"Wir hegen jetzt große Hoffnung, dass die Dinge, die geplant sind, auch umgesetzt werden", sagt Joachim Kastner im Gespräch mit inFranken.de. Kastner ist Kreisvorsitzender der Dehoga Bamberg, leitet mit dem Hotel Schloss Burgellern selbst eine Gastronomie in Scheßlitz (Kreis Bamberg). Dass SPD und Union in ihrem Koalitionsvertrag ab dem 1. Januar 2026 eine Mehrwertsteuersenkung von 19 auf sieben Prozent für die Gastronomie versprechen, stimme viele Wirte in der Region zuversichtlich.
Denn die Zeiten seien derzeit alles andere als rosig: Die Kosten für Einkauf, Personal und Energie seien massiv gestiegen, gleichzeitig spüre man bei den Gästen eine deutliche Zurückhaltung, was den Besuch von Gastronomiebetrieben angehe. "Da stoßen wir im Moment wirklich an unsere Grenzen, dass man das noch finanzieren kann", betont Kastner. Dass die Steuersenkung auch bei den Gästen ankomme, hält er für ausgeschlossen. Laut einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa rechnet genau damit jedoch rund jeder Zweite.
"Glaube nicht, dass das irgendjemand weitergeben kann" - Wirt aus Kreis Bamberg spricht Klartext
"Wir versuchen natürlich, entsprechende Senkungen weiterzugeben. Aber wenn ich allein die Steigerungen der Einkaufspreise in diesem Jahr betrachte, glaube ich nicht, dass das irgendjemand weitergeben kann", stellt Kastner klar. Es gehe viel mehr darum, dass Betriebe durch die Maßnahme, "wieder mehr Luft holen" könnten. Denn in der Gastronomie noch Geld zu verdienen, sei laut dem Gastronomen mittlerweile schwierig: "Die Kostensteigerungen sind fatal, wir kommen mit den Preiserhöhungen kaum mehr hinterher."
Während der Corona-Pandemie hatte es eine entsprechende Steuersenkung bereits gegeben - und auch Wirte in der Region, die sich entschieden, diese zu hundert Prozent an die Gäste weiterzugeben. Viele habe das jedoch die Existenz gekostet, da sie selbst draufzahlen und schließlich aufgeben mussten, resümiert Kastner. Er macht deshalb deutlich: Dass die erneute Steuersenkung bei den Kunden ankommt, "wird nicht passieren".
Kastner hebt auch einen anderen Punkt hervor: "Was viele nicht verstehen: Es geht um eine Gerechtigkeitslücke." Denn während in Gasthäusern und Restaurants der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent gelte, würden To-Go-Gerichte beispielsweise bei Imbissbuden oder Fast-Food-Ketten auch aktuell schon mit sieben Prozent besteuert. Fair finden das viele Wirte nicht. "Wir brauchen diese Mehrwertsteuersenkung, damit wir in Konkurrenz mit To Go überhaupt noch überleben", betont Kastner. Einige Wirte in der Region hätten ihr Mittagsgeschäft bereits einstellen müssen, "weil einfach niemand mehr kommt".
Beispielrechnung zeigt: Wirte können mit To-Go-Angebot kaum konkurrieren
Der Wirt verdeutlicht die Problematik anhand einer Beispielrechnung, in der die Kosten für eine Pizza To Go und jene für ein Schweineschnitzel vor Ort verglichen werden - auch wenn das natürlich in der Realität nur bedingt möglich sei. Gehe man bei beiden Gerichten von einem Bruttopreis von 15 Euro aus, blieben beim Schweinschnitzel gerade einmal 1,21 Euro Gewinn - bei der Pizza hingegen 9,22 Euro.
Die Rechnung sieht dafür folgendermaßen aus: Vom Schweineschnitzel würden die Mehrwertsteuer von 19 Prozent, der Wareneinsatz (3,50 Euro), Personalkosten (5 Euro), Energiekosten (80 Cent), Pacht (2 Euro) und Marketingkosten (10 Cent) abgezogen.
Bei der Pizza To Go fallen ähnliche Posten an, allerdings in ganz anderer Höhe: Mehrwertsteuer (7 Prozent), Wareneinsatz (1,50 Euro), Personalkosten (1,50 Euro), Energiekosten (30 Cent) sowie Pacht, Marketing und Verpackungskosten (jeweils 50 Cent) vielen aufgrund anderer Gegebenheiten deutlich geringer aus. Entsprechend schwierig sei es für Gaststätten mit To-Go-Angeboten zu konkurrieren.
Neben Steuersenkung: Diese Maßnahmen sind für die Gastro wichtig
Von der neuen Regierung erhofft Kastner sich aber nicht nur die Mehrwertsteuersenkung - schließlich seien noch mehr Maßnahmen versprochen worden, welche die Wirte potenziell entlasten könnten. Eine davon: flexiblere Arbeitszeiten. Denn laut dem Koalitionsvertrag soll es künftig möglich sein, die maximale Arbeitszeit nicht mehr täglich, sondern wöchentlich zu berechnen.
Für die Branche wäre das laut Kastner ein Gewinn. "Wir haben oft große Probleme bei Hochzeiten oder Familienfeiern, wenn wir das Personal nach zehn Stunden heimschicken müssen", erzählt er. Denn genug Personal für zwei Schichten stehe mittlerweile nicht mehr zur Verfügung - zudem sei der Gast nicht bereit, diesen Aufpreis zu zahlen. Entsprechend müssten Feiern oft früher beendet werden. Dabei sei es laut dem Gastronomen auch ein Wunsch vieler Arbeitnehmer, mehr Stunden pro Tag, und dafür weniger Tage pro Woche arbeiten zu können.
Auch der geplante Bürokratieabbau könnte für die Branche eine große Entlastung darstellen. Kastner ist sich jedoch bewusst: Bisher sind das alles nur Versprechungen. "Es sind schonmal die richtigen Regeln, aber wir wissen ja alle nicht, ob es wirklich so kommt. Da müssen wir erst einmal abwarten", sagt er. Aktuell freue man sich jedoch, dass mit dem besseren Wetter auch wieder mehr Gäste kommen. "Wir sehen es in Bamberg, wie viel da los ist, wenn das Wetter gut ist - das muss in anderen fränkischen Städten auch passieren", betont Kastner. Bamberg habe vor allem bei Touristen jedoch eine Sonderstellung.