Das neue "Tatort"-Team des innovationsfreudigen Hessischen Rundfunks nimmt seine Arbeit auf. Als Nachfolger von Wolfram Koch und Margarita Broich arbeiten ab sofort Melika Foroutan und Edin Hasanovic als Ermittler Maryam Azadi und Hamza Kulina im Keller des Frankfurter Polizeipräsidiums an Altfällen.
Im "Tatort: Dunkelheit", der am Sonntag (5. Oktober 2025) zur besten Sendezeit über die Bildschirme geflimmert ist, kommen sie einem Serienkiller auf die Spur. Dieser mordete sich seit den 70ern durch die Jahrzehnte.
Worum geht es im neuen Frankfurter "Tatort"?
Der ziemlich unglaubliche erste Fall von Azadi und Kulina hat ein wahres Vorbild, das True Crime-Fachleute kennen könnten. Doch wer war der im Krimi als Main-Ripper bezeichnete Serientäter wirklich? Und geht es im Altfälle-Keller demnächst so ähnlich weiter?
Als Michaela Zeller (Anna Drexler) den Nachlass ihres verstorbenen Vaters in einer Garage sichtet, macht sie einen grausigen Fund. Er ruft die Ermittler Maryam Azadi (Melika Foroutan) und Hamza Kulina (Edin Hasanovic) auf den Plan, die sich im Keller des Frankfurter Polizeipräsidiums mit Altfällen beschäftigen.
War Michaela Zellers scheinbar harmloser Vater ein Serienkiller? Einer, der über Jahrzehnte sein Unwesen in Frankfurt und Umgebung trieb? In akribischer Kleinarbeit setzen Azadi und Kulina Puzzleteile alter Fälle zusammen und finden so immer mehr ungeklärte Mordfälle, auf die das Leben und Wirken des als Serienkiller verdächtigen Mannes passen.
Keine "frischen" Morde - Tatort geht neuen Weg
Mit dem neuen Hessen-Team geht die Kultreihe "Tatort" einen neuen Weg. Keine "frischen" Morde werden gelöst, sondern ungeklärte Altfälle, zu denen sich in der Gegenwart neue Spuren ergeben. Und noch etwas macht der Krimi anders: Regisseur Stefan Schaller (auch Drehbuch) konzentriert sich mit seinen Co-Autoren Erol Yesilkaya und Senad Halilbašić deutlich stärker auf Opfer der Kriminalfälle und ihre Angehörigen als auf den diabolischen Täter hinter der Maske des Jedermanns.
Ein Schritt, den man von Krimischaffenden schon lange fordert, die den Tätern - siehe die Netflix-Reihe "Monster" - zu viel Prominenz schenkt. So sehen es jedenfalls Kritiker des herkömmlichen Krimi-Prinzips.
Im neuen "Tatort" gibt es sehr berührende Szenen mit Umarmungen trauernder Eltern und Partner, die nun endlich erfahren, was aus ihren geliebten Menschen - Opfer eines über Jahrzehnte aktiven Serientäters - geworden ist. Die Idee mit der Abteilung für Altfälle ist freilich nicht neu. Ebenfalls bei Netflix startete 2025 die gelobte englischsprachige Serie "Dept. Q", die wiederum auf einer dänischen Filmreihe nach Jussi Adler-Olsen beruht. Auch hier wird an Altfällen gearbeitet.
Welcher wahre Fall liegt der Geschichte zugrunde?
"Tatort: Dunkelheit" erinnert deutlich an die wahre Geschichte von Manfred Seel, geboren 1946 in Königstein im Taunus. Auch er wurde nach seinem Ableben 2014 als mutmaßlicher Serienmörder enttarnt und von der Presse "Hessen-Ripper" oder "Jack the Ripper von Schwalbach" getauft. Im Rhein-Main-Gebiet soll er zwischen 1971 und 2004 mindestens fünf Morde begangen haben, weitere Taten sind nicht ausgeschlossen.
