Wenn es um mögliche Sparmaßnahmen für den Bundeshaushalt geht, dann rücken viele Experten und Politiker immer wieder die Frührente in den Mittelpunkt. Zuletzt hat erneut ein Finanz-Fachmann ein Milliarden-Sparpaket geplant und würde die sogenannte Rente mit 63 einfach streichen

Zu viele Arbeitnehmer würden laut verschiedener Meldungen inzwischen den vorgezogenen Schritt in den Ruhestand einplanen. Neue Zahlen der Bundesregierung zeigen jetzt allerdings eine Entwicklung, die eine zwingende Abschaffung der Rente mit 63 infrage stellt. 

Aktuelle Zahlen der Bundesregierung: Immer mehr Ältere im Job 

Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) gemeldet hat, hat die Partei Die Linke im Bundestag eine entsprechende Anfrage gestellt und eine Regierungsantwort erhalten. Darin heißt es, dass immer mehr Menschen in Deutschland auch im Alter zwischen 63 und 67 Jahren einer Beschäftigung nachgehen.

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten in diesem Alter stieg zudem von 1,31 Millionen im Jahr 2020 kontinuierlich auf 1,67 Millionen im vergangenen Jahr an. Im Jahr 2022 waren noch 1,52 Millionen Menschen dieser Altersgruppe, in der ein Renteneintritt möglich wird, in Beschäftigung. 

Mit den Zahlen als Grundlage spricht sich der Linken-Rentenexperte Matthias W. Birkwald, der die Anfrage gestellt hatte, gegen eine Abschaffung der Rente mit 63 - er verweist dabei auf die nachweislich gestiegene Beschäftigungsquote der 63- bis 67-Jährigen. 

Streit um die Rente mit 63

Das Streitpotential bleibt bei diesem Thema also weiter groß. Deutschlands Arbeitgeber, die Union, aber auch Politiker von Grünen und FDP wollen die Frührente loswerden. Eine erste Entscheidung über Veränderungen bei der Rente fällt im Februar durch das Bundeskabinett und den Jahreswirtschaftsbericht. Dann ist klar, ob Wirtschaftsminister Robert Habeck seine Pläne durchsetzen konnte

Habeck möchte mit seinen Maßnahmen Anreize schaffen, damit die Menschen länger in ihrer Arbeit bleiben. Ein Fachkräftemangel soll so verhindert werden, beziehungsweise abgemildert werden. 

Mit Bezug auf die aktuellen Zahlen der Bundesregierung hat inFranken.de bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nachgefragt und um eine Einordnung der Daten gebeten.

Deutsche Rentenversicherung und Bundesministerium für Soziales und Arbeit

Laut der DRV ist bereits "seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass die Anzahl älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kontinuierlich steigt. Die Gründe hierfür sind sehr vielfältig und individuell verschieden." Auch beim BMAS sieht man eine solche Entwicklung: "Die Arbeitsmarktbeteiligung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist in den letzten Jahren dynamisch gestiegen. Dieser Trend setzt sich fort. Im Juni 2023 gab es rund 3,73 Millionen sozialversicherungspflichtig (sv-pflichtig) Beschäftigte von 60 Jahren und älter, rund 920.000 mehr als vier Jahre zuvor."

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Bei der Rentenversicherung sieht man neben der Anhebung der Altersgrenzen für die Inanspruchnahme einer Altersrente vor allem die verbesserten Rahmenbedingungen als einen Hauptgrund. Dazu erklärt die Deutsche Rentenversicherung: "Geringe Arbeitslosigkeit und zunehmender Fachkräftemangel haben zu einer verstärkten Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch in der Altersgruppe 60+ geführt."

Für Birkwald ist, laut dpa-Bericht, bei der Debatte um die Abschaffung der Rente mit 63 und der Anhebung des Renteneintrittsalters eine Sache klar: Arbeitgeber seien in der Pflicht, ihren Mitarbeitern gute Arbeit anzubieten – so würde die Möglichkeit entstehen, länger zu arbeiten und dies auch freiwillig nutzen wollen. Die DRV sieht bereits solche Ansätze.

