Das deutsche Schulsystem steht seit Jahren in der Kritik. Nicht nur fehlende Lehrkräfte, sondern auch marode Schulgebäude, veraltete Strukturen und fehlende Digitalisierung gehören landesweit zum Alltag vieler Schüler. Grund genug für Markus Lanz, am Dienstagabend in seiner Sendung zu fragen: "Welche Note würden Sie dem deutschen Schulsystem geben?" Barbara Mächtle, die Leiterin der berüchtigten Ludwigshafener Gräfenau-Schule, erläuterte mit ernster Miene: "Ein Ausreichend im Moment." Auch SPD-Lokalpolitiker Steffen Burchhardt bezeichnete "die Gesamtsituation" als "bedenklich". Der ZDF-Moderator konterte schockiert: "Wir haben offensichtlich ein strukturelles Thema."

Lanz erinnerte in dem Zusammenhang an eine Meldung aus der Ludwigshafener Gräfenau-Schule, die 2023 viele fassungslos machte. Darin hieß es, dass insgesamt 40 Kinder die erste Klasse wiederholen mussten. "Deutschlandweit verlassen mittlerweile über 60.000 Schüler die Schulen ohne Abschluss", ergänzte Lanz energisch. Barbara Mächtle nickte und fügte hinzu: "Wen wir in der Grundschule nicht auffangen können, der ist in den allermeisten Fällen wirklich verloren und geht dann ohne Abschluss weiter - und auch ohne Perspektive." Der Berliner Schulleiter Engin Çatik erklärte zudem, dass man "die Defizite im Prinzip gar nicht mehr aufholen" könne. Ein besonderes Augenmerk legte Çatik dabei auf die fehlenden Deutsch-Kenntnisse vieler Schüler. "Sprache ist fundamental", so der Schulleiter, der deutlich machte, dass mit einem Sprachdefizit "der Misserfolg vorprogrammiert" sei.

Markus Lanz: "Wie oft haben Sie an Ihrer Schule die Hurensohn-Diskussion?"

Lanz wollte daraufhin von Barbara Mächtle wissen: "Ist es zutreffend, dass von aktuell 459 Kindern an Ihrer Schule 447 Migrationshintergrund haben? Also 97 Prozent?" Die Schulleiterin nickte: "Das stimmt." Mächtle offenbarte, dass die "Vielfalt der Sprache" oftmals "den Schulalltag durchaus schwer" mache, denn "es dauert einfach alles länger". Barbara Mächtle ergänzte, dass Lehrkräfte deshalb häufig "wirklich neue Wege finden" müssten, um allen Kindern gerecht zu werden.

Eine Herausforderung, die Markus Lanz emotional werden ließ: "Mir tut das richtig weh. Ich sehe diese Kinder, das sind süße Kinder. Die sind nicht dümmer als deutsche Kinder. Das sind großartige Schwämme, die alles aufsaugen. Aus denen könnte man richtig was machen und dann werden die in ein System reingepackt, das offensichtlich dysfunktional ist. Das ist ein Skandal!"

Engin Çatik gab daraufhin zu: "Das macht uns alle traurig." Er ergänzte nachdenklich: "Jetzt ist die Frage, was muss das System leisten, um eben diese Schülerinnen und Schüler schon auf die erste Klasse vorzubereiten?" Barbara Mächtle forderte prompt eine Kindergartenpflicht und sagte, dass diese "strukturell" bei der Eingewöhnung helfen könnte: "In meinen Augen wäre das viel wert - sprachlich natürlich auch."

Die Schülerlandschaft werde immer schwieriger, so Mächtle: "Jedes Kind bringt sein eigenes Päckchen mit. Jedes Kind braucht mehr Zuwendung", erklärte die Schulleiterin. Einige litten unter dem Sprachproblem, "andere Kinder haben Traumata aus Fluchterlebnissen aufzuarbeiten." Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte: "Wie oft haben Sie an Ihrer Schule die Hurensohn-Diskussion?" Die Ludwigshafener Schulleiterin reagierte prompt: "Oft! Ich kläre auch tatsächlich regelmäßig Schüler bei mir im Büro auf, was eine Hure ist, (...) was ein Wichser ist, was Ficken bedeutet. Das volle Programm."

SPD-Lokalpolitiker Steffen Burchhardt warnt vor einem "sehr großen Lehrermangel"

Mit ihrer Ehrlichkeit sorgte Barbara Mächtle erneut für Fassungslosigkeit bei Lanz. Er sagte kopfschüttelnd: "Wahnsinn!" Als Mächtle aus diesem Grund für mehr Lehrkräfte und kleinere Schulklassen plädierte, meldete sich SPD-Politiker Steffen Burchhardt sorgenvoll zu Wort. Mit Blick auf Sachsen-Anhalt erläuterte er, wie prekär der Lehrermangel mittlerweile zu sein scheint, denn: "Wir haben tatsächlich an den Schulen einen sehr großen Lehrermangel. Momentan laufen etwa 1.000 bis 1.500 Stellenausschreibungen." Man suche gerade "händeringend" nach Personal. Angesichts der vielen Baustellen und Probleme blieb Markus Lanz am Ende der Sendung daher nicht mehr zu sagen als: "Das bleibt eine Mammutaufgabe, das habe ich heute verstanden."