Restwasser im Wasserkocher landet meistens im Ausguss - so zumindest bei der Mehrheit der Deutschen: 59 Prozent der Bundesbürger scheuen abgestandenes Wasser und schütten es weg. Lieber füllen sie frisches Wasser in den Wasserkocher, statt das "alte" erneut aufzukochen. Sie fürchten sich vor Keimen und im Wasser gelösten Schadstoffen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage vom SGS Institut Fresenius.

Der Rest der Deutschen denkt darüber eher nicht nach - und kocht den Rest ein zweites oder sogar drittes Mal erneut auf. Die Sorgen vor abgestandenem Wasser kommen aber nicht von ungefähr. Hersteller warnen in den Bedienungsanleitungen der Wasserkocher explizit davor, Wasser mehr als einmal aufzukochen. Nur warum?

Wasser im Wasserkocher mehrfach aufkochen: Ist das ungesund?

Die größte Befürchtung der Befragten ist, dass sich gesundheitsschädliche Keime im Restwasser bilden könnten. Das ist tatsächlich der Fall, aber trotzdem kein Grund zur Sorge, bestätigt Markus Egert, Professor für Mikrobiologie und Hygiene an der Hochschule Furtwangen, gegenüber Öko-Test. "Im stehenden Wasser sammeln sich zwar schnell Bakterien an. Aber die Hitze, die beim Aufkochen im Wasserkocher entsteht, tötet sie ab." Es reiche sogar aus, das Wasser zwei bis drei Minuten auf 60 bis 70 Grad zu erhitzen, so Egert. Dann sterben die Bakterien ab.

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Von Herstellerseite gibt es jedoch zwei Gründe für den Warnhinweis in der Gebrauchsanweisung, berichtet die "Zeit". Der Harmlosere ist, dass beim Aufkochen des Wassers bestimmte Gase und Mineralien, die im Wasser gelöst sind, verschwinden.

Je öfter das Wasser gekocht wird, desto weniger Sauerstoff, Kohlendioxid, Calcium und Magnesium ist darin enthalten - und das kann den Geschmack beeinträchtigen. Wenn Tee oder gekochte Nudeln etwas fad schmecken, könnte es also tatsächlich am Wasser liegen. Das werden jedoch hauptsächlich Menschen mit sehr sensiblem Geschmackssinn merken.

Geschmack und Schadstoffe: Das kann beim Aufkochen von Restwasser passieren

Was vielleicht mehr stört, ist ein Geschmack nach Kalk. Dieser löst sich erst beim Aufkochen und setzt sich im Gerät ab. Wird das Wasser ein zweites Mal aufgekocht, kann es daher anders schmecken. Schädlich ist das aber nicht. "Kalk ist sehr gesund", sagt Egert. Trotzdem solltet ihr euren Wasserkocher regelmäßig entkalken. Die Ablagerungen sorgen dafür, dass das Gerät länger zum Erhitzen und damit mehr Energie braucht.

Rein chemisch passiert beim Kochen von Wasser also nicht viel, was den Konsumenten Sorgen machen müsste: Gelöste Gase wie Sauerstoff und Kohlendioxid werden entfernt. Ein Teil des gelösten Kalks fällt dabei aus und setzt sich am Boden des Kochgefäßes ab. Wohlgemerkt, das passiert schon beim ersten Kochen - danach tut sich nicht mehr viel, egal, ob man das Wasser zweimal, dreimal oder zehnmal kocht. Nicht nur beim Aufkochen von Wasser gibt es etwas zu beachten: Auch beim Trinken von Tee, Wasser, Kaffee und Co. gibt es Angewohnheiten, die dem Körper schaden können.

Der zweite und wohl wichtigere Grund für den Hinweis in der Anleitung sind mögliche Schadstoffe. So kann es vorkommen, wenn das Wasser lange steht, dass Stoffe vom Gerät ins Wasser übergehen. Zu nennen sind hier besonders zwei Stoffe. Kocher aus Edelstahl können Spuren von Nickel ans Wasser abgeben, auf das manche Menschen allergisch reagieren. Ist der Wasserkocher aus Kunststoff, dann wurden teils Weichmacher wie Bisphenol A (BPA) oder Mikroplastik im Wasser gefunden. BPA steht im Verdacht, sich auf den Hormonhaushalt des Menschen auszuwirken. Es kommt aber auch hier auf die Menge an.

