Viele Menschen in Deutschland haben Angst vor Altersarmut. Das Rentensystem steht daher immer wieder in der Kritik. In einem Versuch, die Rente gerechter zu gestalten, soll nun zum Beispiel die Doppelbesteuerung abgeschafft werden. Außerdem steht 2023 erneut eine Rentenerhöhung an, von der jedoch nicht alle Rentner*innen profitieren. Die letzte große Reform wurde 2021 ins Rollen gebracht: die Grundrente.
Die Auszahlung der Grundrente findet seit Mitte 2021 rückwirkend statt. Zunächst wurde bei allen Neurentner*innen geprüft, ob Anspruch auf den Grundrentenzuschlag besteht. Grund für die Verzögerung war der enorme Aufwand für die Ermittlung des Anspruchs. Wegen der fälligen Einkommensprüfungen musste erst eine Datenautobahn zwischen Rentenversicherung und Finanzbehörden errichtet werden. Die Rentenversicherung sagt den Finanzämtern, wer lange genug für Grundrente gearbeitet hat - diese prüfen das jeweilige Einkommen.
Grundrente 2023: Wer hat Anspruch?
Warum kommt die Grundrente? Jedem, der mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, steht auch eine Altersvorsorge zu. Doch nur etwas mehr als die Hälfte kommt mit der Höhe ihrer Bezüge aus, berichtet das Renteninformationsportal ihre-vorsorge.de. Um das zu ändern, hat die Regierung die Einführung einer Grundrente beschlossen.
Rentner*innen mit unterdurchschnittlichem Einkommen bekommen den Aufschlag. Damit soll Niedrigverdienern eine stabilere Altersvorsorge gewährleistet werden. Die Grundrente kann bis zu 418 Euro betragen, wird aber für jeden individuell berechnet. Laut Wirtschaftswoche erhielten Rentner*innen im März 2022 im Durchschnitt 86 Euro Grundrente pro Monat. Der Wert hängt aber auch vom aktuellen Rentenwert ab. Für 2023 liegt dieser im Westen bei 36,02 Euro und im Osten bei 35,52 Euro.
Wer bekommt die Rentenaufstockung? Die Grundrente ist gedacht für alle Rentner*innen, die während ihres Arbeitslebens unterdurchschnittlich verdient haben. Stand 2023 erhalten 1,1 Millionen Menschen in Deutschland Grundrente, teilte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit. Insgesamt wurde bei rund 26 Millionen Renten geprüft, ob der Zuschlag gezahlt wird.
Um die Grundrente ausgezahlt zu bekommen, sind mindestens 35 Jahre Grundrentenzeit nötig. Wer nur 33 Jahre gearbeitet hat, bekommt ebenfalls Grundrente, allerdings nicht in voller Höhe. Laut der Deutschen Rentenversicherung zählen neben der Arbeitszeit folgende Zeiten zu den Grundrentenzeiten:
- Zeit zur Erziehung der Kinder
- Pflegezeiten
- Krankheits- und Rehabilitationszeiten
- Ersatzzeiten (zum Beispiel Zeiten des Kriegsdienstes, der Kriegsgefangenschaft oder der politischen Haft in der DDR)
Nicht zur Grundrentenzeit gehören hingegen:
- Arbeitslosenzeit
- Minijob-Zeiten
- Schulische Ausbildungen
- Zeiten der Erwerbsminderungsrente
- Zeiten, in denen freiwillige Beiträge gezahlt wurden
Zudem ist ein im Mittel unterdurchschnittlicher Verdienst nötig. Ausschlaggebend dafür sind die Entgeltpunkte, die man während seiner Beitragszeit bei der Rentenversicherung sammelt: Für jedes Jahr, in dem dein Verdienst im deutschen Durchschnitt liegt, erhältst du einen ganzen Entgeltpunkt. Liegt der Wert unter dem Durchschnitt, bekommt man weniger als einen Entgeltpunkt. Für Anspruch auf die Grundrente muss der Durchschnitt für alle Beitragsjahre zwischen 0,3 und 0,8 Entgeltpunkten liegen.
