Bittler von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) gegenüber dem Online-Magazin aktiv. Allerdings hätten die Miterben ein zweimonatiges Vorkaufsrecht. Zudem müsse ein solcher Vorgang (anders als bei der Abschichtung) notariell beglaubigt sein: Der Käufer übernimmt den mit Rechten und auch mit Pflichten verbundenen Erbanteil des Verkäufers – und wird an seiner statt Mitglied der Erbengemeinschaft. 

Fazit

"Redet ihr noch miteinander oder habt ihr schon geerbt?" Diese Volksweisheit bringt das Problem auf den Punkt: Schon zu normalen Zeiten sind Erbengemeinschaften sehr streitanfällig, weil sich hier sehr unterschiedliche Menschen als Begünstigte wiederfinden. Die gesetzliche Zwangsgemeinschaft dient manchem dazu, alte Hühnchen aus Familienfehden zu rupfen. Die Situation bei einer bestehenden energetischen Sanierungspflicht ohne tiefgreifendes Zerwürfnis zu meistern, ist nicht ganz einfach.

Vor und nach dem Tod gilt es einiges geregelt zu wissen. Lies hier weiter, um informiert und vorbereitet zu sein: