- Kontaktaufnahme lässt beiderseitige Rechtspflichten entstehen
- Vorsicht bei Bewerbungsgesprächen
- Vertragsstrafe bei Nichtantritt des neuen Jobs möglich
Schon durch das Einschicken deiner Bewerbungsunterlagen (egal, ob in Papierform, mündlicher oder elektronischer Kontaktaufnahme) entstehen zwischen dir und dem Unternehmen juristische Beziehungen, auch wenn du letztendlich nie dort Arbeitnehmer*in wirst. Der Fachbegriff dafür lautet "vorvertragliches Schuldverhältnis" und bedeutet, dass du zum Beispiel wahrheitsgemäße Angaben machen musst, andererseits deine Daten geschützt sind und du Ansprüche hast, wenn die Arbeitgeberseite deine Rechte verletzt. Bist du deshalb schon Arbeitnehmer*in? - Nein, natürlich nicht. Deshalb kannst du einfach den Kontakt abbrechen, wenn du kein Interesse an dem Job hast. Schweigen/Nichtstun hat im geschäftlichen Miteinander normalerweise keine Rechtswirkung. Schwierig wird es, wenn du schon in diesem Stadium Äußerungen machst oder ein Verhalten zeigst, das signalisiert, dass du am Abschluss eines Arbeitsvertrages interessiert bist.
Achtung: Arbeitsverträge müssen nicht schriftlich abgeschlossen werden
Während jede Seite einen gültig abgeschlossenen Arbeitsvertrag nur schriftlich in Papierform kündigen kann, wissen viele Bewerber*innen nicht, dass auch durch mündliche Äußerungen oder schlüssiges Handeln ein gültiger Vertrag zustande kommen kann. Beispiel: Alle Details zum Job wie Bezahlung et cetera werden im Gespräch geklärt. Der Arbeitgeber verkündet, dass du ihn mit deiner Qualifikation und deinem Auftreten überzeugt hast. Er bietet dir an, dass du am nächsten Montag schon anfangen kannst. Du sagst "Super!", obwohl du nicht so begeistert bist, denn du möchtest nicht unhöflich rüberkommen. Juristisch könnte dies für den Abschluss eines Arbeitsvertrages ausreichen – und du wärst verpflichtet, kommenden Montag deinen neuen Job anzutreten. Dieselbe rechtliche Bedeutung könnte unter diesen Umständen auch das "Thumbs up"-Zeichen haben.
Wie genau dein Verhalten im Vorstellungstermin verstanden werden durfte, würde vermutlich in einem Arbeitsgerichtsprozess geklärt werden müssen, wenn das Unternehmen tatsächlich so weit gehen sollte. Hier solltest du bedenken, dass auf der anderen Seite meist mehrere Personen am Gespräch teilnehmen, während du alleine auftrittst. Deine Sicht der Vorgänge beim Gespräch zu beweisen, könnte daher schwierig bis unmöglich sein.
Was die Kosten eines solchen Prozesses angeht, gibt es die Besonderheit, dass im Arbeitsrecht auch der Gewinner seine eigenen Kosten tragen muss.
Vertragsstrafe bei Nichtantritt der neuen Arbeitsstelle
Arbeitgeber reagieren schon seit längerem mit rechtlichen Mitteln auf Bewerber*innen, die abredewidrig nicht zur Arbeit erscheinen. Personalsuche ist teuer und zeitaufwendig – und es gibt immer weniger Bewerber*innen.
Vertragsstrafen gibt es im gesamten Zivilrecht, nicht nur im Arbeitsrecht. Normalerweise schützt das Recht die Arbeitnehmer*innen, doch das bedeutet nicht, dass Vertragsstrafen grundsätzlich verboten wären. Solltest du jemals in die Situation kommen, dass ein Arbeitgeber dich verklagt, ist genaues Hinschauen angesagt. Vertragsstrafen müssen nachvollziehbar formuliert, leicht erkennbar im Vertrag platziert und von der Höhe her angemessen sein. Sind sie gar nicht wirksam im Vertrag vereinbart worden, gibt es keine Konsequenzen für dich.
Beispiel: Der mit dir besprochene Arbeitsvertrag enthält eine Probezeit von 14 Tagen, in der beide Seiten jeweils mit einem Tag Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis beenden können. Die Vertragsstrafe fordert jedoch ein ganzes Bruttomonatsgehalt. Folge: Diese Klausel wäre wegen übertriebener Höhe unwirksam, denn du hättest den Job ja auch antreten und sofort kündigen können. Dann müsste nach nur einem Tag auch wieder neues Personal gesucht werden, ohne dass dir daraus ein Vorwurf gemacht werden darf. Ein weiteres Beispiel: Die Vertragsstrafe wurde unter einer irreführenden Überschrift wie "Nebenpflichten" im Vertrag versteckt. Deshalb hast du sie überlesen. Auch hier die Folge: Unwirksamkeit.
Kündigung vor Beginn des Vertrages möglich?
Sollst du den neuen Job erst in ein paar Wochen oder Monaten antreten, stellt sich die Frage, ob du schon vor Arbeitsantritt kündigen kannst. Dies wurde früher lange Zeit verneint, ist inzwischen aber unproblematisch möglich. Dabei gehst du so vor: Lies genau nach, welche Kündigungsfrist in deinem Vertrag steht, den du loswerden willst. Ist dort eine wirksam vom Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) abweichende Frist vereinbart, hat diese Vorrang. Ansonsten gelten die gesetzlichen Regeln für Kündigungen seitens des Arbeitnehmers.
Beispiel: Du sagst am 01. Februar zu, ab 01. April eine neue Stelle anzutreten. Inzwischen hast du aber ein besseres Angebot und willst aus der Sache raus. Im Vertrag steht eine Probezeit von drei Monaten mit 14-tägiger Kündigungsfrist.
Du schickst deine Kündigung (die in schriftlicher Form und nachweislich beim Arbeitgeber angekommen sein muss) am 01. März zu. Die Kündigungsfrist beginnt zu laufen und endet, bevor der Vertrag beginnen sollte. Folge: Du musst die ungeliebte Stelle nicht antreten und kannst den Job anfangen, der dir mehr zusagt. Details findest du hier.
Fazit: Kommuniziere offen und ehrlich
Zusammenfassend kann man sagen, dass Arbeitgeber-Ghosting nicht ganz unproblematisch ist. Darüber hinaus warnt der Volksmund nicht umsonst, dass man jeden Menschen im Leben zweimal trifft. Denke auch daran, wie leicht es passieren kann, dass du einen geghosteten Arbeitgeber aus deiner Vergangenheit in deinem neuen Traumjob als Kunden gewinnen sollst. Besser ist es daher immer, sich offen und ehrlich zu verhalten, wenn man einen Job lieber doch nicht will.
Zum Weiterlesen:
- Arbeitsrecht: Die 10 wichtigsten Rechts-Fragen zur Probezeit
- Arbeitsrecht: Muss man bei Sturm und Unwetter zur Arbeit fahren?
- Fristlos kündigen: Was Arbeitnehmer dazu wissen sollten
- Unbezahlter Urlaub: Muss der Chef ihn genehmigen? - Alles, was du wissen musst