Das Attentat auf den rechten US-Aktivisten Charlie Kirk schlägt weiter hohe Wellen. In der neuen Folge des Podcasts "Lanz & Precht" zählt Markus Lanz einige vergleichbare Fälle der vergangenen Jahre auf, unter anderem den Schusswaffenanschlag auf Donald Trump 2024, und stellt die Frage: "Ist das der Blick in einen neuen Abgrund, der sich gerade auftut oder ist das historisch betrachtet etwas, was wir eigentlich kennen?"

Sein Podcast-Partner, Richard David Precht, neigt zu Letzterem: "Immer, wenn sich große Modernisierungsbewegungen in einer Gesellschaft ereignen, gibt es ein Rollback, und dann gibt es auch eine zunehmende Aggression, eine Verhärtung der Lage und quasi ein Ende der politischen Kultur, die dann wirklich durch Gewalt ersetzt wird." Es sei ein Versuch, "mit Morden und allem, was dazu gehört", die Modernisierung aufzuhalten.

Precht: "Die klassische Blaupause ist immer noch, dass ein Rechter einen Linken erschießt"

Der Philosoph zieht Parallelen zu den 1920er- und 30er-Jahren, in denen es zahlreiche politische Morde gab. Aus den 60er-Jahren in den USA sei vor allem das Kennedy-Attentat in Erinnerung geblieben. "Die Leute haben das Gefühl, sie verstehen irgendwie ihre Welt nicht mehr", erklärt Precht und kehrt zurück in die heutige Zeit, in der er unter anderem die Digitalisierung, gewaltige Migrationsbewegungen, die Emanzipation der Frauen oder auch die LGBTQ+-Bewegung als Auslöser für einen "Kulturkampf" sieht.

In der Ermordung des US-Aktivisten Charlie Kirk erkennt Precht nun allerdings den "seltenen Fall, dass ein Rechter von einem Linken erschossen wird" - das Wort "mutmaßlich" schiebt er in Bezug auf den "Linken" nach (tatsächlich sind die Motive und politischen Einstellungen des Attentäters noch weitgehend unklar). Precht weiter: Bei den zuvor thematisierten Ermordungen sei es im Regelfall anders gewesen: "Jetzt haben wir die Situation, es gibt ja Linke, die durch ihre Ermordung Märtyrer geworden sind, und jetzt haben wir einen rechten Märtyrer."

"Die klassische Blaupause ist immer noch, dass ein Rechter einen Linken erschießt", wiederholt Precht die kühne These und führt im Falle Kirks aus: "Da lässt sich jetzt Kapital draus schlagen und es lässt sich natürlich klarmachen, guck' mal hier, die Linken tun so etwas auch." Der Podcaster warnt daher, dass Rechte den Tod von Kirk zur "Vermarktung" nutzen werden.

"Das macht die Sache schon ziemlich bedrohlich"

Die derzeitige Lage sei dem 60-Jährigen nach "bedrohlich". Denn in den 1920er- und 30er-Jahren habe ein solcher "Kulturkampf" in den Zweiten Weltkrieg gemündet. In den 60er-Jahren hingegen sei es letztlich zu einem gesellschaftlichen Frieden gekommen. Laut Precht sei allerdings die damalige Wohlstandsentwicklung "der ganz große Peacemaker" gewesen - "und die schlechte Nachricht ist: Eine solche Wohlstandsentwicklung für die nächsten Jahrzehnte sehe ich in keiner liberalen Demokratie des Westens", so der TV-Philosoph.

Da kann Markus Lanz nur zustimmen. Auch der ZDF-Moderator glaubt, dass die Wohlstandsentwicklung in den 60er-Jahren Schlimmeres verhindert habe. Da ein solcher "Peacemaker" derzeit aber nicht in Sicht sei, warnt Precht eindringlich vor der aktuell immer stärker zunehmenden Wut: "Ich sehe im Augenblick wenig, was diese Entwicklung aufhalten könnte. Und das macht die Sache schon ziemlich bedrohlich."