Das erste gemeinsame Kind ist ein Wunder und bringt meist eine bis dahin unbekannte Intensität an Liebe und anderen Gefühlen mit sich. Die Zeit nach der Geburt wird häufig als glücklichste Zeit im Leben beschrieben. Gleichzeitig kann eben diese Zeit besonders herausfordernd für die frisch gebackenen Eltern und das Paar, das sie sind, sein. Die vielen Veränderungen, die das Neugeborene in ihrem Leben verursacht, können sich mitunter negativ auf ihre Partnerschaft auswirken. Wie kannst du gemeinsam mit deinem Partner oder deiner Partnerin eure Beziehung in dieser Phase stärken?

Große Veränderungen: Neue Rollen, Fremdbestimmung und psychische Belastung

"Das Duo verwandelt sich in ein Trio", beschreibt die systemische Therapeutin Miriam Fritz im Interview mit der AOK. Damit verteilen sich die Rollen der Erwachsenen neu. Aus Partnern und Partnerinnen werden Väter und Mütter, aus einem Paar werden Eltern. Ein Baby lässt oft nicht ausreichend Zeit und Raum, um sich ruhig und bewusst in die neue Rolle einfinden zu können. Deshalb kommt es häufig zu Überforderung. "Vor allem Väter beschreiben den Übergang von der Partnerschaft in die Elternschaft als Herausforderung. Zwar beobachten sie gerne die Mutter-Kind-Einheit, sind aber in vielen Dingen wie dem Stillen außen vor", erklärt Miriam Fritz. Das könne zu Gefühlen wie Unzufriedenheit und Eifersucht führen. Doch nicht nur die neue Rolle, sondern auch die Fremdbestimmung durch das Neugeborene und seine Bedürfnisse kann überfordern und belasten.

Im ersten Babyjahr strukturiert sich der eigene Alltag vollkommen neu, geprägt von Schlafmangel bei den Eltern, Schlaf- und Essenszeiten des Kindes, Hormonschwankungen bei der Mutter, Bürokratie, Arztbesuchen, Kinderkrankheiten und mehr Aufgaben im Haushalt. Sind in diesem Alltag die Aufgaben nicht klar verteilt und finden nicht genügend Gespräche über den Alltag, Erziehungsfragen und die eigenen Bedürfnisse statt, kann es Miriam Fritz zufolge unter diesen Umständen schnell zu Streitereien kommen. Fehlende Kommunikation sei eine Ursache für das Gefühl des "Auseinanderlebens", das in der Konsequenz zur Trennung führen kann. Eine mögliche gleichzeitige Abnahme von Intimität, Zuneigung und Wertschätzung verstärkt dieses Gefühl zusätzlich.

Die Humanbiologin Lena Staudigl stellte in ihrer Dissertation zum Thema "Vom Liebespaar zum Elternpaar – Wie eine Geburt die Partnerschaft verändert" an der Uni Ulm fest, dass sowohl bei Frauen als auch bei Männern die Beziehungszufriedenheit nach der Geburt abnahm. Vor allem bei Frauen ließ sich acht Wochen nach der Geburt auch ein signifikanter Anstieg der psychischen Belastung erkennen. Ursachen dafür können laut Staudigl in der veränderten Körperempfindung der Frauen nach der Geburt, im gesellschaftlichen Druck bezüglich ihrer neuen Rolle und in der Veränderung ihres Alltags liegen. Schließlich seien es immer noch häufig Männer, die wieder arbeiten gehen und damit ein Stück ihres bekannten Alltags zurückerlangen. Den Erkenntnissen zufolge steht fest: "Je höher die psychische Belastung nach der Geburt war, desto geringer war die Zufriedenheit mit der eigenen Partnerschaft."

