Die Diskussionen um die Krise der Krankenkassen und einer geeigneten Lösung sind derzeit sehr vielfältig. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte ja zuletzt im ARD-Sommerinterview die Versicherten ins Visier genommen und laut über einen harten Kurs nachgedacht. 

Jetzt hat Gesundheitsökonom Professor Jürgen Wasem nachgelegt und die Politik dazu aufgefordert bei den Medikamenten doch etwas genauer hinzuschauen. Und wieder hätte es massive finanzielle Folgen für die Versicherten.

Krise der Krankenkassen: Mehr Medikamente selbst zahlen

Gegenüber der Bild-Zeitung hat Wasem erklärt, dass die Liste mit Krankheiten, bei denen die Medikamente von den Kassen übernommen werden extrem lang sei. Wasem: "Es gibt 8000 Krankheiten. Aber bisher sind nur sechs oder sieben auf der Liste, bei denen die Medikamente nicht von den Kassen übernommen werden, unter anderem Erkältungserkrankungen." 

Seine eindeutige Forderung: "Die Politik sollte sich die Liste noch einmal sehr genau ansehen und prüfen, was davon die Kassen künftig nicht mehr übernehmen." Außerdem sollte in seinen Augen die Rezeptgebühr und zehn Euro Krankenhaus-Zuzahlung ebenfalls angepasst werden. Hier sei "seit 20 Jahren nicht mehr erhöht worden". 

Beim Sozialverband VdK hat man auf Nachfrage von inFranken.de wenig Verständnis für solche Aussagen. Hier heißt es zum Thema: "Schon heute zahlen viele Menschen mit kleinen Einkommen, chronischen Erkrankungen oder Behinderungen drauf: Arzneimittel, Hilfsmittel, Brillen – zum Nulltarif gibt es kaum noch etwas."

Sozialverband VdK lehnt die Forderungen ab

Laut dem VdK würden höhere Zuzahlungen "die finanzielle Situation erkrankter Menschen weiter verschärfen".  Mit solchen Forderungen und Plänen, wie sie von Bundeskanzler Merz in den Raum gestellt werden würde die Politik den Fokus in der Debatte verschieben.

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VdK: "Statt über Rezeptgebührenerhöhungen und mehr Zuzahlungen zu sprechen und so vom eigentlichen Problem abzulenken, muss die Politik dafür sorgen, dass alle Zugang zu einer guten, fairen und bezahlbaren Gesundheitsversorgung haben."

Eine solidarische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ist demnach für den Sozialverband "verzichtbar."

Wirtschaftsweise sieht Fehlanreize 

Zuspruch bekommt Gesundheitsökonom Wasem bei seinem Vorschlag allerdings von Kassenärzte-Chef Andreas Gassen. Der 63-Jährige erklärte im Bild-Bericht, dass der medizinische Fortschritt zwar gigantisch sei, aber eben auch Geld kosten würde. 

Es würde viele neue hervorragende Medikamente geben, die die Behandlung verbessern. Gassen: "Man wird tatsächlich über kurz oder lang Selbstbeteiligungselemente diskutieren müssen."

Von der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer kommt unterdessen der Ansatz, dass man die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern kippen müsste. Zur Bild-Zeitung sagte sie: "Der Fehlanreiz, im Minijob zu verharren, statt selbst sozialversicherungspflichtig zu arbeiten, wird dadurch reduziert."

Was passiert mit den Beiträgen der Krankenkassen?

Die Krankenkassen stehen vor einem 12-Milliarden-Loch bei ihren Finanzen, so sagt es eine Prognose aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG). Eine Zahl, die bisher weder bestätigt noch dementiert würde durch die Regierung. Anders Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse (TK). Er hatte ganz deutliche Worte für Finanzminister Lars Klingbeil parat und attackierte ihn in einem Post bei LinkedIn direkt.

Zuschüsse wird es für die Krankenkassen nicht mehr geben vom Staat. Hier wurde nur ein Darlehen in Aussicht gestellt. Und damit bleibt laut Experten der "Erhöhungsdruck" für die Beiträge erhalten. Heißt die Kosten für die Versicherten werden steigen.

Es ist davon auszugehen, dass nach derzeitigem Stand die Kassenbeiträge um 0,8 Prozent erhöht werden. Damit gibt es je nach Einkommen Mehrkosten von bis zu 22 Euro pro Monat. Im Jahr wären das 264 Euro.