Wenn Ralf Stegner sich in Rage redet, ist er nur schwer zu stoppen. Dabei hatte Maybrit Illner (ZDF) ihre Gäste zur Einschätzung des Nato-Papiers gebeten, in dem von einem möglichen Angriff Russlands auf Europa ab 2029 die Rede ist. Doch so weit kam es nicht: "Es ist ein politisches Datum, ein rein politisches Datum", widersprach Rüstungsmanagerin Susanne Wiegand, und der deutsch-amerikanische Wirtschaftswissenschafter Rüdiger Bachmann von der Universität von Michigan sah das genauso. Stegner übertönte beide: "Nein, es ist eine Einschätzung der Geheimdienste", wusste er, weil er selbst den parlamentarischen Kontrollgremien angehört hätte. Es sei eine Einschätzung, dass die Russen die Fähigkeit haben könnten - so sei die Formulierung - möglicherweise bis 2029 in der Lage zu sein anzugreifen.

"Daraus dann zu machen 'Das glaube ich gar nicht, der Russe kommt früher' - und ich will mal sagen, bei uns entscheiden das nicht die Rüstungsindustrie", hatte er in Wiegand gleich den Feind auserkoren, "sondern das entscheidet schon das Parlament und die Politik und das ist auch gut so." Doch Wiegand warf sofort ein: "Dass der Putin kommt, das entscheidet das Parlament? Das entscheidet Putin allein...", höhnte sie.

"Nein, was wir machen", fiel ihr Stegner sofort ins Wort, "das entscheiden nicht die Russen, Gott sei Dank, sondern das entscheidet die Politik." Die Behauptung, er (Anm.: Putin) würde als Nächstes die Nato angreifen spätestens 2029 - das ist die eine Sache. Aber so zu tun, als müsse man sich auf den Krieg vorbereiten oder gar vom letzten Friedenssommer zu sprechen, der Landkrieg käme und die Wehrpflicht sowieso, das sei seiner Ansicht nach nicht die richtige Haltung. "Unser Auftrag ist dafür zu sorgen, dass das verhindert wird", wiederholte er etwas, das er bereits mehrfach gesagt hatte.

"Aber es ist doch besser darauf gut vorbereitet zu sein", argumentierte Wiegand, und auch die anderen Gäste redeten wild durcheinander und auf Stegner ein. Man solle nicht die Augen verschließen, war noch zu vernehmen. Das wollte sich Stegner nicht sagen lassen: "Ich verschließe nicht die Augen", widersprach er vehement.