Es war eine Zitterpartie für Kanzler Friedrich Merz (CDU), doch nach wochenlangen Wortgefechten mit der Jungen Union hat der Bundestag heute das Rentenpaket beschlossen. Am 19. Dezember soll sich auch der Bundesrat mit dem neuen Gesetz beschäftigen. Auf Rentner kommen somit voraussichtlich schon 2026 zahlreiche Änderungen zu.
Lange hatte sich die Junge Union gegen die geplante Rentenreform gestellt. Grund dafür war die Regelung, das Rentenniveau auch nach 2031 stabil zu halten. Das sei mit Kosten in Milliardenhöhe verbunden und treffe auch jüngere Generationen, argumentierte die Jugendgruppe von CSU und CDU. Dennoch stimmten letztlich 318 Abgeordnete mit Ja. Union und SPD hatten somit die absolute Mehrheit der Stimmen.
Bundestag beschließt Rentenpaket: Das kommt jetzt auf Rentner zu
Im Rahmen des neuen Rentenpakets ist nun folgendes geplant:
- Rentenniveau: Das Rentenniveau soll bis 2031 auf 48 Prozent festgelegt sein. Ein Rentner, der 45 Jahre genau zum Durchschnittsgehalt gearbeitet hat, soll dadurch eine Rente in Höhe von 48 Prozent des dann gültigen Durchschnittsverdienstes erhalten. Auch nach 2031 soll das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen. Laut einer Beispielrechnung des Arbeitsministeriums kann das für Rentner zu einem Plus von 420 Euro im Jahr führen.
- Aktivrente: Im Rahmen der Aktivrente sollen sich Rentner schon ab dem 1. Januar 2026 bis zu 2.000 Euro steuerfrei zur Rente dazuverdienen können. Es handelt sich also um einen Steuerfreibetrag. Allerdings gibt es viel Kritik an dem Konzept, etwa weil es bestimmte Gruppen ausschließt.
- Frühstart-Rente: Die Frühstart-Rente soll ebenfalls am 1. Januar 2026 starten. Vom 6. bis zum 18. Lebensjahr sollen Kinder dadurch jeweils pro Monat zehn Euro auf ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot gezahlt bekommen.
- Mütterrente III: Mit der Mütterrente III soll die rentenrechtlichen Anerkennung von Kindererziehungszeiten für Mütter (und Väter), deren Kinder vor 1992 geboren wurden, verbessert werden. Aktuell wird noch nach dem Geburtsjahr des Kindes unterschieden, das soll sich jedoch ändern und die Mütterrente auf alle ausgeweitet werden. Sie soll ab 1. Januar 2027 eingeführt werden, aber "wegen hohen technischen Aufwands" erst 2028 rückwirkend ausgezahlt werden, so die Rentenversicherung Bund.
- Stärkung der betrieblichen Altersversorgung: Betriebsrenten sollen quantitativ und qualitativ weiter ausgebaut und gestärkt werden, vor allem bei kleineren Unternehmen und bei Beschäftigten mit geringen Einkommen.
- Reform der geförderten Altersvorsorge: Die bisherige Riester-Rente soll laut Koalitionsvertrag in ein neues Vorsorgeprodukt überführt werden – mit weniger Kosten.
- Rentenkommission: Grundsätzliche Schritte zu allen drei Säulen der Altersvorsorge – also gesetzliche Rentenversicherung, betriebliche und private Altersvorsorge – sollen in einer Rentenkommission aus Politik und Wissenschaft ausgehandelt und ab Sommer 2026 in Gesetzen umgesetzt werden.
- Keine Haltelinie für den Beitragssatz: Seit 2018 müssen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler – also die Arbeitgeber und Versicherten – unverändert 18,6 Prozent vom Einkommen zahlen. Nach einem ersten leichten Anstieg 2027 soll der Prozentsatz weiter ansteigen, die 20-Prozent-Marke 2030 erreichen und 2040 bei 21,4 Prozent liegen.
Stabiles Rentenniveau von 48 Prozent: Plus von 420 Euro für Rentner
48 Prozent Rentenniveau bis 2031 - das ist der unumstrittene Kern des Rentengesetzes. Beim Rentenniveau wird eine Standardrente ins Verhältnis zum Durchschnittseinkommen gesetzt. Sinkt es, steigen die Renten bei der jährlich im Sommer stattfindenden Rentenanpassung nicht so stark wie die Einkommen. Es wird bereits seit 2019 per Gesetz stabil gehalten.
Doch diese Haltelinie läuft Ende des Jahres aus. Deshalb soll sie nun verlängert werden. Rentnerinnen und Rentner sollen also weiterhin Erhöhungen gemäß der Lohnentwicklung erhalten. Ohne eine Haltelinie würde das Rentenniveau absinken, weil immer mehr Babyboomer von Einzahlern zu Rentnern werden - bis 2031 voraussichtlich um rund einen Prozentpunkt auf 47 Prozent.
Das Arbeitsministerium rechnet vor: Durch die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent fällt zum 1. Juli 2031 eine Rente von beispielsweise 1.500 Euro um etwa 35 Euro pro Monat höher aus. Das ist ein Plus von 420 Euro im Jahr. Rentenniveau und -höhe sind vor allem für jene rund 52 Prozent der Senioren und Seniorinnen zentral, die im Alter nur Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben. Im Osten liegt die Zahl sogar bei rund 74 Prozent.
