In den vergangenen Monaten häufen sich in den sozialen Medien Berichte von Kunden, die sich darüber wundern, warum Kaffee zunehmend hinter Plexiglas und in abschließbaren Regalen verschwindet. Diese Maßnahme, die bisher vor allem bei Spirituosen, Tabak und besonders teuren Artikeln wie elektrischen Geräten bekannt war, sorgt für Verwirrung.
Tatsächlich ist der Preis für Kaffee in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Selbst der günstigste Discounter-Kaffee bei Aldi hatte zuletzt eine wichtige Preismarke überschritten. Und laut Experten ist ein Ende des Preisanstiegs nicht in Sicht. Müssen sich Kunden in Zukunft also darauf einstellen, Kaffee überall nur noch aus gesicherten Schränken zu erhalten?
Wird Kaffee häufiger weggesperrt? Lidl und Rewe geben Antwort
Ganz so einfach ist es wohl nicht: Denn wie sowohl Lidl als auch Rewe auf Anfrage von inFranken.de mitteilen, obliegt die Entscheidung, ob und welche Produkte weggesperrt und so vor Diebstahl geschützt werden, den einzelnen Filialen vor Ort. "Um Diebstahl vorzubeugen, sichern wir in unseren Filialen individuell vereinzelte Artikel. Dazu gehören neben Alkohol, Kosmetik und Kaffee unter anderem auch Fisch sowie Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch", teilt beispielsweise Lidl mit. Diese namhaften Hersteller stecken übrigens hinter den Kaffee-Eigenmarken der Discounter und Supermärkte.
Dies sei eine gängige, deutschlandweite Praxis im Einzelhandel. Auch Rewe bestätigt: "Ob und in welchem Maß Lebensmittel zur Diebstahl-Prävention gesichert werden, ist eine betriebliche Entscheidung des Marktes und wird individuell entschieden." Beide Unternehmen können deshalb keine allgemeingültigen Aussagen dazu treffen, ob Kaffee heute häufiger weggesperrt wird, als früher. Beziehungsweise wollen sie dies auch nicht: "Wir [möchten] darüber hinaus keine weiteren Angaben zu internen Entscheidungsprozessen machen", teilt Lidl mit. Mitte Mai hatten Unbekannte in zwei Lidl-Filialen in Unterfranken Kaffeebohnen im Wert von fast 1000 Euro geklaut.
Denn ob und wenn ja, welche Produkte tatsächlich vor Ort gesichert werden, ist Ergebnis auch der Erfahrungen vor Ort. So werden besonders jene Produkte gesichert, die regelmäßig gestohlen werden. Die HNA zitiert beispielsweise einen ehemaligen Supermarkt-Mitarbeiter: "Kaffee war schon immer ein beliebtes Diebesgut, bereits in den 80er-Jahren." Und auch in den sozialen Medien ist abgesperrter Kaffee kein neues Phänomen - so wurde das Thema beispielsweise bereits vor vier Jahren bei reddit diskutiert.
Berliner Edeka-Chefin: "müssen uns schützen"
Wie die BZ Ende Juli berichtet, wird in der Hauptstadt tatsächlich immer mehr Kaffee gestohlen, weshalb einzelne Filialen mittlerweile handeln. "Wir machen das nicht, um unsere geschätzten Kunden zu ärgern. Doch der Kaffee-Diebstahl hat mittlerweile so zugenommen, dass wir uns schützen müssen", so Kristin Köbernik, Inhaberin eines Edeka-Markts, gegenüber dem Boulevard-Blatt.
Laut der Zeitung müssen sich Kunden eines Supermarkts im Stadtteil Steglitz beim Verkaufspersonal melden, um überhaupt Kaffee zu erhalten. Ein Rewe-Laden im Wedding hat sogar den Instant-Kaffee hinter Glas eingesperrt, wie ein Foto eines Reporters dokumentiert. "Bitte wenden Sie sich an das Marktpersonal, wenn Sie Ware aus der Vitrine wünschen", heißt es auf einem Schild. Eine Discounter-Filiale legt laut BZ nur noch zwei Packungen ins Regal.
Hintergrund für die massiven Preissteigerungen sind laut Experten Ernteausfälle und Extremwetterereignisse. Allerdings werde Kaffee mittlerweile als beliebter Rohstoff gerne zum Spekulieren an der Börse genutzt, erklärte der Chefeinkäufer des Online-Supermarktes Knuspr, Stephan Lüger, im Juni. Ein Ende der Spirale ist derzeit nicht in Sicht.