Aktuell befindet sich die deutsche Politik in der parlamentarischen Sommerpause, diese endet jedoch in wenigen Tagen. Kurz zuvor hatte Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) ihren Gesetzentwurf zur langfristigen Stabilisierung der Rente im Bundeskabinett eingebracht – mit viel Kritik und der Frage, ob die Reform die Rente "in die falsche Richtung" bringt.
Nach der Pause sollen weiter Pläne für die Rente umgesetzt werden. Auf Nachfrage von inFranken.de hat sich das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zu einigen zentralen Punkten geäußert.
Wie schätzt das DIW die Aktivrente ein?
Für die Bundesregierung um Kanzler Friedrich Merz ist die Aktivrente ein ganz wesentlicher Baustein der Rentenreform. Merz selbst hatte angekündigt dafür extra eine umstrittene Regelung zu streichen. Das DIW hat bereits im eigenen Wochenbericht im Juni zur Aktivrente Stellung genommen. Darin sieht man gerade bei den zu erwartenden "Beschäftigungseffekten" viel Unklarheit.
Gegenüber unserer Redaktion bekräftigt Johannes Geyer, stellvertretender Abteilungsleiter in der Abteilung Staat beim DIW, dass man davon ausgehe, dass es etwa 75 Tausend zusätzliche Beschäftigte brauchen wird, damit sich die zu erwartenden Mitnahmeeffekte (also Steuerausfälle; es profitieren ja Menschen, die ohnehin gearbeitet hätten) ausgleichen.
Geyer: "Den Erfolg der Maßnahme wird man erst in einigen Jahren ernsthaft bewerten können. Wenn man die Beschäftigung im höheren Alter fördern will, ist die Senkung der Steuerlast aber ein naheliegender Hebel, denn die Grenzbelastung ist bei vielen schon hoch."
Was kritisiert die Bundesbank an der Aktivrente?
Kritik an der Aktivrente kam zuletzt auch von der Bundesbank. Auch hier geht man von zu geringen Effekten aus. Im Bundesbank-Bericht heißt es dazu, dass die Politik das Arbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus steuerlich fördern möchte, "um Anreize für eine längere und höhere Erwerbsbeteiligung zu setzen. Studien legen diesbezüglich allerdings nur geringe Effekte nahe".
Das Problem der Maßnahme ist laut der Experten ganz eindeutig zu erkennen. Man geht davon aus, dass diejenigen, die ohnehin länger arbeiten wollen, die Vergünstigungen mitnehmen werden, das Rentensystem insgesamt aber nicht entlastet wird.
Der erhoffte Effekt durch die Aktivrente wird laut Bundesbank nicht entstehen.
Kritik an der Frühstart-Rente – so sieht es das DIW
Auch die Frühstart-Rente bekommt viel Gegenwind. Experten und Sozialverbände äußern Bedenken zur Wirksamkeit und Finanzierung dieser Maßnahme. Anja Piel vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hat in diesem Zusammenhang vorgerechnet: "Bei zehn Euro Monatsbeitrag kommt selbst bei 60 Jahren Ansparen bestenfalls eine Rente von rund 30 Euro brutto heraus."
Eine repräsentative Umfrage des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) zeigt jetzt, dass die Menschen in Deutschland durchaus etwas andere Pläne für die Maßnahme hätten.
Im Austausch mit unserer Redaktion sieht Johannes Geyer vom DIW viele offene Fragen zur Maßnahme: "Bei der Frühstart-Rente sind noch sehr viele Fragen offen: Wer verwaltet da was für Produkte? Wer trägt die Kosten? Was sind die Möglichkeiten des eigenen zusätzlichen Sparens? Was passiert nach dem Erreichen des Alters von 18 Jahren? Wie wird das Modell begleitet?"
Grundsätzlich schaut man beim Institut positiv auf die Frühstart-Rente, eine schnelle Lösung für das Rentensystem erwartet man aber nicht. Geyer: "Die Idee bei diesem Projekt ist ja eine breitere Partizipation am Aktienmarkt und bessere Entscheidungen beim Sparen zu fördern. Die Idee ist nicht verkehrt, aber für die Rente ist das Projekt kurz- und mittelfristig vermutlich keine Entlastung."
Das Renteneintrittsalter als politisches Dilemma
Das am meisten diskutierte Thema der vergangenen Wochen ist das Renteneintrittsalter. Martin Werding, Mitglied des Sachverständigenrats und Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum hat sich zuletzt klar für eine Veränderung ausgesprochen.
Werding: "Deutschland sollte das Rentenalter regelgebunden erhöhen – zwei Drittel der zusätzlichen Lebenszeit gehen in Arbeit und ein Drittel in den Ruhestand."
Für das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kann ein höheres Rentenalter durchaus ein Teil der Rentenreform sein, da es bei der Ausgabenseite spart und die Einnahmen erhöht. Allerdings sieht Johannes Geyer ein politisches Dilemma: "Das Problem ist hier allerdings, dass es extrem unbeliebt ist und die Parteien sich sehr festgelegt haben auf eine Beibehaltung der Altersgrenze 67. Alternativ könnte man versuchen, das effektive Rentenzugangsalter zu erhöhen; etwa durch höhere Abschläge bei vorzeitigem Rentenbezug und einer Beschränkung oder Abschaffung des abschlagsfreien Rentenzugangs für besonders langjährig Versicherte."
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