- Lärm macht krank
- Urlaub für Körper und Gehirn
- Unerträgliche Ruhe?
- Tipps für mehr stille Momente in deinem Leben
- Fazit: Stille tut gut
Wann hast du das letzte Mal Stille erlebt? Einen Moment der Ruhe, ohne Beschäftigung, Musik oder Handy? Der moderne Alltag ist laut. Auch in ihrer Freizeit erleben die meisten Menschen kaum Stille. Doch Lärm kann krank machen. Ruhe dagegen ist gut für das Gehirn, wie immer mehr Studien zeigen.
Lärm macht krank
Im Alltag bist du ständig von Lärm umgeben. Unterwegs: Hintergrundmusik beim Einkaufen oder in Fahrstühlen, ständige Durchsagen auf Bahnhöfen, Autos, Züge, Flugzeuge, Baustellen. Im Großraumbüro: Stimmengewirr, Drucker, Telefon. Zu Hause: Nachbarn, brummende Elektrogeräte, Laubbläser, Rasenmäher, Fernseher. Und allgegenwärtig, immer und überall: eigene und fremde Handysignale. Lärm ist dabei übrigens nicht immer laut. Auch monotone und ständig wiederkehrende leisere Geräusche können belastend sein.
Du nimmst Lärm oft nicht bewusst wahr, weil du daran gewöhnt bist. Trotzdem ist eine ständige Geräuschkulisse nicht gesund. Lärm gilt heute als eine Form von Umweltverschmutzung. Die Weltgesundheitsorganisation WHO errechnete 2011, dass allen Europäern jährlich mindestens eine Million gesunde Lebensjahre durch Lärm geraubt würden. Es gilt als erwiesen, dass Lärm auf Dauer krank machen kann. So belegen zahlreiche Studien den Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Dauerlärm an Flughäfen oder Autobahnen. Eine Studie von Professor Gary W. Evans von der Cornell University untersuchte die Auswirkungen von Flughafenlärm auf Schulkinder und fand Effekte auf die Lern- und Denkleistung.
Dein Gehirn reagiert immer sofort auf Geräusche, sogar wenn du schläfst. Lärm wird als Gefahr eingestuft und Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet. Eine dauerhafte Geräuschkulisse versetzt den Körper in Dauerstress. Du bist dann innerlich ständig in Alarmbereitschaft und dein Körper kommt nicht zur Ruhe. Stressbedingte Krankheiten und Gesundheitsprobleme können die Folge sein. Dazu gehören Konzentrations- und Schlafstörungen, Depressionen, aber auch Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und vieles mehr.
Urlaub für Körper und Gehirn
Stille reduziert den Stress und du kannst entspannen. Forscher haben festgestellt, wie gut uns Momente der Stille tun. Sie senken beispielsweise den Blutdruck. Hirnforscher Luciano Bernardi und sein Team von der Universität Pavia in Italien entdeckten das zufällig. Eigentlich untersuchten sie, welche Arten von Musik unserem Herz-Kreislauf-System guttun. Sie spielten Versuchspersonen Musikstücke in verschiedenen Stilen vor und maßen dann Atmung, Blutdruck und Herzschlag. Dann entdeckten sie, dass die Werte in den zweiminütigen Pausen zwischen der Musik stärker sanken, teilweise sogar unter die Ausgangswerte. Die Stille entspannte mehr als jede Art von Musik. Und: Die vorhergehende Musik schien die Wirkung der Stille zu verstärken.
Stille bedeutet nicht nur für deinen Körper Erholung, sondern auch für dein Gehirn. Du entspannst vielleicht gerne beim Fernsehen oder Musikhören. Doch auch das sind Reize für dein Gehirn. Bist du dauerhaft vielen verschiedenen Reizen ausgesetzt, ist dein Gehirn irgendwann müde. In völlig ruhigen Momenten aber, wenn keine äußeren Reize auf dich einwirken, wird ein Netzwerk aus vier neuronalen Schaltstellen im Gehirn aktiv. Forscher nennen es "Default Mode Network" (Ruhezustandsnetzwerk). Verschiedene Studien beweisen, dass bei einem aktiven "Default Mode Network" im Hintergrund Informationen ausgewertet und gesammelt werden. So entstehen neue Verknüpfungen. Das hilft, kreativ zu sein und Problemlösungen zu finden. Viele kreative Köpfe schwören auf die Methode des "geistigen Leerlaufs" zur Inspiration.
Eine Studie des Arbeitspsychologen Cornelius König von der Uni Saarbrücken zeigte, dass eine Stunde Ruhe am Tag produktiver macht. Wenn du regelmäßig über einen längeren Zeitraum die Stille suchst, verbesserst du auch deine Denkleistungen. So zeigte zum Beispiel der Psychologe Richard Davidson von der Universität von Wisconsin-Madison, dass Meditationsübungen die Aufmerksamkeit seiner Versuchsteilnehmer nach nur drei Monaten stark verbesserten.
Unerträgliche Ruhe?
Kopfhörer ins Ohr, Fernseher an, Smartphones raus: Ertragen moderne Menschen die Stille nicht? Stille kann Angst machen. Angst vor Einsamkeit, vor der Begegnung mit dir selbst. In vielen Religionen spielt Stille eine große Rolle. In einer ruhigen Umgebung gibt es weniger Ablenkung. So fördert Stille die Selbstreflexion. Du kannst über dich und dein Leben nachdenken, Erlebnisse verarbeiten, träumen.
