Am Mittwoch, 21. Mai 2025 haben die Wirtschaftsweisen ihr Frühjahrsgutachten vorgestellt. Darin geht es unter anderem auch um die Rente. Ganz speziell um die Mütterrente. Die Meinung zu den Plänen der Bundesregierung sind eindeutig: Sie droht zur Steuerfalle für den Staat zu werden. Bitter für Markus Söder und seine CSU.
Gerade die Mütterrente ist das Lieblingsprojekt des bayerischen Ministerpräsidenten. Im Koalitionsvertrag hat er durchgesetzt, dass die Zahlungen in Zukunft an alle Mütter gehen sollen – "unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder". Jetzt warnt Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier ganz ausdrücklich davor.
Wirtschaftsweise warnen vor Querfinanzierungen – Mütterrente als negatives Beispiel
Die Ökonomin, Politikberaterin und Professorin für Finanzmarktökonomik hatte bei der Präsentation des Gutachtens mit ernstem Ton auf das "erhebliche Risiko" hingewiesen, dass die Finanzmittel aus dem schuldenbasierten Finanzpaket "nicht investiv" eingesetzt werden könnten und die Wirkung "schnell verpufft".
Bisherige Vorkehrungen würden demnach nicht ausreichen, um zu verhindern, "dass bereits geplante Investitionen aus dem Kernhaushalt einfach verschoben werden und die freigewordenen Mittel konsumptiv eingesetzt werden." Dabei nannte Malmendier explizit die Mütterrente als eines der Probleme.
Malmendier: "Wir schätzen den aktuellen Spielraum für solche Querfinanzierungen auf 50 Milliarden Euro pro Jahr ein. Das entspricht 1,2 Prozent des gesamten deutschen Bruttoinlandproduktes." Es müssten zusätzliche Investitionen sichergestellt werden.
Auf Nachfrage von inFranken.de bei der CSU ordnet CSU-Generalsekretär Martin Huber diese Aussagen zu den Plänen im Koalitionsvertrag ein: "Die Mütterrente ist eine Frage der Gerechtigkeit: Sie bekämpft Altersarmut und unterstützt rund 10 Millionen Frauen in Deutschland. Das Sondervermögen für die Infrastruktur wird für Investitionen wie in Schulen, Straßen, Brücken und weitere Infrastruktur genutzt. Die beschlossenen Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger werden aus den laufenden Haushalten finanziert."
Wie wird die Mütterrente grundsätzlich finanziert?
Die Finanzierung der Mütterrente in Deutschland erfolgt durch eine Kombination aus Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und Steuermitteln.
Etwa 60 % der Kosten werden durch die Beiträge der Versicherten gedeckt, während die restlichen 40 % über den Bundeshaushalt aus Steuermitteln finanziert werden.
Mit der Mütterrente III, die Markus Söder und die CSU durchsetzen wollen, würde dies nach Einschätzung zahlreicher Experten die Kosten der Rentenversicherung für Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder von aktuell 20,3 auf dann rund 25 Milliarden Euro erhöhen.
Immer wieder kritisieren Experten die Mütterrente
Kritik an der Mütterrente und deren Finanzierung gibt es schon länger. Erst im März dieses Jahres hatte die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung (DRV), Gundula Roßbach erklärt, die Pläne der Regierung seien eine "sehr teure Umverteilung".
Ihrer Ansicht nach würde die Maßnahme lediglich zu steigenden Kosten für Beitragszahler führen, wenn das Geld nicht aus Steuermitteln gezogen würde.
Marcel Fratzscher, Ökonom, Politikberater und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin hat zur Finanzierung der Mütterrente am 25. April 2025 in einem Beitrag beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und bei ZEIT ONLINE erklärt: "Prinzipiell muss man festhalten, dass die Mütterrente keine Dauerlösung sein darf und perspektivisch abgeschafft werden sollte, weil sie ein Überbleibsel einer patriarchalen Gesellschaft ist. Voraussetzung dafür aber ist die Umsetzung notwendiger Reformen zur Gleichstellung von Frauen im Arbeitsmarkt und bei der Vorsorge."
Diese Rente sei aktuell noch "eine Notwendigkeit. Aus der Rentenkasse sollte sie aber nicht bezahlt werden."
Deutsche Rentenversicherung nennt enorme Kosten
Bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) sieht man die drohenden Kosten ganz konkret. Und so erklärt die DRV gegenüber unserer Redaktion: "Die Kosten für die Mütterrente I (Aufstockung der Kindererziehungszeit um 12 Monate) beliefen sich Ende 2023 auf jährlich 8,9 Milliarden Euro und für die Mütterrente II (Aufstockung der Kindererziehungszeit um weitere 6 Monate) auf jährlich 4,45 Milliarden Euro (ebenfalls Ende 2023)."
Dabei so wird es erklärt, gehört die Mütterrente I und II zu den sogenannten "nicht beitragsgedeckten Leistungen". Für diese Leistungen erhält die Rentenversicherung zur Finanzierung Bundeszuschüsse. Dabei handelt es sich um pauschalierte Zahlungen. DRV: "Das heißt, es gibt keine eins zu eins Erstattungen für nicht beitragsgedeckte Leistungen durch Bundeszuschüsse. Die Fortschreibung der Höhe der Bundeszuschüsse ist gesetzlich geregelt, sie erfolgt unabhängig von der Entwicklung einzelner Leistungen oder bestimmter Finanzierungskosten der Rentenversicherung."
Die Unterdeckung der nicht beitragsgedeckten Leistungen beläuft sich nach Abschätzungen der Deutschen Rentenversicherung mittlerweile auf fast 40 Milliarden Euro.
