Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag verabredet, die Mütterrente für alle Mütter einheitlich zu regeln. Doch die Reform bekommt schon mit der Umsetzung Probleme. Laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) müssen die Datenbank mit allen etwa 26 Millionen Renten durchforstet werden, um herauszufinden, wer mehr Rente bekommt.

DRV gegenüber der Augsburger Allgemeine: "Die personellen Ressourcen der Deutschen Rentenversicherung sind nicht dafür bemessen, derart große Arbeitsmengen händisch zu erledigen." Notwendige Programmier- und Qualitätssicherungsarbeiten würden demnach "sehr umfangreich sein und Zeit benötigen". Auch ein entsprechender Referentenentwurf der Bundesregierung würde noch nicht vorliegen.

CSU verärgert über Aussagen der Rentenversicherung

Wenig Verständnis für diese Aussagen hat man bei der CSU. So erklärte CSU-Politiker Klaus Holetschek im Bericht der Zeitung: "Das ist eine Haltung, die mich wirklich ärgert. Das kann doch beim besten Willen nicht so schwer sein, die Fälle von vor 1992 herauszufinden." 

Es könne nicht sein, "dass eine Organisation wie die Deutsche Rentenversicherung sagt: 'Nein, wir schaffen das nicht'."

Holetschek findet das Vorgehen der Rentenversicherung fast schon "symptomatisch" für den Zustand des Landes. Holetschek: "Wegen solcher Aussagen bekommen Menschen zunehmend den Eindruck, dass nichts funktioniert in Deutschland."

Neue Mütterrente sollte leicht umzusetzen sein

Kritik kommt auch von Alina Lorenz, Lehrbeauftragte für Digitale Ethik am Institut für Informatik der Universität Augsburg. Sie hat selbst 20 Jahre lang bei der Bundesagentur für Arbeit als IT-Leiterin gearbeitet. Die vorgebrachten technischen und personellen Probleme bei der Umsetzung kann sie im Gespräch der Wirtschafts Woche nicht nachvollziehen.

Aufgrund der bereits umgesetzten Mütterrenten I (2014) und II (2019) müsste die DRV technologisch und organisatorisch in der Lage sein, auch die Mütterrente III umzusetzen. Lorenz: "Schließlich sollte auf bestehende Datenstrukturen, Routinen zur Anspruchsprüfung und automatisierte Berechnungslogik zurückgegriffen werden können. Nicht alle Vorgänge erfordern zwingend KI." 

Lorenz sieht vielmehr verwaltungspolitische Vorbehalte als Grund für die Aussagen Rentenversicherung. Näher darauf eingehen wollte sie nicht. 

DRV gibt Erklärung ab zur Umsetzung der Mütterrente III

Auf Nachfrage von inFranken.de verweist die Deutsche Rentenversicherung auf die Rede von Anja Piel, Vorsitzende des Bundesvorstands der Deutschen Rentenversicherung Bund, am 24. Juni 2025 im Rahmen der Bundesvertreterversammlung. Piel hat sich dort zu den technischen Herausforderungen bei der Umsetzung der Mütterrente geäußert.

Die DRV-Vorsitzende stellt dabei deutlich heraus, dass "bei der zur Umsetzung notwendigen Programmierung nicht auf die Programmierungen der bereits umgesetzten Mütterrenten I und II zurückgegriffen werden kann".

Piel: "Das liegt daran, dass es in den letzten Jahren mehrere Gesetzesänderungen gegeben hat, die es jetzt neu zu berücksichtigen gilt." Dies gelte demnach auch besonders für Wechselwirkungen zu anderen Leistungen der Rentenversicherung oder auch anderer Sozialversicherungsträger.

Zahlreiche Kapazitäten im IT-Bereich seien zudem durch die Umsetzung bereits beschlossener Gesetze, wie dem Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetz, stark ausgelastet. Piel: "Konkret bedeutet das: Auch wenn die Mütterrente III bis Ende dieses Jahres beschlossen wird, werden wir sie erst ab 2028 auszahlen können."

SoVD fordert "konkretere" Planungen

Ob es technisch möglich ist oder nicht möchte man beim Sozialverband Deutschland SoVD auf Anfrage nicht kommentieren, da sich dies der Kenntnis des Verbandes entziehen würde. 

Zum Zeitplan für die Umsetzung der neuen Mütterrente erklärt man beim SoVD: "Mit Blick auf eine Einführung erst in 2028 müssen jetzt allerdings die Planungen starten und konkreter werden. Grundsätzlich unterstützen wir den Vorstoß, denn wer Kinder erzieht, verdient Respekt – auch in der Rente."

Die Mütterrente III ist darum für den SoVD ein überfälliger Schritt zu mehr Gerechtigkeit. Es ginge demnach nicht um beliebige Konsumausgaben, sondern um die Anerkennung von Lebensleistung.

SoVD: "Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, erhalten derzeit sechs Monate weniger Erziehungszeit angerechnet als jüngere Mütter. Das bedeutet rund 20 Euro weniger Rente im Monat. Diese Leistung muss aus dem regulären Bundeshaushalt finanziert werden, nicht durch die Beitragszahlenden."

Warnungen vor der Mütterrente III

Noch im Mai 2025 hatten die Wirtschaftsweisen ihr Frühjahrsgutachten vorgestellt. Darin ging es unter anderem auch um die Rente. Ganz speziell um die Mütterrente. Die Meinung zu den Plänen der Bundesregierung waren sehr eindeutig: Sie droht zur Steuerfalle für den Staat zu werden.

Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier hatte bei der Präsentation des Gutachtens mit ernstem Ton auf das "erhebliche Risiko" hingewiesen, dass die Finanzmittel aus dem schuldenbasierten Finanzpaket "nicht investiv" eingesetzt werden könnten und die Wirkung "schnell verpufft". 

Auch Marcel Fratzscher, Ökonom, Politikberater und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin hatte in einem Beitrag beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und bei ZEIT ONLINE erklärt: "Prinzipiell muss man festhalten, dass die Mütterrente keine Dauerlösung sein darf und perspektivisch abgeschafft werden sollte, weil sie ein Überbleibsel einer patriarchalen Gesellschaft ist. Voraussetzung dafür aber ist die Umsetzung notwendiger Reformen zur Gleichstellung von Frauen im Arbeitsmarkt und bei der Vorsorge."

So soll die Mütterrente III funktionieren

Was ist die Mütterrente? Laut der Deutschen Rentenversicherung bekommt man, wenn man Kinder erzieht, in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtbeiträge gutgeschrieben und erhält für diese Zeit später mehr Rente. Das schafft einen Ausgleich dafür, dass Mütter und Väter in den ersten Jahren nach der Geburt der Kinder vielfach nur noch eingeschränkt oder gar nicht arbeiten können.

Mit der Mütterrente III soll es nun darum gehen, dass auch für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, volle drei Jahre Erziehungszeit anerkannt werden sollen statt bisher nur zweieinhalb.

Das Geld dafür soll aus der Steuerkasse kommen.