Von der "Shrinkflation" haben einige Kunden wahrscheinlich schon gehört: Die Preise im Supermarkt werden höher - die Packungen dafür aber kleiner. So kürte beispielsweise die Verbraucherzentrale Hamburg die Margarine Rama zur "Mogelpackung des Jahres 2022". Das Produkt schrumpfte von 500 auf 400 Gramm zum Preis von 2,19 Euro. So wurde sie um 25 Prozent teurer. Doch jetzt kommt ein noch schlimmeres Phänomen in den deutschen Supermärkten an: die sogenannte "Skimpflation".
Bei diesem Phänomen ist die Qualität der Produkte betroffen: Die Lieblingsschokolade enthält beispielsweise plötzlich weniger Marzipan und im Eis ist nun Kokosfett statt Schlagsahne. Doch trotz verschlechterter Rezeptur kosten die Produkte im Supermarkt genauso viel oder sogar mehr als vorher. Das Fiese daran: Für die Kundschaft ist der Trick beim Einkauf nur schwer auszumachen. Denn dafür müsste man das Kleingedruckte der Zutatenliste einer alten Verpackung mit dem einer neuen vergleichen.
"Skimpflation" droht auch beim Einkauf in Deutschland: Das steckt dahinter
Die Inflation ist zwar nicht mehr auf einem Rekordhoch, dennoch hält diese neue Entwicklung auch Einzug in die deutschen Supermärkte und könnte viele verärgern. Doch woher kommt der Begriff "Skimpflation" überhaupt? Das englische Wort "skimp" heißt "knausern", "einsparen" und bedeutet: Hersteller erhöhen nicht nur die Preise, sondern senken auch die Qualität von Produkten. Der Begriff wurde erstmalig in den USA 2021 verwendet. Nun greift das Phänomen auch in Großbritannien und Deutschland um sich, wie eine Service-Expertin gegenüber tagesschau.de berichtet.
Ein weiteres Beispiel: Nach Beginn des Ukraine-Krieges war Sonnenblumenöl knapp, daher haben Pommes-Hersteller stattdessen Palmöl für die Zubereitung verwendet. Doch was ursprünglich nur als Notlösung gedacht war, hat sich mittlerweile fest etabliert - und das, obwohl Sonnenblumenöl wieder erhältlich ist. Einige Hersteller weisen diese Änderung auch gar nicht oder nur versteckt auf ihrem Produkt aus. Die Nährwerte passen dann nicht mehr zu den ursprünglichen Angaben. Palmfett ist durch den höheren Anteil an gesättigten Fettsäuren außerdem viel ungesünder als Sonnenblumenöl. Auch der Ersatz hochwertiger Zutaten durch Zucker sei gesundheitlich problematisch, warnt die Verbraucherorganisation Foodwatch.
Laut der Service-Expertin sei diese "Skimpflation" leider kein Einzelfall. Die Verbraucherzentrale Hamburg teilt ihre Erfahrungen. Sie berichtet etwa von verschlechterter Qualität zum höheren Preis bei Schokolade, die bei Aldi Nord verkauft wird. "Bei den Sorten Chocolat Amandes Edel Marzipan Vollmilch sowie Chocolat Amandes Edel Marzipan Zartbitter werden jetzt nur noch 38 Prozent Edelmarzipan pro Schokoladentafel verarbeitet, vorher waren es 45 Prozent", berichten die Verbraucherschützer. Auch bei der Sorte Chocolat Amandes Marzipan sei der Anteil an Pistazienmarzipan und Nougat gesunken. Trotzdem seien die Preise gestiegen: So kosteten die Sorten statt 1,49 € nun 1,69 Euro.
Hersteller tricksen beim Preis von Schokolade, Spinat und Margarine
Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg nennt ein weiteres Beispiel: "Wenn bei einem Rahmspinat statt 88 Prozent Spinat nur noch 67 Prozent in der Packung sind und stattdessen mit Wasser aufgefüllt wird, ist das auf jeden Fall eine riesige Kostenersparnis, weil Spinat mit Abstand die teuerste Zutat ist."
Buchtipp: So lässt sich clever Geld sparen - bis zu 10.000 Euro im JahrUnd auch Margarine ist betroffen: Eine bekannte Marke enthalte nun statt der für Margarine vorgeschriebenen 80 Prozent Fett nur noch 60 Prozent - und stattdessen mehr Wasser. "Bei den tausenden Tonnen Jahresproduktion macht das viel aus", sagt Valet. "Orientiert an den Weltmarktpreisen von Pflanzenöl kann das durchaus in die Hunderttausende gehen, vielleicht auch noch mehr. Das ist aber nur eine ganz grobe Schätzung."
Bei marginalen Rezepturänderungen dürfte die Ersparnis entsprechend geringer ausfallen. Über die sogenannte Shrinkflation - also Produktpackungen mit weniger Inhalt, die zum gleichen Preis angeboten werden - könnten die Hersteller noch mehr einsparen zum Nachteil für Verbraucher.
"Skimpflation" ist für Kunden nur schwer zu durchschauen
Besonders gemein ist, dass die "Skimpflation" schwer für Verbraucher zu erkennen ist. "Verbraucher können die heimlichen Zutaten-Änderungen kaum durchschauen", meint die Service-Expertin. In den sozialen Medien könnten sie sich immerhin informieren, Produkte vergleichen und dann eine andere Wahl treffen. Die Expertin meint, dass viele Verbraucher nicht mehr bereit seien, überhöhte Preise zu zahlen, beziehungsweise, dass sie es gar nicht mehr können. Dadurch nehme auch die Markenloyalität ab.
Noch ein Buchtipp: Nebenberuflich reich werden? So funktioniert intelligentes Geldverdienen durch passives EinkommenDie Expertin sieht aber eine Chance in der Nutzung von sozialen Medien. Hier könnten Nutzer*innen Marken bewerten und sich beschweren. "Durch die sozialen Medien haben Kunden heute mehr Macht, die es zu nutzen gilt", meint sie.
Auch Lebensmittelkontrolleure sehen nur begrenzte Möglichkeiten. "Wir können nur tätig werden, wenn Verstöße durch Irreführung und Täuschung offensichtlich vermutet werden", sagt Maik Maschke, Vorsitzender des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure Deutschlands. Häufig erhalte man nur durch Dritte Informationen, dass "Verbraucher sich im Lebensmitteleinzelhandel am Regal aufregen über die geschrumpfte Größe der Verpackung, den gestiegenen Preis und sinkende Qualität der Produkte." Gelangten solche Beschwerden der amtlichen Lebensmittelüberwachung zur Kenntnis, werde auch diesen nachgegangen. Dann würden auch Proben des Lebensmittels entnommen.
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