Diese neuen Zahlen einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen gut die Probleme, die auf das Rentensystem in Deutschland einwirken.
Fast jeder zweite Babyboomer im Rentenalter ist bisher vorzeitig in Rente gegangen. Das sind laut einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) 1,8 Millionen Menschen aus den Boomer-Jahrgängen, die bis 2023 ins Rentenalter gekommen sind.
Millionen Babyboomer vorzeitig in Rente
Konkret heißt es in der Auswertung des IW: "Die geburtenstarken Jahrgänge von 1954 bis 1969, auch Babyboomer genannt, gehen nach und nach in den Ruhestand. Auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen sie eine große Lücke. Umso problematischer ist es, dass zum Stichtag 31.12.2023 bereits 900.000 Babyboomer eine gesetzliche Altersrente bezogen, obwohl sie das gesetzliche Renteneintrittsalter noch nicht erreicht hatten. Betrachtet man die Geburtsjahrgänge 1954 bis 1957, die bis einschließlich 2023 ihre Regelaltersgrenze schon erreichten, sind es sogar 1,8 Millionen Personen – das entspricht rund 44 Prozent des jeweiligen Jahrgangs."
Obwohl sie das gesetzliche Renteneintrittsalter noch nicht erreicht hatten.
Ausgehend von den Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft, ist damit zu rechnen, dass bei anhaltenden Trend zur Frührente, ab 2025 jährlich mindestens eine Million Babyboomer vor Überschreiten des Regeleintrittsalters in Rente gehen werden.
Experten warnen vor einem Kosten-Knall bei den Rentenkassen. Ein Streitthema dürfte dabei auch weiter das Rentenniveau bleiben. Aktuell ist es mit 48 Prozent garantiert. Dazu gibt die Deutsche Rentenversicherung an , dass bis 2028 Beiträge bereits auf 18,7 Prozent hochgehen würden. DRV-Präsidentin Gundula Roßbach erklärte in einem Tagesspiegel-Interview: "Aus unserer Sicht sollte so eine Garantie gut diskutiert werden." Mehr Kosten für Beitragszahler seien "unausweichlich".
Rentenniveau wird zum Kosten-Kraftakt
Aktuell wird die Rente ohne einen entscheidenden Faktor berechnet – und bis 2031 soll es auch dabei bleiben. Der Nachhaltigkeitsfaktor steht zwar weiterhin im Gesetz, wird aber in der Rentenformel nicht berücksichtigt.
Der Grund: Mit dem Nachhaltigkeitsfaktor wäre das Rentenniveau nicht zu halten. Der Faktor hat die Aufgabe, die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung nachhaltiger zu gestalten. Er dient dazu, die Rentenanpassung zu dämpfen, wenn sich das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern verschiebt, sprich, bei einer Alterung der Gesellschaft.
Gegenüber inFranken.de hatte sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), sowie Henriette Wunderlich, SoVD-Referentin für Rente und Arbeit dazu geäußert. Für Wunderlich lässt sich das Vorgehen der Regierung nur damit erklären, dass "wenn man etwas aus dem Gesetz rausstreicht, es auch schwieriger ist, es wieder reinzubekommen."
Dass man laut Koalitionsvertrag am Rentenniveau und am Nachhaltigkeitsfaktor festhalten wolle würde sich eigentlich "ausschließen". Das BMAS lässt sich bei seiner Antwort dazu eine Hintertüre offen. Immerhin, so versucht es Wunderlich zu erklären, wollte die Union ursprünglich die Stabilisierung des Rentenniveaus gar nicht so erreichen, sondern "durch ein gutes Wirtschaftswachstum".
Anreize für Frührente sind laut Institut zu groß
Laut Mitteilung des IW seien aktuell die Anreize für vorzeitige Verrentung zu groß. Die Abschläge für den vorzeitigen Renteneintritt seien demnach zu niedrig. Wer 35 Versicherungsjahre erreicht hat, kann bereits mit 63 Jahren eine Rente mit Abschlägen beziehen. Nach 45 Jahren können Arbeitnehmer sogar abschlagsfrei zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze aus dem Berufsleben ausscheiden.
IW-Rentenexpertin Ruth Maria Schüler: "Zur Stabilisierung des Rentensystems sollten Beitragszahler möglichst lange einzahlen." Aber statt Anreize für eine längere Erwerbstätigkeit zu geben, gibt es großzügige Möglichkeiten für den frühen Ausstieg.
IW-Arbeitsmarktexpertin Stefanie Seele fordert: "Die Bundesregierung muss daher dringend die Frühverrentung stoppen, um die gut ausgebildeten Babyboomer im Arbeitsmarkt zu halten."
Studien zur Rente
Schwierigkeiten dabei könnte allerdings die Aktivrente werden. Gerade die Maßnahme der neuen Bundesregierung, die die Senioren in der Arbeit halten soll. Gleich zwei Studien zur Rente zeigen die Probleme.
Die Aktivrente steht im Monatsbericht der Bundesbank und im Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in der Kritik. Beide Institute sehen in der Maßnahme der Bundesregierung nur unzureichende Effekte für eine Verbesserung des Rentensystems.
Beim DIW spricht man sogar davon, dass die Pläne der Politik "vor allem besserverdienende Rentner" entlasten würden.