Kommunikation und Auszeit: Das kann eure Partnerschaft stärken

Um die psychische Belastung zu verringern, kann es helfen, sich als Paar und vor allem als Team zu begreifen, das gemeinsam an einem Strang zieht. Das wirkt der Überforderung, dem Stress und auch dem Gefühl des Alleinseins entgegen. Wie also könnt ihr eure Beziehung dahingehend stärken? Die Familienexpertin Miriam Fritz rät primär zu einer guten Kommunikation. Dafür empfiehlt sie das Zwiegespräch: Dein Partner oder deine Partnerin darf fünf Minuten zu der Frage "Wie geht es mir zurzeit in der Beziehung?" sprechen und du hörst ihm oder ihr gut zu. Dann darfst du fünf Minuten erzählen. Insgesamt könnt ihr drei Runden à fünf Minuten ansetzen. In diesem Gespräch sollten vor allem eure Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche im Fokus stehen, während Vorwürfe und Beleidigungen keinen Platz bekommen. Sich mitteilen können, zuhören und gegenseitig Verständnis entgegenbringen – all das führt zu einer besseren Kommunikation zwischen euch, einem neuen Kennenlernen und einem stärkeren Teamgefühl.

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Wenn ihr wisst, was ihr braucht und euch wünscht, ist es an euch, euch genau das zu ermöglichen. Dafür sind fest eingeplante Auszeiten – sowohl als Paar als auch allein – notwendig. Für eure Paarzeit könnt ihr euch anfangs einen Abend in der Woche nehmen, an dem ihr nicht über Funktionales sprecht und nur das tut, was euch guttut. Später könnt ihr, wie Miriam Fritz vorschlägt, einen Kurztrip unternehmen, mal eine Nacht im Hotel schlafen oder die Wohnung mit euren Eltern tauschen. Ein Tapetenwechsel kann zur Entspannung beitragen. "Die bewusste Zeit zu zweit schafft eine Verbindung, intime Momente und Gefühle von Sympathie und Zuneigung", sagt die Expertin. Dafür ist wichtig, dass ihr euch Unterstützung sucht, am besten ein kleines Netzwerk aufbaut, das sich in dieser Zeit um euer Kind kümmert. Euer Wohlbefinden als Paar ist schließlich genauso wichtig für ein glückliches Familienleben wie das Wohlbefinden eures Kindes.

Stephanie Albert vom Blog Leben & Erziehen empfiehlt außerdem, euch als Paar weiterhin bei euren Vornamen zu nennen, anstatt euch auch gegenseitig "Mama" und "Papa" zu rufen. Das kann einer Reduktion auf eure neue, möglicherweise überfordernde Rolle vorbeugen, und euch daran erinnern, dass ihr nach wie vor ihr selbst seid. Dazu kann auch beitragen, dass ihr für eure Auszeit die bequeme Alltagskleidung mal beiseite lasst und euch so kleidet, wie es eurem Stil entspricht. Kleinigkeiten wie diese können den Unterschied machen. Zu guter Letzt kann auch das Vertrauen, dass Dinge, die im ersten Babyjahr vielleicht nicht möglich sind, irgendwann wieder möglich sein werden, helfen, um mit herausfordernden Momenten zurechtzukommen.

Fazit: Für euch als Paar sorgen

Feststeht, dass das erste gemeinsame Kind das größte Glück und gleichzeitig die größte Herausforderung sein kann. Ein solches Lebensereignis bringt die unterschiedlichsten intensiven Gefühle und Veränderungen mit sich. Das kann für das Paar, das zu Eltern wird, nicht nur positive Konsequenzen bedeuten. Neue Rollen, Fremdbestimmung, weniger Kommunikation und Paarzeit, Schlafmangel, Hormonschwankungen, Überforderung in Sachen Erziehung und psychische Belastung können sich negativ auf die Beziehungsqualität auswirken. Deshalb ist es wichtig, sich als Paar nicht zu vernachlässigen, sondern mit ein paar Tricks für gute Kommunikation, ein starkes Teamgefühl und Auszeiten zu sorgen.

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