Stabilisierung des Rentenniveaus könnte bis zu 15 Milliarden pro Jahr kosten
Die Junge Gruppe der Unionsfraktion hatte mit Ablehnung des Gesetzes gedroht, weil das Rentenniveau auch nach 2031 um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll. Die Renten sollen also auch danach nicht so rapide absinken, wie es alleine die Demografie mit den immer mehr Älteren nahelegen würde. Demnach könnte die Niveaumarke 2035 noch 46,7 und fünf Jahre später 46 Prozent betragen.
Die Junge Gruppe rechnet mit bis zu 15 Milliarden Euro jährlich, die dann die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler via Bundesmittel für die Rente dadurch mehr aufbringen müssten. Junge-Union-Chef Johannes Winkel hatte die Folgekosten auf aufsummiert 120 Milliarden Euro taxiert.
Wegen des Anstiegs bei den Erwerbstätigen und den Einkommen in Deutschland sind die Rentenbeiträge seit 2018 stabil geblieben. Zu zahlen sind 18,6 Prozent des Bruttolohns, zur Hälfte durch die Arbeitgeber und zur Hälfte durch ihre Beschäftigten, und zwar bis zu einer Obergrenze, der Beitragsbemessungsgrenze.
Neue Riester-Rente: Was sich konkret ändern soll
Rentenpräsidentin Gundula Roßbach wies schon vor einiger Zeit darauf hin: "Ende der 1990er Jahre war der Beitragssatz schon höher als der jetzt für 2030 prognostizierte." Damals betrug er 20,3 Prozent. Nun soll der Beitragssatz erstmals 2027 steigen, die 20-Prozent-Marke 2030 erreichen und 2040 bei 21,4 Prozent liegen.
Unter dem Eindruck immer größerer demografischer Herausforderungen für die Rentenkasse sollen die Betriebsrenten weitere Verbreitung finden - vor allem bei kleineren Unternehmen und für Beschäftigte mit geringem Einkommen. Rund 18 Millionen Beschäftigte haben eine Betriebsrentenanwartschaft – 52 Prozent der Beschäftigten.
Zum dritten gibt es neben gesetzlich und betrieblich noch privat: Massiv gestärkt werden sollen die heutigen Riester-Renten - mit einem komplett neuen, besseren Modell, einem "neuen Vorsorgeprodukt", wie es bereits im Koalitionsvertrag heißt. Mehr Geringverdienende als heute sollen sich so absichern können - mit einfacherer staatlicher Förderung. Dieses Vorhaben soll aber erst im kommenden Jahr angepackt werden.
Mütterrente, Aktivrente und Frühstartrente: Das sind die Pläne
Auch die von der CSU vorangetriebene Ausweitung der Mütterrente soll kommen. Die Zeit der Kindererziehung, die für die Rente anrechnungsfähig ist, soll für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate auf drei Jahre verlängert werden. "Deshalb soll diese Gerechtigkeitslücke ab 1. Januar 2027 geschlossen und die Erziehungsleistung von Müttern oder Vätern in den ersten drei Lebensjahren jedes Kindes, unabhängig vom Geburtsjahr, gleichermaßen gewürdigt", erläutert das Arbeitsministerium.
Ab 1. Januar soll zudem Weiterarbeiten über das reguläre Rentenalter hinaus attraktiver werden. Wer nach Erreichen des Rentenalters weiterarbeitet, soll ab kommendem Jahr bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei verdienen können. Mit der Änderung im Einkommensteuergesetz sollen Rentnerinnen und Rentner mit bis zu 890 Millionen Euro jährlich entlastet werden. Die Aktivrente war eine CDU-Idee.
Außerdem ist die Frühstartrente angekündigt. Jedes Kind, das eine Bildungseinrichtung besucht, soll vom 6. bis zum 18. Lebensjahr monatlich zehn Euro bekommen. Ein Gesetzgebungsverfahren steht noch. Ab 18 soll das Geld bis zur Rente privat weiter günstig bespart werden können.
Rentenkommission soll Vorschläge vorlegen
Voraussichtlich in knapp zwei Wochen soll dann noch eine Rentenkommission eingesetzt werden. Die Wissenschaft soll ebenso vertreten sein wie Politikerinnen und Politiker - auch explizit die junge Generation, haben die Koalitionsspitzen versprochen. Bis Mitte 2026 sollen Vorschläge vorliegen - die dann rasch in ein Gesetzgebungsverfahren münden sollen.
In der Rentenkommission sollen auch einige Punkte besprochen werden, die für Union oder SPD Stand heute jeweils Tabus sind: eine weitere Verlängerung der Lebensarbeitszeit über 67 hinaus für gesetzlich Versicherte und die Einbeziehung weiterer Gruppen in die gesetzliche Rente, worunter Beamtinnen und Beamte zählen könnten.
Zudem soll die Kommissionsarbeit auf kosten- und rentendämpfende Maßnahmen abzielen, auf einen Faktor, der ein ungünstigeres Verhältnis von Einzahlenden und Rentnern wieder berücksichtigt und auf einen, der Kosten durch die Niveausicherung ausgleicht. Während die Junge Gruppe schon meinte, sie habe wenig Vertrauen in den Reformwillen der SPD, versprechen die Sozialdemokraten, die Sache reformorientiert anzugehen.
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