Auch nach der Ankündigung zu einem Sparpaket mit einem Volumen von zwei Milliarden Euro durch Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bleiben Fachleute bei ihrer Meinung: Die Beiträge der Krankenkassen werden weiter steigen. Es droht ein Sparpaket ohne Wirkung. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK nennt die Maßnahmen "nicht nachhaltig".

Und jetzt legt auch der Chef der Techniker Krankenkasse (TK) Jens Baas nach. Baas: "Das Sparpaket ist zu klein, und ob es überhaupt vollständig greift, ist fraglich." 

Krankenkassen-Chef macht der Regierung Vorwürfe

Im Interview mit dem Handelsblatt macht er erneut deutlich, was er von den Plänen der Ministerin hält. Den Zusatzbeitrag von 2,9 Prozent hält er demnach für einen "Kommunikationskniff". Warken hatte in Aussicht gestellt, dass man den durchschnittlichen Zusatzbeitrag auf dem aktuellen Niveau von 2,9 Prozent halten könne. 

Baas wirft der Bundesgesundheitsministerin im Handelsblatt-Interview vor, die Krise der Krankenkassen schönzureden. Dem Beitrag zufolge warnt der TK-Chef davor einen Denkfehlern zu machen, der die gut wirtschaftende Kassen benachteiligen könnten.

Schon in einem Statement auf der Seite der Techniker Krankenkasse hatte Jens Baas auf den Umstand hingewiesen, dass die vorgesehene Regelung aktuell unfair gestaltet sei. Baas: "Sie bestraft Krankenkassen, die jetzt schon effizient sind und Versicherte hinzugewinnen und belohnt Kassen mit hohen Sachkosten und sinkenden Versichertenzahlen."

Krise der Kassen: Verhindert die Regierung Preisreformen für Medikamente?

Auch ein weiterer schwerwiegender Vorwurf in Richtung Bundesregierung kommt im Handelsblatt erneut zur Sprache. Dazu heißt es im Bericht: "Außerdem kritisiert er die enge Verbindung von Politik und Pharmaindustrie, die Preisreformen seit Jahren blockiere."

Auf der Seite der TK klingt das dann bei Jens Baas so: "Es ist unverständlich, warum die Bundesregierung nicht konsequenter handelt und allen großen Ausgabenbereichen einen Beitrag abverlangt – statt nur auf die Kliniken und die Krankenkassen zu schauen. Insbesondere im Arzneimittelbereich steigen die Kosten durch die extrem hohen Preise neuer Medikamente."

Es wäre deshalb notwendig, "den Herstellerrabatt auf Arzneimittel zu erhöhen". Baas im TK-Statement: "Diese Maßnahme würde die Beitragszahlenden und die Wirtschaft sofort um Milliarden entlasten. Wir haben mit die höchsten Arzneimittelpreise weltweit. Die Beitragszahler immer weiter auszuquetschen, ist daher grundsätzlich der falsche Weg."

TK-Chef sieht Pharmaindustrie als Gewinner im System der Krankenkassen

Baas hatte bereits im Juli dieses Jahres mit deutlichen Worten die Pharmaindustrie mehrfach in den Fokus gerückt. In einem Interview mit der Zeit hatte er darauf hingewiesen, dass die Arzneimittelhersteller zu den Gewinnern im System zählen. Es bräuchte demnach "eine Lösung für die steigenden Arzneimittelpreise."

Und auch in einem Beitrag der ZDF-Sendung WISO zur Kassen-Krise machte der TK-Chef seinem Unmut über die Situation Luft. Baas erklärte im Bericht: "Wer gut verdient muss man sagen, ist die Pharmaindustrie. Da muss man unterscheiden zwischen Originalpräparaten und sogenannten Nachahmerpräparaten." 

Zu den Nachahmerpräparaten, erklärte er, dass man hier inzwischen nicht mehr "besonders gut" verdienen würde. Baas: "Wir haben dort vor einigen Jahren Rabatt-Verträge eingeführt. Was vorher 100 Euro gekostet hat, hat danach noch fünf Euro gekostet." Große Gewinne fahren die Hersteller bei den Originalprodukten ein. Hier fehlen spezielle Verträge. 

Gegenüber inFranken.de widersprach der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland (vfa) dem "Gewinner-Vorwurf": Die GKV muss endlich sauber finanziert werden: Wer ein klares Bild über die Kosten hat, wird sehen, dass Arzneimittel keine besonderen Kostentreiber sind und es keine besondere 'Dynamik' gibt."