• Viele Menschen nutzen Messengerdienste, machen sich aber auch Gedanken über den Datenschutz
  • Wissenschaftler entdeckten eine Datenschutzlücke
  • Anhand der Dauer der Empfangsbestätigung kannst den Standort feststellen
  • Das funktioniert nur unter bestimmten Voraussetzungen
  • Forscher sehen ein Stalking-Risiko

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) nutzen 62 Prozent - Stand 2021 - der Deutschen zwischen 16 und 74 Jahren Messengerdienste. Damit liegt Deutschland im EU-weiten Vergleich im oberen Mittelfeld. An der Spitze liegen die Niederlande mit 92 Prozent. Obwohl Dienste, wie WhatsApp, beliebt sind, haben viele Verbraucher auch Bedenken, was den Datenschutz betrifft. Zu Recht? Gerade WhatsApp steht aufgrund mangelndem Schutz der persönlichen Daten immer wieder in der Kritik. Wissenschaftler der TU Dortmund sind jetzt auf ein weiteres Problem gestoßen: User von WhatsApp, Threema und Signal können teilweise den Standort ihrer Kontakte herausfinden.

WhatsApp-Messenger: Kleines Häkchen verrät Standort

Wenn du im Messenger eine Nachricht verschickst, siehst du neben dieser ein Häkchen. Dieses zeigt an, dass die Nachricht versendet wurde. Sobald sie beim Empfänger angekommen ist, erscheint ein zweiter kleiner Haken. Diese Funktion ermöglicht laut den Wissenschaftlern unter bestimmten Voraussetzungen, den Standort des Zielhandys zu ermitteln.

Das internationale Forschungsteam um Studienleiter Dr. Theodor Schnitzler fand im ersten Schritt heraus, dass das Erscheinen des zweiten Häkchens zwischen Standorten in verschiedenen Ländern unterschiedlich lange dauert. Die Wissenschaftler stellten für jedes Empfängerland eine charakteristische Dauer fest. Die Zeiten konnten sie mit einer Genauigkeit von 74 Prozent bei WhatsApp und Signal und mit 84 Prozent bei Threema den Standorten zuordnen.

Was über längere Distanzen funktioniert, muss über kurze Entfernungen auch klappen. Deshalb testeten die Forscher im zweiten Schritt die Erkenntnisse zwischen mehreren Städten im Ruhrgebiet. Auch dabei stellten sie unterschiedliche Zeiten fest, sogar mit einer Genauigkeit von 90 Prozent. Des Weiteren sagen die unterschiedlichen Zeiten etwas darüber aus, ob sich das Smartphone in einem WLAN-Netzwerk befindet oder mobil sendet.

Standort orten: Welche Bedingungen müssen erfüllt sein?

Die Methode funktioniert jedoch nur unter bestimmten Bedingungen:

  • Die Telefonnummer muss in den Kontakten des Senders gespeichert sein: Nur dann kann die Zeitdifferenz korrekt zugeordnet werden.
  • Der Empfänger muss die Telefonnummer des Senders ebenfalls gespeichert haben: Andernfalls funktioniert die Standortermittlung nicht.
  • Der Absender muss die regelmäßigen Aufenthaltsorte des Empfängers kennen: Dazu gehören zum Beispiel Wohnort, Arbeitsplatz oder andere häufig besuchte Orte.

Mit diesen Informationen und einer entsprechenden Software, die die Zeitdifferenzen zwischen verschiedenen Orten misst, kann der Standort eines WhatsApp-Nutzers über die Empfangsbestätigung ermittelt werden.

Unbekannte Standorte einer beliebigen Nummer lassen sich mit der Methode also nicht orten. Wenn du aber die üblichen Aufenthaltsorte deines Kontaktes kennst, kann das funktionieren: Wenn du zum Beispiel weißt, wo der oder die Besitzer des Smartphones wohnt, arbeitet oder in welches Fitnessstudio geht, könntest du mit einer Software die Zeitspannen der einzelnen Orte messen und letztendlich den Nachrichten zuordnen. Welche Software dazu geeignet ist, haben die Wissenschaftler nicht verraten. Sie sehen ein Sicherheitsrisiko, zum Beispiel für Stalking.