Buchtipp: 'Kompass für die Seele: Das Fazit neuester Studien zu Resilienz und innerer Stärke' - hier direkt ansehenDas ist allerdings auch der Grund, warum viele Menschen die Stille meiden. Denn Lärm lenkt ab und sorgt dafür, dass vor allem Ängste, negative Gedanken und Gefühle verdrängt werden können. In einer psychologischen Studie von 2014 mussten die Teilnehmer ihre Smartphones abgeben und 15 Minuten lang in einem leeren Raum still auf einem Stuhl sitzen. Die meisten empfanden die Stille als extrem unangenehm.
Doch auf Dauer macht permanentes Aktivsein, Lärm und Verdrängung unzufrieden und physisch oder psychisch krank. Stattdessen raten Psychologen, Hirnforscherinnen und Mediziner dazu, immer wieder die Stille bewusst zu suchen und mit ihr umgehen zu lernen. Gemeint ist eine selbstgewählte Stille in ruhiger Umgebung ohne dich störende Geräusche.
Tipps für mehr stille Momente in deinem Leben
Wie viel Stille du brauchst, solltest du selbst herausfinden. Laut der Forschungen ist nicht die Dauer, sondern Regelmäßigkeit entscheidend. Ziehe dich zurück an ruhige Orte und lausche der Stille – selbst wenn es nur wenige Minuten sind. Vielleicht kannst du täglich eine Viertelstunde Stille einbauen. Oder ein bis zweimal pro Woche einen Spaziergang in ruhiger Natur genießen. Versuche jedenfalls, regelmäßige akustische Pausen in deinen Alltag einzubauen.
Du kannst den Lärm in deinem Leben reduzieren. Ohrstöpsel können nachts dabei helfen, Lärm von draußen oder das Schnarchen deines Partners oder deiner Partnerin auszublenden. Für laute Orte tagsüber gibt es inzwischen spezielle Ohrstöpsel mit Filtern, die zwar Lärm dämpfen, dich aber trotzdem noch das Gesprochene verstehen lassen. Speziell auf deine Ohren angepasste Stöpsel bekommst du bei Hörgeräteakustikern. Schalte deine elektronischen Geräte, also Smartphone, Radio, Fernseher und Computer, einfach mal aus. Mache Pause von der ständigen Erreichbarkeit auf Social Media.
Bei Spaziergängen in der Natur, sei es im Wald, im Park oder am Wasser lässt sich die Stille oft besonders gut erfahren. Versuche, deinen Tagesrhythmus zu ändern. Wenn alle unterwegs sind, ist es am lautesten. Warum nicht früher raus oder später als die anderen? Frühmorgens alleine im Büro oder im Park ist es besonders still. Stille für Profis: Übe das Meditieren. Vereinbare mit Familienmitgliedern oder Mitbewohnerinnen, dass sie dich in dieser Zeit nicht stören.
Fazit: Stille tut gut
Dauerbeschallung ist für Körper und Geist Dauerstress und damit schädlich. Stille wirkt dagegen beruhigend und entspannend. Sie fördert nicht nur deine Gesundheit und dein Wohlbefinden, sondern ist auch gut für dein Gehirn. Hirnforscher fanden heraus, dass regelmäßige Momente der Stille positive Effekte auf Denken und Leistungsfähigkeit haben. Auch dein seelisches Gleichgewicht profitiert von Augenblicken der Stille und des Nachdenkens. Du musst nicht unbedingt auf eine abgelegene Insel oder zum Schweigeseminar ins Kloster, um dir Ruhe zu gönnen. Pause machen, Stille genießen und dich entspannen kannst du auch zu Hause auf dem Sofa oder an einem ruhigen Ort in deiner Umgebung. Mache die Ruhepause zu einem regelmäßigen Bestandteil deines Alltags.
Alles rund um die Themen Wissenschaft und Forschung interessiert dich? Dann tauch ein in weitere Artikel und Themenwelten:
- Nasa warnt: Asteroid könnte am Valentinstag 2046 die Erde treffen
- Krebsforschung von Biontech - der Pharmakonzern erklärt seine Studien
- Rekord-Entdeckung: Ultramassenreiches Schwarzes Loch gefunden - obwohl es "unsichtbar" ist
- Erstmals Eizellen aus männlichen Hautzellen geschaffen: Was das für die Medizin bedeutet
- Wie gestresst bist du? Studie zeigt: Stress lässt sich durch Computermaus und Tastatur messen
*Hinweis: In der Redaktion sind wir immer auf der Suche nach nützlichen Produkten für unsere Leser. Es handelt sich bei den in diesem Artikel bereitgestellten und mit einem Einkaufswagen-Symbol beziehungsweise einem Sternchen gekennzeichneten Links um sogenannte Affiliate-Links/Werbelinks. Wenn du auf einen dieser Links klickst bzw. darüber einkaufst, bekommen wir eine Provision vom Händler. Für dich ändert sich dadurch nichts am Preis. Unsere redaktionelle Berichterstattung ist grundsätzlich unabhängig vom Bestehen oder der Höhe einer Provision.