Der Winter 2022 war eine echte Zitterpartie – reicht das Gas für die Menschen in Deutschland zum Heizen? Im Juli 2023 wurde in Zuge der großen Sorge um ausreichend Kapazitäten eine Austauschpflicht für Öl- und Gasheizungen ab 2024 auf den Weg gebracht. Und wie sieht es im Winter 2023 denn nun aus? Sind die Gasspeicher gefüllt? Und fast noch wichtiger: Wie teuer wird Heizen für die Menschen?
Laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa) haben die Erdgasspeicher in Deutschland die Füllstandsmarke von 95 Prozent vorzeitig erreicht. Nach den Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr wurde während der Gaskrise eine Verordnung eingeführt – die Speicher müssen demnach bis zum 1. November zu 95 Prozent gefüllt sein.
Kosten fürs Heizen – wie geht es mit Gas und Strom weiter?
Und die Preise für die Verbraucher? In der Krisenzeit holte die Bundesregierung eine als Doppel-Wumms bekannt gewordenen Maßnahme aus der Schublade. Kunden sollten entlastet werden. Doch aktuell wird um diese Hilfen gestritten, sehr zum Leidwesen der Bevölkerung. Denn: Wie die dpa schreibt, warnt die Energiebranche bereits vor „neuen Preissprüngen“.
Doppel-Wumms
Die SPD und Bundeskanzler Olaf Scholz erklärten den Doppel-Wumms im Jahr 2022 wie folgt: "Die SPD-geführte Bundesregierung von Bundeskanzler Olaf Scholz spannt angesichts der steigenden Energiepreise einen 200 Milliarden schweren „Abwehrschirm“, mit dem die Menschen und Unternehmen in Deutschland sicher durch den Winter kommen sollen. Neben der Strompreisbremse kommt die Gaspreisbremse. Es solle sich niemand Sorgen machen müssen, wenn er an den Herbst, den Winter und die Energierechnungen denkt".
Gegenüber der Presse-Agentur erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dass aufgrund der geopolitischen Entwicklungen erhöhte Risiken bestehen würden: "Eine vorschnelle Rücknahme der Entlastungen könnte dazu führen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher mitten in der Heizsaison von neuen Preissprüngen getroffen werden."
Strompreis scheint stabil – Experten sehen bei Gaspreisen deutliche Kostensteigerung
Für etwas Beruhigung will derweil das Wirtschaftsministerium sorgen. Am Donnerstag erklärte eine Sprecherin laut dpa: "Die Lage ist stabil". Dazu heißt es bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, dass Strom und Erdgas für Haushalte in den vergangenen zwölf Monaten im Durchschnitt deutlich günstiger geworden sind.
Dem dpa-Bericht zufolge rechnen die Strommarktexperten zeitnah nicht mit großen Preisausschlägen. Dazu heißt es: Die Preisdeckel der Energiepreisbremsen würden damit deutlich unterschritten. Sie liegen für Privathaushalte für Strom bei 40 Cent und für Gas bei 12 Cent, jeweils je Kilowattstunde. Schlechter könnte es für Erdgas aussehen.
Hier erwarten die Experten deutlich mehr Probleme auf die Verbraucher zu kommen. So erklärt zum Beispiel Enervis-Gasmarktexperte Sebastian Gulbis, dass Großhandelspreise im kommenden Winter vom LNG-Angebot im Weltmarkt, der Verfügbarkeit von Pipeline-Gas sowie der Temperaturentwicklung, aber auch von der Einsparung durch Industrie und Haushalten abhängig seien. Fällt der Winter besonders kalt aus, drohen erneut stark erhöhte Preise. Wer kann, sollte also wieder darauf achten, beim Heizen zu sparen.
LNG (Liquefied Natural Gas)
LNG ist die Bezeichnung für Flüssigerdgas. Um LNG zu erhalten, wird Erdgas von Schwefel, Stickstoff und Kohlendioxid gereinigt und auf Temperaturen von bis zu minus 162°C abgekühlt.
Erdgas droht teuer zu werden – Politik diskutiert über Maßnahmen
Das Problem für viele Haushalte und Firmen im Winter 2023: Die bisher eingesetzte Maßnahme aus dem vergangenen Jahr, den Mehrwertsteuersatz für Gas vorübergehend von 19 auf 7 Prozent zu senken und Gas so billiger zu machen, soll es nicht mehr geben.
Die Deutsche Presse-Agentur meldet, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plant, diese Sonderregelung drei Monate früher als geplant bereits zum Jahreswechsel auslaufen zu lassen. Immerhin: Innerhalb der Koalition ist diese Überlegung umstritten. Das sind die wichtigsten Punkte der Diskussion:
- die krisenbedingten Preisspitzen an den Gasmärkten hätten sich gelegt
- Geld soll freigemacht werden für "Spielräume für die öffentlichen Haushalte"
- Denkbar wäre auch ein Industriestrompreis für besonders energieintensive Firmen oder eine Senkung der Stromsteuer
Was bisher an Geldern für die Hilfen ausgezahlt wurde
Wie aus dem Bericht zu entnehmen ist, hat das Wirtschaftsministerium darüber informiert, dass für die Gaspreisbremse mit Stand Mitte September bisher rund 9,6 Milliarden Euro ausgezahlt wurden. Weiter heißt es: Für die Strompreisbremse seien mit Stand vom 22. September rund 10,8 Milliarden Euro verausgabt worden.
Fakt ist, die Energiepreisbremsen laufen am 31. Dezember 2023 aus. Nur bis maximal 30. April 2024 ist laut Gesetz eine Verlängerung möglich. Für Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft ist klar: "Nach dem schwierigen vergangenen Winter ist es wichtig, den Energiekundinnen und -kunden Stabilität und Sicherheit bei den Energiepreisen zu signalisieren."
Sie fordert eine schnelle Lösung, um den Menschen Sicherheit zu geben. Eine Möglichkeit wäre es in ihren Augen, wenn die befristeten Mehrwertsteuersenkungen auf Gas und Wärme synchron mit den Energiepreisbremsen erst zum 31. März 2024 ausliefen.