Wie können WhatsApp-Nutzer ihre Privatsphäre schützen?

Wenn du deine Privatsphäre schützen möchtest, gibt es einige Maßnahmen, die du ergreifen kannst, um dich vor dieser Art der Standortverfolgung zu schützen:

  1. Kontakte überprüfen: Überprüfe, wer deine Nummer gespeichert hat und achte darauf, dass du nur vertrauenswürdigen Personen Zugriff gewährst. Die Funktion, die den Standort über
    die Empfangsbestätigung verrät, funktioniert nur, wenn du die Nummer des Empfängers gespeichert hast.
  2. Empfangsbestätigungen deaktivieren: In den WhatsApp-Einstellungen kannst du die Lesebestätigung deaktivieren. Dies kann dazu beitragen, das Risiko zu minimieren, dass jemand deine Aufenthaltsorte durch die Empfangszeiten ermitteln kann.
  3. Software und Updates: Achte darauf, WhatsApp regelmäßig zu aktualisieren, um
    sicherzustellen, dass alle Sicherheitslücken geschlossen werden.
  4. Alternative Kommunikationsmittel nutzen: Wenn dir der Datenschutz besonders wichtig ist, könntest du Messenger wie Signal oder Threema in Betracht ziehen, die stärkeren Datenschutz bieten und keine solchen Lücken aufweisen.

Sicherheitslücke - zufällig entdeckt

Dass die Zeiten der Empfangsbestätigungen abhängig vom Aufenthalt des Empfängers sind, haben die Forscher zufällig entdeckt. Bei einem Aufenthalt in Abu Dhabi haben sie bemerkt, dass es länger als sonst dauert, bis eine Nachricht nach Deutschland als empfangen markiert wurde. Die Forschungsergebnisse sollen im kommenden Frühjahr bei einem Symposium in den USA vorgestellt werden.

Sicherheitsrisiken: Stalking und Datenschutzbedenken

Diese Entdeckung hat schwerwiegende Datenschutzimplikationen. Besonders Stalking und unerlaubte Standortverfolgung werden als ernsthafte Risiken angesehen. Während die Methode nicht auf unbekannte Nummern oder Personen anwendbar ist, stellt sie für Menschen, die regelmäßig miteinander kommunizieren, eine potenzielle Gefahr dar.

Beispielsweise kann ein Ex-Partner durch das Wissen über die Aufenthaltsorte eines anderen und das Messen der Empfangszeiten den Standort genau bestimmen. Diese Art von Missbrauch kann zu ernsthaften Problemen führen, insbesondere wenn die betroffene Person keine Ahnung von dieser Sicherheitslücke hat. Die Forscher warnen daher ausdrücklich vor den möglichen Folgen und empfehlen eine stärkere Kontrolle über den Datenschutz in Messengerdiensten wie WhatsApp.

Fazit: Datenschutzlücke bei WhatsApp

Die Entdeckung, dass WhatsApp-Nutzer unter bestimmten Umständen durch die Dauer der Empfangsbestätigung geortet werden können, zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, auf die eigenen Datenschutzrechte zu achten. Auch wenn diese Methode nur in sehr spezifischen Fällen funktioniert, stellt sie ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar, besonders in Bezug auf Stalking und unbefugte Standortverfolgung.

Nutzer sollten sich der Risiken bewusst sein und entsprechende Vorkehrungen treffen, um ihre Privatsphäre zu schützen. Die Deaktivierung von Lesebestätigungen und die regelmäßige Aktualisierung der App sind einfache Schritte, die dir helfen können, deine Daten zu sichern. Wenn dir der Datenschutz besonders wichtig ist, könnte auch der Wechsel zu einer sichereren Messaging- Plattform wie Signal oder Threema eine sinnvolle Option sein.