Mehr Ältere im Job – Rentenversicherung nennt Gründe dafür

Gegenüber unserer Redaktion erklärt die Rentenversicherung mit Bezug auf die wachsende Zahl der Älteren im Job: "Entsprechend wurden Bemühungen verstärkt, Mitarbeitende länger in den Unternehmen zu halten und Arbeitsbedingungen altersgerecht zu gestalten." Das Bundesministerium hat es sich laut eigener Aussage ebenfalls zum Ziel gemacht, "durch die Schaffung von Anreizen einen freiwilligen längeren Verbleib im Erwerbsleben weiter zu fördern". Hierfür wurde ein Dialogprozess mit den Sozialpartnern angestoßen.

Und die DRV sieht noch weitere Gründe dafür, warum Arbeitnehmer jenseits des Rentenalters im Job blieben: "Ein besserer Gesundheitszustand älterer Menschen im Vergleich zu früheren Generationen, Spaß an der Arbeit und der Wunsch, länger aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben (sinnvolle Aufgabe & soziale Kontakte), haben ebenfalls zu einer ansteigenden Erwerbsbeteiligung in dieser Altersgruppe geführt."

Außerdem seien es laut den Ausführungen der Deutschen Rentenversicherung durchaus auch finanzielle Motive, die eine Rolle spielen. DRV: "Durch die Abschaffung der Hinzuverdienstregelungen für vorgezogene Altersrenten ist es seit Anfang 2023 noch attraktiver, Rente und Hinzuverdienst miteinander zu kombinieren. Ob dies zu einem weiteren Anstieg der Beschäftigungszahlen in dieser Altersgruppe führen wird, bleibt abzuwarten."

Mini-Renten zwingen Menschen dazu länger zu arbeiten

Für den Linken-Politiker Matthias W. Birkwald darf es aber nicht so sein, dass Menschen gezwungen sind, aufgrund einer niedrigen Rente weiter arbeiten zu müssen. 

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Die Zahlen hierfür sind laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes auch klar: Fast jeder zweite Senior oder Seniorin über 65, hat in Deutschland nur ein Nettoeinkommen von unter 1250 Euro zur Verfügung. Mit dieser Summe müssen laut Amt 42,3 Prozent der Rentner auskommen. Von den knapp 7,5 Millionen Betroffenen sind mehr als 5,2 Millionen Frauen.

Zuletzt hatte sich Sahra Wagenknecht vom Bündnis Sahra Wagenknecht mit massiver Kritik zum aktuellen Rentensystem geäußert und genau auf diese Mini-Renten nach 40 Jahren Arbeit hingewiesen: "Das ist gesellschaftlicher Sprengstoff."

Hintergrund der Rente mit 63 - BMAS nennt wichtige Gründe

Bei unserer Anfrage zur Diskussion um die Rente mit 63, gab es vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen wichtigen Hinweis auf die Hintergründe dieser Form der Rente.

BMAS: "Die Renten für besonders langjährig Versicherte hat ihren Grund – von dieser Rente profitieren insbesondere diejenigen, die sehr früh ins Berufsleben gestartet sind und häufig auch körperlich belastende Berufe ausgeübt haben. Diese Menschen haben über viele Jahre ihren Beitrag zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet. Und dies häufig unter weitaus schwereren Bedingungen als es heute der Fall ist."

Daher, so erklärt es eine Sprecherin des Bundesministeriums, "ist eine Frage der Fairness, für diesen Personenkreis ein passendes Angebot zu haben. Die Entwicklung der Zugangszahlen bewegt sich im erwarteten Rahmen. Im Übrigen gibt es die sogenannte Rente ab 63 nicht mehr. Die Altersgrenze liegt inzwischen über 64 Jahren und wird auf 65 Jahre ansteigen".