Die Rente bleibt für die Bundesregierung einer der ganz großen Prüfsteine. Aktuell steht wieder die Frühstart-Rente und die Riester-Rente im Fokus. Eigentlich sollte die Frühstart-Rente schon 2026 kommen. Jetzt scheint es sich bis 2027 zu verzögern. Die Finanzbranche reagiert ungehalten auf die erneut sehr schwankenden Entscheidungen der Politik. Banken und Broker machen Druck. Sie wollen mitreden bei den Planungen.
In einem gemeinsames Positionspapier zur geplanten Frühstart-Rente und Riester-Reform, welches unter anderem auch der Redaktion von inFranken.de zugesendet wurde, haben sich führende digitale Finanzunternehmen dazu entschlossen, der Bundesregierung ausdrücklich ihre fachliche Mithilfe anzubieten.
Frühstart-Rente als guter Ansatz für mehr Wille zur eigenen Vorsorge
Im Schreiben der größten deutschen Digitalbanken und Broker sowie Asset Manager heißt es dazu: "Millionen neue Depots belegen, dass ein großer Teil der Bevölkerung aktiv Vermögensaufbau und Altersvorsorge am Kapitalmarkt sucht."
Die Frühstart-Rente sei laut der Experten "ein hervorragender Ansatz, junge Menschen an die Investition in Wertpapiere heranzuführen". Man erwarte von der Maßnahme auch einen Schub für die Finanzbildung.
Dazu wird erklärt: "Millionen von jungen Menschen werden sich mit ihrer Frühstart-Rente beschäftigen und von ihren Anbietern im Erlernen der Zusammenhänge unterstützt werden." Zuletzt hatte es auch immer wieder Kritik an der Maßnahme gegeben. Auf Nachfrage unserer Redaktion hatte der Sozialverband VdK die Frühstart-Rente als "problematisch" bezeichnet. Und eine Expertin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hat die Pläne als "symbolischen"und "kostspieligen Schritt" zerlegt.
Experten wollen mehr Klarheit für die Pläne zur Rente
Die Pläne der Bundesregierung sind allerdings noch sehr unklar definiert. Wer wird das Depot verwalten? Wie wird das Geld genau investiert? Welche Anlagemöglichkeiten sind überhaupt vorgesehen?
Die digitalen Finanzdienstleister fordern hier, dass in der Frühstart-Rente auch Einzahlungen zugelassen werden. Damit, so heißt es, "werde es auch für Eltern oder Großeltern möglich, aktiv zur Rente der Kinder und Jugendlichen beizutragen".
Und: Sie sprechen sich dafür aus, dass ein sogenanntes Altersvorsorgedepot eingerichtet wird. Bei Erreichen der Volljährigkeit soll dann automatisch die Frühstart-Rente in ein solches Depot übergehen. So könnten junge Menschen ihre Vorsorge nahtlos fortführen.
Die fünf Forderungen der Banken und Broker für die Frühstart-Rente
Digitalbanken, Broker und Asset Manager betonen im Positionspapier mehrfach, dass sie der Politik ihr Fachwissen anbieten, um die Pläne für die Rente voranzutreiben. Die Vorschläge der Experten im Überblick:
- Wegfall starrer Garantien: Frühstart-Rente und Altersvorsorgedepots sollen ohne verpflichtende Kapitalgarantie oder Verrentung angeboten werden können – zugunsten höherer Renditechancen und zeitgemäßer Flexibilität.
- Flexible Auszahlungsphase: In der Auszahlungsphase soll höchstmögliche Flexibilität gelten: freie Wahl zwischen Auszahlungsplan, Teilentnahmen oder Rentenbeginn vor dem gesetzlichen Renteneintritt.
- Zulassung freiwilliger Einzahlungen: Es soll möglich sein, dass Eltern, Großeltern oder Dritte in die Frühstart-Rente einzahlen, um frühzeitig Vermögensaufbau für Kinder und Jugendliche zu ermöglichen.
