Es wirkt wie Betrug: Einem Mann werden in seiner eigenen Wohnung zwei Bücher zum Preis von knapp 55.000 Euro verkauft. Der Händler vermittelt dem Bewohner zusätzlich die Finanzierung des Kaufs, den er sich eigentlich nicht leisten kann. Nach einer Anzahlung von über 5000 Euro erhält der Mann das erste Buch, das sich laut Schilderung des Landgerichts Bamberg allerdings lediglich durch die "betont pompöse" Aufmachung von einem handelsüblichen Industrieprodukt unterscheidet. Daraufhin wird der Mann auf die restlichen rund 50.000 Euro verklagt.

Bei derartigen Geschichten handelt es sich dem Gericht zufolge keineswegs um Einzelfälle. Stattdessen sei diese Vorgehensweise Teil einer weitverbreiteten Verkaufsstrategie, bei denen Verkäufer an die Haustür potenzieller Kunden klopfen und Bücher anbieten, die angeblich einen besonders hohen Wert oder einen besonderen Nutzen aufweisen sollen wie seltene Sammlerstücke, wertvolle Fachliteratur oder exklusive Editionen. Und auch die vorliegende Geschichte ist kein schlechtes Beispiel, sondern entstammt einer aktuellen Fallschilderung des Bamberger Landgerichts von Freitag (30. Mai 2025) 

"Dem Beklagten fehlte das Geld": Bamberger Landgericht schildert perfide Verkaufsstrategie

Wie das Landgericht Bamberg erklärt, habe der besagte Mann im Jahr 2021 bei einem sogenannten "Haustürgeschäft" zwei Bücher zu einem Gesamtpreis von 54.996 Euro bei einem Handelsvertreter der Klägerin erworben. Dabei handelte es sich demnach um zwei Bücher mit den Titeln "Meisterwerke der Welt II Platinum Edition streng limitiert 999 Exemplare" (MWW II) und "Meisterwerke der Welt III Platinum Edition streng limitiert 999 Exemplare" (MWW III). 

"Daneben wurde durch die Klägerin auch die teilweise Finanzierung des Kaufpreises vermittelt, da dem Beklagten das nötige Geld fehlte", heißt es vonseiten des Bamberger Landgerichts. Nachdem der Mann eine Anzahlung in Höhe von 5250 Euro gezahlt hatte, wurde ihm das Buch MWW III geliefert. Anschließend verklagte ihn die Verkäuferin der Bücher und verlangte die Zahlung weiterer Raten von jeweils 3200 Euro.

Der Mann hatte allerdings demnach zwischenzeitlich den Widerruf des Kaufvertrages erklärt und bestand in seiner Widerklage schließlich auf die Rückzahlung seiner Anzahlung in Höhe von 5250 Euro gegen die Rückgabe des Buches. Im Rahmen des Prozesses wurde das Buch in Augenschein genommen - und das Urteil der 2. Zivilkammer des Bamberger Landgerichts fällt eindeutig aus. Derweil ist ein neues Sofa für eine Familie zur "psychischen Belastung" geworden, weshalb sich die Mutter verzweifelt an unsere Redaktion gewandt hat. 

25.000 Euro für ein Buch - das sagt die Zivilkammer über MWW III

Das Landgericht Bamberg konnte "im Rahmen des Augenscheins auch ohne Inanspruchnahme sachverständiger Beratung zweifelsfrei feststellen", dass es sich bei dem Buch MWW III um kein Exemplar von besonderem Wert handelt. Stattdessen unterscheidet es sich demnach nur in einer Sache von Büchern, die im Handel für "einen kleinen Bruchteil" des verlangten Preises zu erwerben sind, lediglich durch eine Sache, nämlich die "betont pompöse, nicht vorhandene Wertigkeit suggerierende Aufmachung", urteilt die zuständige Zivilkammer.

Ausschlaggebend für diese Einschätzung seien beispielsweise die Bezeichnung als "Platinum Edition" oder die "strenge Limitierung" - "und zwar unabhängig davon, ob diese tatsächlich eingehalten wird oder nicht", so die Kammer. Weitere Gründe seien die "Auslieferung mit einem beliebig ausstellbaren 'Zertifikat' und einer mit dem Kundennamen gravierten Plakette" sowie nicht zuletzt die Buchbindung.

 Das Buch wurde demnach mit Schrauben versehen, "die offenbar den Anschein altertümlicher Handwerkskunst erwecken sollen, aber, wie festgestellt wurde, ein Aufblättern des Buchs und damit dessen bestimmungsgemäßen Gebrauch letztlich unmöglich machen". Demnach handele es sich schlichtweg um "Bücher mit industriell hergestellten Abbildungen von Gemälden". Den von der Klägerin verlangten Preis von rund 25.000 Euro wertet die Kammer als "krass überhöht". 

Noch nicht rechtskräftig: Urteil des Bamberger Landgerichts fällt jedoch eindeutig aus

Nach Ansicht der 2. Zivilkammer hat der Mann zunächst den Kaufvertrag wirksam widerrufen, da es sich bei der Vereinbarung zum einen um einen "Verbraucherdarlehensvertrag" und zum anderen um ein "Haustürgeschäft" gehandelt habe. Das Rechtsgeschäft gestalte sich "wucherähnlich" und sei damit "nichtig". Der Beklagte sei außerdem nicht ausreichend über sein Widerrufsrecht belehrt worden, während die Klägerin seine "Schwäche des Urteilsvermögens" ausgenutzt habe.

Diese Schwäche ergebe sich daraus, dass der Mann "allen Ernstes angab, er habe gehofft, mit dem größtenteils kreditfinanzierten Erwerb von zwei (weitestgehend wertlosen) Büchern zum Preis von rund 55.000 Euro ein 'großes Geschäft' machen zu können", zitiert das Landgericht Bamberg die Ausführungen der 2. Zivilkammer. 

Das Landgericht Bamberg hat im Dezember 2023 eine erstinstanzliche Entscheidung gefällt: Die Klage auf weitere Zahlungen der Kaufpreisraten durch den Mann wurde abgewiesen. Stattdessen wurde die Klägerin dazu verurteilt, dem Beklagten die bereits geleistete Anzahlung in Höhe von 5250 Euro gegen Rückgabe des Buches zurückzuzahlen. Das Urteil sei allerdings noch nicht rechtskräftig, sondern liege mittlerweile dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung vor. Mehr Nachrichten aus Bamberg findest du in unserem Lokalressort.