Seine Opfer: meist Frauen aus dem Rotlichtmilieu. Das schockierende Geheimnis eines Mannes wurde erst nach seinem Tod gelüftet: In einer gemieteten Garage entdeckte seine Tochter, wie im Krimi, verstümmelte menschliche Überreste, die in Fässern versteckt waren. Es gibt Indizien, dass er den Opfern Organe oder Körperteile als "Trophäen" entnahm.
Wie im "Tatort" informierte auch im zugrunde liegenden Kriminalfall des "Main-Rippers" die Tochter des Killers die Polizei, was schließlich die Ermittlungen in Gang setzte. Seel führte vor seinem Tode ein scheinbar unauffälliges bürgerliches Leben, hatte Familie und war musikalisch aktiv.
Sind die Schauspieler wirklich Iranerin und Bosnier?
Kommissarin Azadi hat einen persischen Hintergrund, Kollege Kulina ist Bosnier. Regelmäßig besucht er seine alleinstehende Mutter Emina (Gordana Boban), die schon lange um Hamza Kulinas älteren Bruder trauert. In diesen Szenen wird untertiteltes Bosnisch gesprochen. Die Ermittlerrollen stimmen mit der Herkunft der Schauspieler überein. Melika Foroutan wurde 1976 in Teheran geboren. Ihr Vater ist Iraner, die Mutter Deutsche. Nach der iranischen Revolution und der Machtübernahme durch Ajatollah Chomeini floh Familie Foroutan nach Deutschland.
Auch Edin Hasanovic brachte die Flucht von Bosnien nach Deutschland. Er kam 1992 in Zvornik, Republik Bosnien und Herzegowina, zur Welt. Der kleine Edin war erst wenige Monate alt, als seine Mutter wegen des Bosnien-Krieges mit ihrem Kind nach Deutschland floh. 2011 legte er an der Heinrich-Schliemann-Oberschule in Berlin-Prenzlauer Berg sein Abitur ab. Mittlerweile gehört Hasanovic (Grimme-Preis 2020 für die Hip-Hop-Serie "Skylines") zu den gefragtesten deutschen Schauspielern. Zudem moderiert er eine Late-Night-Show bei ZDFneo ("Edin Neo Night").
Die ZDF-Serie "KDD - Kriminaldauerdienst" führte die beiden Schauspieler Melika Foroutan und Edin Hasanovic schon einmal zusammen - allerdings unter unterschiedlichen Vorzeichen. Drei Staffeln der damals sehr innovativen und heute als Meilenstein des deutschen Serienfernsehens geltende Polizeiserie wurden zwischen 2007 und 2010 gedreht. Damals im Cast von "KDD": Melika Foroutan als junge Kommissarin in ihrer ersten großen TV-Hauptrolle. Dazu als schauspielerischer Laie mit dabei: Edin Hasanovic, heute 33, als jugendlicher Straftäter mit gutem Kern. Im Interview mit teleschau erinnert sich Melika Foroutan (49): "Als ich Edin kennengelernt habe, war er zwölf Jahre alt. Es war die erste Staffel 'KDD'. Wir haben vier Jahre gedreht, am Ende war er wahrscheinlich 16 Jahre alt. Er ist vor der Kamera zum Teenager geworden."
Wie geht es mit dem Frankfurter "Tatort" weiter?
Wem das neue Ermittler-Duo und sein Konzept gefallen haben, darf sich doppelt freuen. Zum einen darüber, dass Azadi und Kulina bereits in wenigen Wochen zurückkehren. Auch ihren erzählerischen Ansatz führen sie erst mal weiter fort.
Im Interview mit teleschau verriet Melika Foroutan: "Wir haben bisher drei Fälle abgedreht, die dem Konzept treu bleiben. Film zwei läuft bereits am letzten Sonntag im November. Der vierte und fünfte Fall befinden sich in Entwicklung. Wie es aussieht, folgen auch diese Geschichten dem Prinzip Altfälle."
Der erste neue Frankfurt-"Tatort" ist auf jeden Fall sehr erfolgreich gestartet. Am Sonntagabend (5. Oktober 2025) schalteten um 20.15 Uhr 8,8 Millionen Zuschauer ein, was einem Gesamtpublikum (ab drei Jahren) von 33,7 Prozent entspricht. Damit ist "Dunkelheit" der klare Gewinner des Tages.