UND: Die DRV weist darauf hin, dass im Rahmen der Einführung der Mütterrente I und II jeweils keine Anhebung der Bundeszuschüsse erfolgte, die deren Kosten auch nur annähernd entsprochen hätte. Mit Blick auf die aktuellen Pläne der Regierung warnt man daher vor den immer weiter steigenden Kosten: "Sollte es nun zur Einführung einer Mütterrente III kommen (Aufstockung um weitere 6 Monate Kindererziehung für Geburten vor 1992), lägen die Kosten voraussichtlich bei knapp 5 Milliarden Euro im Jahr."
Die klare Forderung: "Da es sich hier, wie auch schon bei der Mütterrente I und II, mit der Anerkennung von Erziehungsleistungen um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, sollte die Finanzierung auch ordnungspolitisch korrekt aus Steuermitteln erfolgen – so wie es der Koalitionsvertrag im Übrigen auch vorsieht."
Familienverband teilt Sichtweise der Wirtschaftsweisen nicht
Auf Nachfrage von inFranken.de kann man beim Deutschen Familienverband (DFV) die Sichtweise der Wirtschaftsweisen nicht nachvollziehen. Dazu heißt es: "Die Gleichstellung der Mütterrente ist aus Sicht des Deutschen Familienverbandes überfällig gewesen. Grundsätzlich sind wir der Ansicht, dass die Mütterrente kaum die Anerkennung der Erziehungsarbeit widerspiegelt."
Und beim DFV geht man noch einen Schritt weiter und fordert "den Ausbau der Mütterrente zur Elternrente": "In ihrer Ausgestaltung muss die Elternrente sicherstellen, dass durch die Erziehung von drei Kindern über einen Zeitraum von mindestens 18 Jahren ein Rentenanspruch entsteht, der dem Rentenanspruch aus einer durchschnittlich entlohnten sozialversicherungspflichtigen Vollzeitstelle entspricht."
Eltern sollte demnach "für die gesamte Dauer der Unterhaltspflicht unabhängig vom Geburtsdatum des Kindes pro Kind und Jahr jeweils 1/3 Entgeltpunkt gutgeschrieben werden". Die eigenständige Elternrente würde dann "dem Mechanismus der rentenrechtlichen Kindererziehungszeiten folgen. Sie wäre rentenbegründend und würde steigernd zu Rentenansprüchen aus Erwerbstätigkeit wirken.
DFV: "Rechnerisch entspricht die Elternrente einer Ausweitung der rentenrechtlichen Kindererziehungszeiten von jetzt 2,5 bzw. 3 Jahren auf 6 Jahre pro Kind. Sie knüpft mit der Unterhaltspflicht aber an einen ökonomisch begründbaren Zeitraum an und macht deutlich, dass die Anerkennung von Erziehungszeiten kein Geschenk des Staates ist."
Zuspruch für Söder und CSU: Sozialverbände unterstützen Pläne zur Mütterrente
Auch von den Sozialverbänden bekommt Markus Söder und die CSU Zuspruch. So hat Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des SoVD gegenüber inFranken.de erklärt: "Wer Kinder erzieht, verdient Respekt. Auch in der Rente. Die Mütterrente III ist für uns ein überfälliger Schritt zu mehr Gerechtigkeit. Es geht nicht um beliebige Konsumausgaben, sondern um die Anerkennung von Lebensleistung."
Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, erhalten derzeit sechs Monate weniger Erziehungszeit angerechnet als jüngere Mütter. Das bedeutet rund 20 Euro weniger Rente im Monat. Diese Leistung muss, laut SoVD aus dem regulären Bundeshaushalt finanziert werden, nicht durch die Beitragszahlenden. Engelmeier: "Damit das möglich ist, brauchen wir eine gerechtere Steuerpolitik. Menschen mit sehr hohen Vermögen müssen endlich stärker zur Finanzierung unseres Gemeinwesens beitragen. Nur so sichern wir soziale Gerechtigkeit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt."
Und auch der Sozialverband VdK hat auf Anfrage unserer Redaktion mit einem Statement reagiert. Drin heißt es, dass man "die geplante Ausweitung der Mütterrente ausdrücklich begrüßt und sie als längst überfällige Anerkennung der jahrzehntelangen, unbezahlten Sorgearbeit vieler Müttergenerationen sieht".
Für den VdK ist bei der Finanzierung der Mütterrente klar, dass dies wie mit allen "gesamtgesellschaftlichen Aufgaben vollständig aus Steuermitteln" geschehen muss. Aktuell, so heißt es in der Erklärung weiter,sei "die gesetzliche Rentenversicherung jedoch mit rund 40 Milliarden Euro pro Jahr unterfinanziert".
VdK liefert Vorschlag für Finanzierung
Um einer Verdrängung notwendiger Zukunftsinvestitionen durch konsumtive Ausgaben entgegenzuwirken, hat der Sozialverband VdK gemeinsam mit der NGO Fiscal Future ein gerechtes Steuerkonzept vorgelegt.
Dazu erklärt der Sozialverband VdK: "Würden nicht nur Arbeitseinkommen, sondern auch große Vermögen zur Finanzierung des Sozialstaats herangezogen, könnten jährlich bis zu 100 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen erzielt werden".
Die dafür nötigen Maßnahmen seien demnach bereits vorhanden – "sie müssen nur umgesetzt werden: etwa die Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Streichung ungerechter Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer und eine konsequente Bekämpfung von Steuerhinterziehung".
Offene Anfrage: inFranken.de hat zum Thema Frühjahrsgutachten und Mütterrente noch bei der Deutschen Rentenversicherung angefragt. Sobald entsprechende Reaktionen erfolgen, werden diese dem Artikel hinzugefügt. (Stand 23. Mai 2025, 12. 30 Uhr)