Fitnessstudios sind dicht, Sportkurse dürfen höchstens digital stattfinden und Amateur-Sportvereine dürfen aktuell nicht trainieren: Die Sportlandschaft in Deutschland ist während des November Teil-Lockdowns eher trist und monoton wie das Wetter im November. "Mich nervt es, dass der Sport aktuell über einen Kamm geschoren wird", sagt Jörg Oberle. Der Personal-Trainer aus Aschaffenburg musste seinen Club für Functional Training schließen und teilt damit das Schicksal vieler anderer Studiobetreiber in Deutschland.

Da Kosten für Miete und Lebensunterhalt aber trotz Lockdown weiterlaufen, musste sich der Personal-Trainer etwas überlegen. Aber nicht nur das Geld war sein Antrieb: "Ich habe über Monate mit meinen Sportlern etwas aufgebaut, viele haben gesundheitliche Probleme. Die können jetzt nicht einfach aufhören", sagt Oberle im Gespräch mit inFranken.de. "Ich betreue einen Mann, der ist mit 216 Kilo Körpergewicht zu mir gekommen. Jetzt stehen wir gerade bei 154 Kilogramm - wenn wir da jetzt nicht weitermachen, war alles umsonst'", so Oberle. "Dann fällt er wieder in seine Muster zurück." Er geht nicht davon aus, dass er vor Ende Januar wieder öffnen darf - "das wäre für viele meiner Sportler das Ende des Trainings", prophezeit er. Das aktuelle Sport-Verbot findet er fahrlässig.

Fitness auf dem Parkplatz: Kreative Idee gegen das Sport-Verbot

Vielen seiner Kunden fehle oft der eigene Antrieb, sich jetzt selbst sportlich zu betätigen, meint er. Nach einer langen Trainingspause würden viele gar nicht mehr anfangen, befürchtet er. Da will er trotz Lockdown weiterhelfen: "Und da sehe ich das als einzige Möglichkeit - und sie funktioniert." Nach den Herbst-Ferien in Bayern startete Jörg Oberle mit seinem Fitness-Käfig: draußen, auf dem Parkplatz seines FT-Clubs und eingerahmt von Bauzäunen. "Ich habe mir die Corona-Regeln genau durchgelesen: Zwei Haushalte dürfen zusammen trainieren", sagt er stolz am Telefon. Und das machen seine Kunden jetzt auch bei ihm an der frischen Luft.

Eine Einheit dauert 40 Minuten, alles durchgetaktet mit einem Trainingsplan von Oberle selbst. Zusammen trainieren dürfen aktuell maximal zwei Haushalte mit maximal zehn Menschen. "Das ist dann eine Familie aus Vater-Mutter-Kind oder zwei Freunde", beschreibt er die verschiedenen Konstellationen. Seine Kunden seien happy, dass sie wieder trainieren können, meint er. Und die Anwohner? Schließlich, so erzählt er, befinden sich in dem Haus, in dem sein Studio ist, stolze 107 Wohneinheiten. "Da ist alles gut", sagt er. "Am Abend passen wir das Training an. Dann gibt es keine laute Musik mehr und auch keine lauten Einheiten mehr", so Oberle.

Eine Mutter hatte den Fitness-Coach sogar darum gebeten: "Sie legt ihr Kind um 19 Uhr schlafen - darauf nehmen wir natürlich Rücksicht und passen das Training dann an." Von 6.30 Uhr bis etwa 22 Uhr bietet er die "Parkplatz-Kurse" an. Den "Cage", wie er die umzäunte Trainingsfläche nennt, darf und will Jörg Oberle nicht betreten. "Ich wäre dann der dritte Haushalt", sagt er. Er steht außerhalb, gibt aber trotzdem Hilfe und korrigiere bei falscher Ausführung der Einheiten.

Fitnessstudio gibt Kurse auf Parkplatz: "Alles eine Frage der Kleidung"

Wie lange er seine Kurse im Freien noch anbieten kann und will? Da Oberle über jahrelange Outdoor-Fitness-Erfahrung verfügt, will er das bis zur Wiedereröffnung der Fitnessstudios durchziehen. In den letzten sieben Jahren habe er lediglich drei seiner zahlreichen Outdoor-Veranstaltungen abgesagt, meint er - und das, weil es stürmte oder gewitterte. "Es ist alles eine Frage der Klamotten: Die Zwiebeltechnik ist auch hier am besten", rät der lizenzierte Fitness-Coach.

Damit er in Zukunft auch wetterunabhängig zum Beispiel Übungen am Boden anbieten kann, hat Oberle eine Anfrage im Rathaus gestellt. Er möchte einen Regenschutz über seinen Käfig anbringen. Die Antwort steht aus - er gehe aber von einem positiven Signal aus. "Dach darf man ja nicht sagen", meint er. "Sonst sind wir wieder ruckzuck bei Indoor-Sport." Und der ist aktuell ja verboten.

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