- Erweiterung des berechtigten Personenkreises: Die Möglichkeit zur Nutzung eines Altersvorsorgedepots soll für alle in Deutschland Steuerpflichtigen offenstehen.
- Einführung eines Altersvorsorgedepots: Die Riester-Rente soll um ein kapitalmarktorientiertes Altersvorsorgedepot ergänzt werden. Die Frühstart-Rente soll bei Erreichen der Volljährigkeit automatisch in ein solches Depot übergehen, damit junge Menschen ihre Vorsorge nahtlos fortführen können.
Erklärung der Führende Digitalbanken, Broker und Asset Manager: "Gerne stehen wir dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung für eine vertiefte politische und technische Diskussion zur Verfügung."
Acht Punkte für ein modernes Altersvorsorgesystem
Ebenfalls enthalten im Positionspapier der digitale Banken, Broker und Asset Manager sind konkrete Vorschläge für eine Reform. Acht Punkte für ein in ihren Augen modernes Altersvorsorgesystem:
- Produktstruktur und Anlagemöglichkeiten
Es soll eine eigene Anlagekategorie „Cash“ im Depot eingeführt werden: Notwendig für Verrechnungskonten und zeitweilige Liquiditätshaltung. Es sollen weitere Anlageklassen zugelassen werden. - Handel und Depotführung modern gestalten
Zulassung von Bruchstückehandel (Fractional Shares). Vollständig digitaler Onboarding-Prozess muss gesetzlich erlaubt sein. - Anbietervielfalt sicherstellen
Das Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) muss überarbeitet werden: Auch Wertpapierinstitute sollten eigene Produkte für Frühstart-Rente und Altersvorsorgedepot zertifizieren dürfen. - Vermeidung von Doppelverträgen
Online-Abfrage beim Bundeszentralamt für Steuern zur Prüfung, ob bereits ein Altersvorsorgedepot besteht. - Einzahlungen und Auszahlungen
Freiwillige Zuzahlungen ins Altersvorsorgedepot ermöglichen. - Vererbbarkeit & betriebliche Anbindung
Klare Regelungen zur Vererbung des angesparten Kapitals müssen gesetzlich verankert werden. - Vergleichsplattform: nicht als Voraussetzung
Der Aufbau einer Vergleichsplattform ist sinnvoll – darf jedoch keine Bedingung für das Inkrafttreten der Reformen sein.
Anbieter bringen sich für das Geld vom Staat in Position
Mit Blick auf das offizielle Schreiben der Experten, weist die Wirtschafts Woche darauf hin, dass der Eigennutzen der Beteiligten bei all der Führsorge für die Rente in Deutschland nicht ganz außer Acht gelassen werden darf.
So würden Anbieter wie Scalable Capital oder Trade Republic, die bereits heute Kinderdepots bewerben von einem staatlich geförderten Kapitalmarktprodukt für junge Menschen durchaus profitieren.
Wer Kinderdepots und günstigen ETF-Angebote im Programm hat, wird sich demnach strategisch für den möglichen Geldsegen vom Staat in Stellung bringen.
Riester-Rente fällt auch jetzt wieder durch beim Urteil der Experten
Weniger positiv fällt auch jetzt wieder das Urteil für die Riester-Rente aus. Dazu steht in der Mitteilung, dass Deutschland im Augenblick im internationalen Vergleich bei der Altersvorsorge hinterherhinke.
Das Rentenniveau liege demnach 14 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt. Gleichzeitig stagniere die Riester-Rente. Andere Länder wie Schweden, Großbritannien oder die Schweiz machen es dagegen vor, wie moderne Altersvorsorge gelingen kann.
Auch in Deutschland gebe es ein starkes Bedürfnis danach. Schon als bekannt wurde, dass die Bundesregierung Reformen für die Riester-Rente plant, war das Misstrauen groß. In der allgemeinen Wahrnehmen bleibt sie zwischen Reform und totaler Pleite hängen.