Der Frühling beginnt: Für viele Waldtiere ist das der Startschuss zur Brutzeit. So auch bei Rehen - wie die Kitzrettung Oberfranken mitteilt, werden die meisten Rehkitze in der Zeit von Mai bis Juni geboren. Danach setzen die Geißen ihren Nachwuchs ins hohe Gras. Von da an bleiben sie erst einmal mutterseelenallein, lediglich zum Säugen kommt die Mutter vorbei.
Uns Menschen erscheint dieses Verhalten grausam, doch es hat einen praktischen Grund: Die Rehe wollen keine Feinde zu ihrem Nachwuchs locken und statten ihm deswegen nur einen Besuch ab, wenn es absolut notwendig ist. Nach jeder Fütterung wird das Kleine von der Geiß zu einem neuen Versteck geführt.
Warum sollte man ein Rehkitz nicht anfassen?
Besonders in den ersten beiden Lebenswochen ist der sogenannte Drück-Instinkt bei der kleinen Hirschart stark ausgeprägt: Bei Gefahr drückt sich das Kitz fest an den Boden, um vor Raubtieren verborgen zu bleiben. Wenn das Kitz einen Menschen bemerkt, bleibt es deswegen auf dem Boden liegen und bewegt sich kaum - den später dominanten Flucht-Reflex hat es häufig noch nicht entwickelt.
Auch wenn die kleinen Kitze noch so hilfsbedürftig aussehen: Reh-Babys dürfen niemals angefasst werden. Bei Körperkontakt wird der menschliche Geruch auf das fast geruchslose Tier übertragen. Sucht die Geiß nun ihr Kitz, erkennt sie es nicht mehr - es hat den Geruch des Menschen angenommen. In den schlimmsten Fällen verstößt das Weibchen ihr Junges sogar. Dieses wartet dann vergebens auf seine Mutter - und verhungert schließlich.
Neben dem Menschen können ebenfalls Hunde eine Menge Stress bei den Kitzen und ihren Müttern auslösen. Auch wenn nicht bei allen Hunden der Jagdtrieb ausschlägt und sie das Reh angreifen oder sogar töten würden - durch kurzes Beschnüffeln findet bereits eine Geruchsübertragung statt.
Auch deshalb herrscht vielerorts Leinenzwang: "Während dieser sogenannten Brut- und Setzzeit muss der Hund vor allem bei Spaziergängen im Wald und in freier Natur angeleint sein", erläutert Udo Kopernik vom Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH). In den meisten Bundesländern gilt das für die Zeit vom 1. April bis zum 15. Juli, bei manchen liegt der Anfangstermin bereits im März - wenn die Rehe hochträchtig sind. Denn in dem Zustand können sie kaum noch vor den Hunden flüchten.
Weiterhin raten Naturschützer, auf vorgegebenen Wegen zu bleiben, um nicht aus Versehen über ein Kitz zu stolpern. Sollte der Hund oder man selbst ein Rehkitz ungewollt berührt haben, muss der Jagdpächter oder Förster informiert werden. Es kann vorkommen, dass das Tier dann durch Menschenhand aufgezogen werden muss.
In deutschen Wäldern tauchen immer wieder Wölfe auf: Was mache ich, wenn ich einem begegne?