Wer an einer Kreuzung Vorfahrt hat, sollte eigentlich möglichst einfach geregelt sein: Entweder mithilfe entsprechender Vorfahrt- und Vorfahrt-Achten-Schilder, einer Ampel oder es greift Recht-vor-Links. Doch die sogenannte halbe Vorfahrt macht das Abbiegen ein ganzes Stück komplizierter: Denn die Vorschrift gilt nur an bestimmten Stellen im Straßenverkehr und entscheidet auch, wer bei einem Unfall für den entstandenen Schaden haften muss.
Kommt man an einer Kreuzung oder Einmündung an, an der Rechts-vor-Links gilt, hat man zwar nach rechts Vorfahrt, muss allerdings nach links warten. So weit, so bekannt. Die halbe Vorfahrt besagt aber folgendes: Auch wenn ein Verkehrsteilnehmer bevorrechtigt ist, muss er trotzdem mit mäßiger Geschwindigkeit an die Kreuzung heranfahren, wenn die Verkehrslage nicht gut einsehbar ist.
Halbe Vorfahrt: In diesen Fällen gilt die Verkehrsregel
So soll sichergestellt werden, dass der Fahrer im Notfall doch noch rechtzeitig anhalten kann, sollte er selbst von rechts Gegenverkehr bekommen. Das soll wiederum auch die von links kommendem Verkehrsteilnehmer schützen, die in dieser Situation sowieso wartepflichtig sind. Die Vorschrift geht auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 1977 zurück.
Doch damit noch nicht genug: Zu der Sonderregelung gibt es nämlich nochmals eine Einschränkung. Wer an der Kreuzung vorfahrtsberechtigt ist, muss seine Geschwindigkeit nicht verringern, wenn er die aus seiner Perspektive rechts liegende Straße und den von dort kommenden Verkehr gut genug einsehen kann. Das erklärt die Gesellschaft für Unfall- und Schadenforschung (GFU) auf ihrer Homepage zum Thema Verkehrsrecht. Hier kann der Vorfahrtsberechtigte also auf sein Recht vertrauen, an schlecht einsehbaren Stellen jedoch nicht.
Besonders knifflig wird es zudem in Einbahnstraßen: Hier müssen Verkehrsteilnehmer besonders auf Radfahrer Acht geben, die auch entgegen der Fahrtrichtung unterwegs sein könnten.
Unfall an der Kreuzung: Wer haftet bei halber Vorfahrt?
Kommt es jedoch zu einem Unfall an einer Stelle, an der die halbe Vorfahrt gilt, wird die Haftung aufgeteilt: In der Regel muss der Wartepflichtige zwar wie üblich den Großteil übernehmen, der Vorfahrtsberechtigte haftet aber zu 25 Prozent mit.
Zusammengefasst bedeutet das: Die halbe Vorfahrt gilt nur an Kreuzungen, die für den Vorfahrtsberechtigten nach rechts schlecht einsehbar sind. Hat der Verkehrsteilnehmer jedoch eine gute Übersicht, muss er seine Geschwindigkeit nicht verringern.
Auch interessant: Ein neues Verkehrsschild auf Deutschlands Straßen - Was es bedeutet und welche Strafen drohen