Bereits im Juli 2024 hat die Bundesregierung in ihrer "Wachstumsinitiative" die Kernherausforderungen der nächsten Jahre benannt und Pläne skizziert, wie Deutschland als Wirtschaftsstandort gestärkt werden kann. Einer Frage kommt dabei große Bedeutung zu: Wie kann der Fachkräftemangel in Zukunft bekämpft werden und qualifizierte Arbeitnehmer länger im Beruf gehalten werden? Während das Ifo-Institut dem Bund drastische Maßnahmen empfiehlt, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine andere Antwort: die Rentenaufschubprämie.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten sich demnach "neben der Möglichkeit, monatliche Zuschläge auf die künftige Rente für das Aufschieben des Renteneintritts zu bekommen, auch für eine einmalige 'Rentenaufschubprämie' entscheiden können". Was im Juli noch relativ allgemein klang, wird nun immer klarer. Das Bundeskabinett hat das Vorhaben inzwischen auf den Weg gebracht, es muss nur noch im Bundestag beraten und beschlossen werden.
Rentenaufschubprämie: Einmal-Boost für die eigene Rente
Aus dem ersten Gesetzesentwurf, den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), laut übereinstimmenden Medienberichten Ende August zur Abstimmung vorgelegt hatte, werden die Pläne zur Rentenaufschubprämie klarer skizziert. Eine neue Regelung zur Rentenaufschubprämie soll ab 1. Januar 2027 in Kraft treten. Menschen, die den Beginn ihrer Rente hinauszögern und mindestens ein Jahr lang über das Niveau eines Minijobs hinaus weiterarbeiten, können sich ihre verpassten Rentenzahlungen auf einen Schlag auszahlen lassen.
Auf der Suche nach einem Job? jobs.inFranken.de!Diese Anspruchsberechtigten müssen einen Antrag einreichen, wobei jedoch unklar bleibt, welche Behörde dafür zuständig ist. Hubertus Heil möchte fünf Jahre nach Einführung der Reform überprüfen lassen, ob die Prämie den gewünschten Effekt erzielt.
Wie viel Geld bringt der Rentenaufschub einem durchschnittlichen Rentner?
Doch wie viel Geld bedeutet das für einen durchschnittlichen Rentner? Die Prämie soll abgabenfrei sein und sich aus der Höhe der entgangenen Rente und den Krankenversicherungsbeiträgen ergeben, die die Rentenkasse für die Zeit der Weiterbeschäftigung für die Betroffenen spart.
Nach Berechnung des Sozialverbands VdK könnte damit jemand, der bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze etwa einen Rentenanspruch von 1.600 Euro brutto erreicht hat und dann ein Jahr zum Durchschnittsverdienst weiterarbeitet, eine Auszahlung von rund 22.000 Euro bekommen. Das Bundesfinanzministerium stellte klar, dass die Prämie sozialabgabenfrei sein werde, ob auch steuerfrei, werde derzeit noch geprüft.
Die geplante Aufschubprämie soll die bisherigen Regelungen ergänzen, bei dem Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen für jeden Monat, den sie über ihr reguläres Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, 0,5 Prozent mehr Rente bekommen. Damit können sich Rentner bisher 6 Prozent (12 x 0,5%) zusätzliche Rente pro Jahr erarbeiten. Dies gilt dann für den gesamten Rentenbezugszeitraum wohingegen die Aufschubprämie einmalig gezahlt werden soll.
Gewerkschaften kritisieren Pläne: Am Bedarf vorbei
Kritik an den Plänen kommt von Seiten der Gewerkschaften. In einer Mitteilung des Deutschen Gewerkschaftsbundes bezog DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel am 27. August 2024 Stellung: "Wie viel es der Bundesregierung gegen den Fachkräftemangel hilft, mit einem milliardenschweren Griff in die Sozialversicherungen bei Beschäftigten und ihren Arbeitgebern die Weiterarbeit nach 66 zu subventionieren, bleibt abzuwarten. Was die Bundesregierung offenbar ausblendet, ist, dass viele Beschäftigte gar nicht länger arbeiten können, weil Arbeitsbedingungen zu anstrengend sind, und sie es einfach gesundheitlich nicht mehr schaffen."
Aus Sicht der Gewerkschaften würde die Regelung Menschen bevorteilen, die bereits hohe Rentenansprüche hätten und gerade dort wenig helfen, wo der Fachkräftemangel besonders eklatant ist. Denn in Bereichen wie der Pflege seien die körperlichen Anstrengungen so groß, dass eine Arbeit über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus gar nicht möglich sei.
Finde auf jobs.inFranken.de dein Karriereglück!Kritik äußerte der Gewerkschaftsbund auch an der Befristungs-Option für ältere Arbeitnehmer: Der DGB lehne "die Ausweitung des Arbeitsrechts zweiter Klasse ab, nach dem Beschäftigte ab der Regelaltersgrenze künftig auch sachgrundlos bis zu acht Jahre befristet eingestellt werden dürfen." Es sei "den Arbeitgebern durchaus zuzumuten, auch ältere Beschäftigte unbefristet einzustellen."
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