Es knirscht gewaltig in der Bundesregierung. Die Frage nach dem richtigen Weg für die Reform der Rente führt seit Wochen zu Diskussionen und Streit in der Politik. Jetzt machen 22 Ökonomen noch mehr Druck. Sie fordern in einem Schreiben auf der Seite des ifo Instituts das sofortige Zurückziehen des geplanten Rentenpakets.
Nachdem sich zuletzt die Junge Gruppe der Unionsfraktion klar gegen das Paket ausgesprochen hat und das Rentenniveau als eines der großen Probleme in den Fokus gerückt hatte, kommt diese öffentliche Abrechnung mit den Plänen der Regierung zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Das Rentenpaket droht zu scheitern.
Rentenpaket verfehlt laut Ökonomen das Ziel
Die Ökonomen erklären, dass es für Stabilität, Verlässlichkeit und Vertrauen eine Rentenpolitik mit langem Atem brauche, die berechenbar und fiskalisch nachhaltig ist. Das geplante Rentenpaket der Bundesregierung bestehend aus Rentenniveauhaltelinie, Mütterrente, Aktivrente und Frühstartrente, würde demnach dieses Ziel verfehlen.
Weiter heißt es: "Die demografisch bedingten strukturellen Probleme des Rentensystems würden weiter verschärft und es käme zu einer zusätzlichen Lastenverschiebung zwischen den Generationen – zulasten der Jüngeren, die schon heute unter steigendem finanziellem Druck stehen. Das Rentenpaket sollte deshalb in Gänze zurückgezogen werden."
Die Experten sehen das Problem in der mangelhaften Ausführung der Reform: "Solange es an einem umfassenderen Reformkonzept und Ausgleich fehlt, müssen bewährte Prinzipien gelten und eingespielte, aus gutem Grund beschlossene Mechanismen wie der Nachhaltigkeitsfaktor wirken."
Zukunft der Rente: Nachhaltigkeitsfaktor bleibt zentrales Thema
Der Nachhaltigkeitsfaktor ist auch bei inFranken.de seit Beginn des Jahres 2025 immer wieder ein großes Thema. So hat sich gegenüber unserer Redaktion das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geäußert.
Dazu gab es von Seiten des Sozialverbandes Deutschland SoVD hat Henriette Wunderlich, SoVD-Referentin für Rente und Arbeit, eine Einschätzung dazu gegeben, warum der Faktor in der Rentenformel steht, aber nicht berücksichtigt wird.
Für Pascal Reddig Vorsitzende der Jungen Gruppe der Unionsfraktion im Bundestag spielt er eine entscheidende Rolle und sollte nicht vergessen werden in der Diskussion. Denn er wird durch die eingesetzte Haltelinie verdrängt: "Das müssen wir so schnell es geht rückgängig machen und nach 2032 wieder zur vollen Wirksamkeit des Nachhaltigkeitsfaktors zurückkehren. Er sollte sogar verdoppelt werden, damit die Lasten der demografischen Alterung gerecht auf die Generationen verteilt werden."
Bas fordert mehr Mut für ihre Pläne zur Rente
Während es Ablehnung und Kritik für das Rentenpaket hagelt, fordert Bundessozialministerin Bärbel Bas mehr Mut.
Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte Bas: "Am Ende wird die Koalition sehr grundlegend entscheiden müssen. Wir brauchen ein mutiges Modell, bei dem sich alle drei Regierungsparteien bewegen müssen."
Nach den Aussagen der Jungen Gruppe nimmt die Ministerin mit Blick auf die Abstimmung zum Rentenpaket Unionsfraktionschef Jens Spahn in die Pflicht. Bas: "Für Mehrheiten im Parlament sind die Fraktionsvorsitzenden zuständig, bei der Union ist Jens Spahn in der Pflicht."
Streit um Rentenpaket wird nicht zur Vertrauensfrage führen
Auch wenn die Fronten im Streit um das Rentenpaket aktuell sehr verhärtet wirken, so sieht Bundeskanzler Friedrich Merz keinen Grund darin, zu drastischen Maßnahmen zu greifen.
Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) schreibt, schließt der Kanzler das Stellen der Vertrauensfrage aus.
Mit der Vertrauensfrage kann sich der Kanzler vergewissern, ob seine Politik im Bundestag eine Mehrheit hat.
Wer sind die 22 Ökonomen, die das Rentenpaket stoppen wollen?
Auf der Seite des ifo Instituts stehen als Unterzeichnende des offiziellen Schreibens:
- Prof. Dr. Axel Börsch-Supan – Technische Universität München
- Prof. Dr. Friedrich Breyer – Universität Konstanz
- Prof. Dr. Michael Eilfort – Stiftung Marktwirtschaft
- Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld – Walter Eucken Institut
- Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest – ifo Institut
- Prof. Dr. Veronika Grimm – Technische Universität Nürnberg
- Prof. Dr. Christian Hagist – WHU Otto Beisheim School of Management
- Prof. Dr. Justus Haucap – Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE)
- Prof. Dr. Friedrich Heinemann – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
- Prof. Dr. Johanna Hey – Inst. für Steuerrecht, Universität zu Köln
- Prof. Dr. Michael Hüther – Institut der deutschen Wirtschaft Köln
- Prof. Dr. Hanno Kube – Inst. für Finanz- und Steuerrecht, Ruprecht-Karls-Univers. Heidelberg
- Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen – Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
- Prof. Jörg Rocholl, Ph.D. – ESMT Berlin
- Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup – Handelsblatt Research Institute
- Prof. Dr. Klaus M. Schmidt– Ludwig-Maximilians-Universität München
- Prof. Dr. Monika Schnitzer – Ludwig-Maximilians-Universität München
- Prof. Dr. Moritz Schularick – Kiel Institut für Weltwirtschaft
- Prof. Dr. Silke Übelmesser – Friedrich-Schiller-Universität Jena
- Prof. Dr. Martin Werding – Ruhr-Universität Bochum
- Prof. Volker Wieland, Ph.D. – Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS)
- Prof. Dr. Berthold U. Wigger – Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Mit dabei sind damit auch aktuelle Wirtschaftsweise wie Monika Schnitzer, Veronika Grimm, Martin Werding sowie frühere Mitglieder des Sachverständigenrats wie Lars Feld, Volker Wieland und Bert Rürup.