Die Lage der Krankenkassen in Deutschland ist "dramatischer als ohnehin angenommen". Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) betonte bereits im März dieses Jahres, wie schlecht es finanziell um die Kassen steht. Mehr Geld vom Staat soll es aber nicht geben. Laut dem vorgestellten Haushaltsplan der Regierung wird es für gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung keine weiteren Zuschüsse geben.
Der Druck auf die Krankenkassen wächst also weiter. Nachdem bereits zu Beginn 2025 auf breiter Front die Zusatzbeiträge angehoben wurden, hatte jetzt Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes gegenüber der Deutschen Presse-Agentur für Anfang Juli von sechs Kassen gesprochen, die eine neue Erhöhungen beantragt hätten.
Erhöhung der Beiträge kein gutes Signal
Gegenüber unserer Redaktion hat das Bundesamt für Soziale Sicherung folgende Anhebungen der Zusatzbeitragssätze zum 1. Juli 2025 bestätigt:
- BKK PwC (von 2,08 % auf 2,40 %)
- BKK Technoform (von 2,49 % auf 3,49 %)
- BMW BKK (von 2,90 % auf 3,90 %)
- EY BKK (von 1,04 % auf 2,29 %)
- IKK – Die Innovationskasse (von 3,60 % auf 4,30 %)
- SECURVITA BKK (von 3,20 % auf 3,90 %)
Grundsätzlich sollten die Krankenkassen ohne eine Erhöhung der Beiträge über das Jahr hinweg auskommen. Steigen die Einkommen der Versicherten, steigen auch die Einnahmen der Kassen. Sie bekommen einen prozentualen Beitragssatz vom Einkommen ihrer Mitglieder. Tariferhöhungen oder eine gute Entwicklung am Arbeitsmarkt bringen zusätzliche Einnahmen. Laut GKV-Spitzenverband ist die entsprechende Rechengröße, die Grundlohnsumme, im vergangenen Jahr um 4,22 Prozent gestiegen. Allerdings sind die Ausgaben der GKV fast doppelt so schnell angewachsen, um 7,7 Prozent.
Noch hat Warken aber die Hoffnung auf eine bessere Unterstützung der Kassen nicht aufgegeben. Im ARD-Morgenmagazin erklärte sie: "Die Haushaltsverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen und mein Ziel ist es, schon noch mehr Geld zu bekommen."
System der Krankenkasse braucht "eine Akuttherapie"
Alleine bis April und Mai waren es bereits acht Anhebungen. Pfeiffer betonte schon damals, dass es für das System "eine Akuttherapie" braucht, sonst würden "zum nächsten Jahreswechsel die Krankenkassenbeiträge durch die Decke gehen".
Man müsse in ihren Augen die "Beitragsspirale" durchbrechen. Die Krankenkassen müssten demnach die teils stark steigende Milliardenausgaben für medizinische Leistungen und Medikamente decken.
Durch die letzten Beitragserhöhungen kommt man laut dpa-Bericht dieses Jahr zumindest in kein neues Minus. Allerdings seien die Überschüsse nur als "Reparaturkosten" zu betrachten: Pfeiffer: "Das ist nicht, weil es den Kassen so gut geht."
Wenig Hoffnung auf eine schnelle Besserung macht der Verband der Ersatzkassen (vdek). Hier "befürchtet" man auch für 2026 steigende Beiträge und nennt auch die Stellen, an denen die Kassen besonders hohe Kostenprobleme haben.
Krankenkassen mit enormen Kosten für Verwaltung
Kritik gab es zuletzt auch immer wieder an Kassen wie TK, DAK, Barmer und Co. wegen ineffizienter Verwaltungsstrukturen. Die Kosten für Personal und Verwaltung lagen alleine 2023 bei rund 12,6 Milliarden Euro, was 4,3 Prozent der Gesamtausgaben entspricht. Damit geht fast jeder zwanzigste Beitrags-Euro in die Verwaltung.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat in den vergangenen Tagen erklärt, dass neue Beitragsanhebungen für Versicherte und Unternehmen vermieden werden sollen. Es soll mehr Geld aus dem Bundeshaushalt über den regulären Zuschuss von 14,5 Milliarden Euro im Jahr hinaus dazu kommen.
Beim GKV sieht man auch ein Ausgaben-Moratorium für sämtliche Leistungsbereiche als Möglichkeit an, um kurzfristig für mehr Stabilität bei den gesetzlichen Krankenversicherungen zu sorgen und um die Beitragszahler zu schützen.
GKV-Check-up 2025 unterstreicht Kassen-Misere
Der "GKV-Check-up 2025" der Unternehmensberatung McKinsey unterstreicht die Misere der Krankenkassen. Für die Experten ist klar, die immer weiter steigenden Beiträge werden gerade den kleineren Kassen zum Verhängnis werden.
Bis zu 60 Krankenkassen könnten demnach in naher Zukunft vor dem Aus stehen.
Der "Check-up" hat zudem gezeigt, dass die Versicherungen noch stärker auf Digitalisierung setzen müssen. Sie könnten demnach "ein entscheidender Hebel sein, um auf die finanziellen Herausforderungen zu reagieren und sich strategisch vom Wettbewerb abzusetzen".
Sozialverband VdK sieht Lage als "besorgniserregend" an
Mit Sorge blickt man auch beim Sozialverband VdK auf die aktuelle finanzielle Schieflage der Krankenkassen. Die Lage sei "besorgniserregend". Auf Nachfrage von inFranken.de hat der VdK mit einem Statement von VdK-Präsidentin Verena Bentele reagiert.
Bentele spart dabei nicht mit Kritik: "Aus meiner Sicht liegt die Lösung nahe: Solange die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen ungebremst steigen, sind Honorarerhöhungen für Ärztinnen, Ärzte und Krankenhäuser ebenso wenig tragbar wie weitere Preissteigerungen für Arzneimittel." Wenn die Politik von einem "gemeinsamen Kraftakt" spricht, würden damit meist vor allem die Bürger gemeint sein. Bentele: "Dabei braucht es jetzt verantwortungsvolles Handeln vor allem von denjenigen, die mit dem Gesundheitssystem viel Geld verdienen: Ärztinnen, Ärzte, Kliniken und die Pharmaindustrie."
Und die VdK-Präsidentin unterstützt dafür den gewählten Ansatz von der Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes Doris Pfeiffer: "Deshalb unterstütze ich den Vorschlag der Krankenkassen, ein Ausgaben-Moratorium einzuführen – allerdings nur unter einer klaren Bedingung: Die gesundheitliche Versorgung darf dadurch keinesfalls beeinträchtigt werden."
Kommt ein Wechsel der Kasse infrage?
Bei den aktuellen Entwicklungen können sich Versicherte durchaus die Frage stellen, ob ein Wechsel der Krankenkasse eine sinnvolle Option wäre.
Doch was sollte man für einen Wechsel des Anbieters unbedingt beachten?
Laut Verbraucherzentrale lohnt es sich dabei unter anderem nicht nur auf die Zusatzbeiträge zu schauen. Auch die jeweiligen Zusatzleistungen der Kassen können interessant sein.
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