In Deutschland gibt es 2024 ganze 249 Milliardärinnen und Milliardäre. Das sind 23 mehr als noch im Jahr zuvor. Ein Rekord, wie aus einem Bericht des Manager Magazins hervorgeht. Ergebnisse einer Erhebung der Hans-Böckler-Stiftung legen dar, dass die reichsten zehn Prozent über 60 Prozent des Gesamtvermögens in Deutschland verfügen.
Dem gegenüber stellt Juso-Chef Philipp Türmer 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche, die hierzulande als armutsgefährdet eingestuft werden. Das bestätigen Informationen des Statistischen Bundesamtes.
Ungleiche Verteilung von Vermögen: "Größtes Gerechtigkeitsproblem"
Türmer schießt im Zuge dessen gegen extremen Reichtum in Deutschland - und die Ampel-Regierung. "Es gibt ein gewisses Ausmaß an Reichtum, das einer Gesellschaft schadet. Ich will keine Milliardäre mehr in Deutschland haben", so Türmer im Interview mit der Frankfurter Rundschau. Die ungleiche Verteilung von Vermögen sieht er als das größte Gerechtigkeitsproblem.
Auf der Suche nach einem Job? jobs.inFranken.de!Ein Dorn im Auge ist ihm die Regelung der Erbschaftssteuer: "Im Moment ist es so: je kleiner die Erbschaft, desto höher die Erbschaftssteuer. Die größten Unternehmenserben zahlen häufig überhaupt keine Steuern." Dass das nicht nur so dahergesagt ist, bestätigen Auswertungen des Statistischen Bundesamtes, die unter anderem der Süddeutschen Zeitung (SZ) vorliegen.
Großerben in Deutschland erhielten demnach im Jahr 2018 zusammen eine Summe von 31 Millionen Euro. Zu zahlende Steuern: gerade einmal fünf Prozent.
Bartsch: "Deutschland ist ein Steuerparadies für Multimillionäre"
In der Regel bemisst sich der Steuersatz bei der Erbschaft zum einen nach dem Verwandtschaftsgrad und zum anderen nach der Höhe des Erbes. Die Erbschaftssteuer liegt - je nachdem - zwischen 7,5 und 50 Prozent. Wer beispielsweise eine Immobilie in attraktiver Innenstadtlage erbt, wird sich wahrscheinlich überlegen, das Erbe anzunehmen. Schnell können hier immense Steuersummen für den "Otto-Normal-Erben" anfallen.
"Je höher das geerbte oder geschenkte Vermögen, desto geringer die Steuerbelastung. Deutschland ist ein Steuerparadies für Multimillionäre. Es ist extrem ungerecht, dass Kinder in Armut leben müssen, Rentner immer mehr zur Kasse gebeten werden, die Mitte keine spürbare Entlastung erfährt und superreiche Erben und Beschenkte auf astronomische Summen kaum Steuern zahlen", erläutert Dietmar Bartsch (Die Linke) bei derselben Thematik gegenüber der SZ.
Juso-Chef Türmer sieht die SPD hier in der Verantwortung. Der nächste Kanzlerkandidat der Partei solle einen Gerechtigkeitswahlkampf führen. "Damit kann die SPD gewinnen", so Türmer. Allerdings kritisiert er derzeit die Ampel scharf. Er sei "insgesamt enttäuscht", erklärt er gegenüber der Frankfurter Rundschau. Die Ampel habe zu wenig getan.
Türmer übt Kritik an der Ampel: Zu wenig für die Gesellschaft getan?
Er bemängel bezahlbaren Wohnraum, besonders für junge Menschen, die steigende Inflation, den in seinen Augen zu geringen Mindestlohn und Kinderarmut. Auch das Thema Rente treibt Politik und Gesellschaft um - so müssen über zwei Millionen Rentner in Deutschland, trotz 45 Jahren des Arbeitens, mit weniger als 1000 Euro Rente im Monat zurechtkommen.
Bist du auf der Suche nach einem Job? jobs.inFranken.de!Wie der WDR in einem Bericht erläutert, entgehen den Ländern jährlich 4,5 Milliarden Euro aufgrund der "fehlenden" Erbschaftssteuer von Unternehmenserben. "Seit 2009 sind über 77 Milliarden Euro an Erbschaftssteuer nicht gezahlt worden. Unser Land sähe heute anders aus, wenn die Milliardärs-Familien in ihrem Land ihren fairen Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens geleistet hätten", erklärt hier Gerhard Schick des Bürgerbewegung Finanzwende e.V.
Die Bayerische Landesregierung hat im letzten Jahr sogar eine Verfassungsklage gegen die Erbschaftssteuer eingereicht. Ob sich hier tatsächlich etwas ändern wird, bleibt abzuwarten. 2025 wird in Deutschland neu gewählt. "Die Frage der Verteilungsgerechtigkeit ist die zentrale Gerechtigkeitsfrage dieser Zeit", schließt Juso-Chef Philipp Türmer ab. Vielleicht wird es eine Antwort geben.