Bisphenol A - gefährlich oder nicht?

Nachdem einige Wasserkocher vor wenigen Jahren noch schlechte Umweltnoten bekommen hatten, scheinen die Hersteller aber nachgebessert zu haben: Auch nach 24-stündiger Standzeit fand die Stiftung Warentest in keinem der 18 untersuchten Geräte Schadstoffspuren, die über den gesetzlichen Grenzwerten lagen. Alle bekamen mindestens ein "Befriedigend" in der Gesundheitskategorie.

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Auch Öko-Test hat 15 Wasserkocher getestet und konnte dabei keinen nennenswerten Schadstoffgehalt im Wasser entdecken. Nur ein Gerät - ein Wasserkocher der Lidl-Marke Silvercrest - wurde bemängelt, weil zu viel Nickel ins Wasser abgegeben wurde. Nickel ist für gesunde Menschen kein Problem, bei Allergikern können aber schon kleine Mengen für eine Reaktion ausreichen. 

Und was ist mit dem vermutlich gefährlichen BPA? "Chemische Substanzen wie BPA werden nicht in bedenklichen Mengen über das Wasser im Wasserkocher aufgenommen. Problematischer ist die direkte Aufnahme über den Speichel, wie das etwa bei Schnullern der Fall ist", so der wissenschaftliche Direktor für Wasserchemie am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wasserforschung (IWW), Torsten Schmidt im Gespräch mit Öko-Test. Dabei spiele es auch kaum eine Rolle, wie lange das Wasser im Kocher bleibt. Die Sorge um Schadstoffe im Wasserkocher ist somit unbegründet.

Was tun gegen Schadstoffe im Wasserkocher?

Laut Schmidt ist es dagegen wichtiger, den Wasserkocher vor der ersten Benutzung mit heißem Wasser zu reinigen. "Dadurch werden zum Beispiel oberflächlich anhaftende Stoffe größtenteils beseitigt", sagt der Experte. In diesem Fall sollte das aufgekochte Wasser aber wirklich weggeschüttet werden.

Was jedoch relativ häufig nachgewiesen werden konnte, war Mikroplastik im Wasser. Das war auch bei Geräten der Fall, die nicht komplett aus Kunststoff bestehen. Kleinere Plastikteile am Gerät wie der Deckel reichen dafür bereits aus. Das Mikroplastik entsteht durch die Abreibung der Plastikbestandteile beim Gebrauch. "Mikroplastik ist allgegenwärtig. Was das auf Dauer für unsere Gesundheit bedeutet, ist noch ungeklärt", so die Fachleute von Öko-Test.

Wer in Sachen Schadstoffe lieber auf Nummer sicher gehen will, sollte sich besser einen hochwertigen und möglichst plastikarmen Wasserkocher zulegen. Das Institut Fresenius empfiehlt, auf das "GS"-Siegel zu achten, das für "geprüfte Sicherheit" steht. Das Siegel bescheinigt, dass ein Produkt dem deutschen Produktionssicherheitsgesetz entspricht. Es soll mehr Sicherheit bieten als das CE-Zeichen der EU. Denn dieses wird meist von den Herstellern selbst angebracht. Das "GS"-Siegel ist dagegen freiwillig und mit Kosten für die Firmen verbunden. Die Produkte werden dann von einer unabhängigen Prüfstelle regelmäßig untersucht. Unter anderem wird dabei der Kunststoff geprüft, das Material darf keine Schadstoffe ins Wasser abgeben.

Du willst trotz alledem abgestandenes Wasser nicht nochmal aufkochen? Kein Problem, aber wegschütten musst du es nicht. "Aus energetischer Sicht wäre das eine Verschwendung", sagt Hygieniker Markus Egert. Stattdessen kannst du es zum Beispiel in einer Gießkanne sammeln und deine Pflanzen damit gießen.

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