Rentenbeziehende aufgepasst: Nicht alle Geringverdienenden haben Anspruch
Daraus ergibt sich, dass nicht alle Geringverdiener automatisch Anspruch auf Grundrente haben. Arbeitnehmer, welche weniger als 30 Prozent des Durchschnittsverdiensts bekommen haben, erhalten gar keinen Grundrentenzuschlag. Das gilt somit auch für Minijob-Zeiten. Es ist also durchaus möglich, dass Rentner eine sehr geringe monatliche Rente besitzen und trotzdem keine Grundrente bekommen.
Die Rentenversicherung zahlt nur dann die Grundrente voll aus, wenn das zu versteuernde Einkommen des Rentners, der steuerfreie Teil der Rente und Kapitalerträge eine bestimmte Höhe nicht übersteigt. Die Grenze liegt bei 1250 Euro für Alleinstehende und bei 1950 Euro für Paare. Liegen die Einkünfte darüber, sinkt die Grundrente dementsprechend.
Betragen die Einkünfte bis 1600 Euro bei Alleinstehenden und 2300 Euro bei Paaren, werden 60 Prozent des über dem Freibetrag liegenden Einkommens angerechnet.
Grundrente berechnen: Es gelten Einkommensgrenzen - Beispielrechnungen
Liegt das Einkommen über den Grenzwerten von 1600 beziehungsweise 2300 Euro, wird der Betrag, der den Grenzwert übersteigt, vollständig auf den Grundrentenzuschlag angerechnet.
Beispielrechnungen: Ein alleinstehender, 67-jähriger Rentner, der zuletzt ungefähr 2000 Euro verdiente und der 35 Jahre Grundrentenzeit aufweisen kann, hat Anspruch auf die Grundrente. Das Einkommen des Rentners lag in allen Jahren bei 60 Prozent des Durchschnittsverdienstes. Geht man von einer Rente von 738,50 Euro West/753,25 Euro Ost aus, betrüge seine Grundrente 209,41 Euro West/205,00 Euro Ost, wie der Berliner Vermögensverwalter Growney gegenüber fr.de berechnet hat. Die Gesamtrente würde sich dann auf 947,92 Euro West und 958,25 Euro Ost addieren.
Hat dieser Rentner eine Ehefrau, die zuletzt 3000 Euro verdiente und ebenfalls 35 Grundrentenjahre gearbeitet hat, liegt der Fall für sie jedoch ganz anders. Sie bekäme 1107,76 Euro West/1.129,87 Euro Ost Rente. Damit liegt ihr durchschnittliches Arbeitsentgelt über 80 Prozent des Durchschnittsentgelts. Sie hätte also keinen Anspruch auf Grundrente. Die Rente ihres Mannes wäre davon jedoch unberührt. Ihr Ehemann bekäme weiter die volle Grundrente, denn beide werden gemeinsam veranschlagt und haben zusammen weniger als 1950 Euro.
Minijob-Rechenbeispiel: Eine Frau hat 17 Jahre in einem Minijob ohne Rentenbeiträge gearbeitet. Außerdem hat sie 18 Jahre lang fest gearbeitet und dabei 60 Prozent des Durchschnittsverdienstes, also wieder 2000 Euro monatlich verdient. Insgesamt besteht für sie somit ein Rentenanspruch von 476,95 Euro West/520,81 Euro Ost. Es besteht jedoch kein Anspruch auf Grundrente. Die notwendige Zahl an Grundrentenjahren wurde nicht erreicht, da die Arbeitsjahre des Minijobs nicht mitzählen.
Grundrente beantragen: Geld landet automatisch auf dem Konto
Die Grundrente wird seit Juli 2021 rückwirkend ausgezahlt. Ein Antrag auf Grundrente muss nicht gestellt werden. Sofern man einen Anspruch hat, wird das Geld automatisch ausgezahlt.
Um die gesetzliche Rente ranken sich zahlreiche Mythen. Hier werden die größten Mythen der gesetzlichen Rente verständlich erklärt.
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mit dpa
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