Schon ehe die ZDF-Dokumentation "Weil du mir gehörst! - Wenn Männer ihre Frauen töten" (ab sofort per Stream verfügbar) beginnt, schickt Jochen Breyer voraus: "Es wird eine Sendung, die schwer zu ertragen sein wird." Monatelang hat der Journalist mit seinem Team zum Thema Femizide recherchiert. Über das Jahr 2024 hinweg haben sie 104 Fälle zusammengetragen, in denen Frauen der Hand ihrer (Ex-)Partner zum Opfer gefallen sind. Zwei der Schicksale stellt Breyer genauer vor und lässt die Hinterbliebenen ihre Geschichten erzählen.
Eine davon ist Claudia. Nach außen hin lebte sie in einer gut situierten, scheinbar harmonischen Familie. Was ihr Umfeld nicht wusste: Ihr Ehemann Ali unterdrückte sie, setzte sie psychisch unter Druck und attackierte sie auch körperlich. "Zuhause war ein gefährlicher Ort", erinnert sich Bahar, eine der drei gemeinsamen Töchter des Paares, im ZDF-Film. "Als hätte man einen Vulkan im Haus, der jederzeit ausbrechen kann." Beleidigungen seien innerhalb der eigenen vier Wände normal gewesen. Ali habe gedroht, "dass wir alle wie Hexen seien und er uns verbrennen würde", sagt Bahar.
"Ein Mann sagt, er will seine Frau umbringen, und keiner tut was"
Zudem isolierte Ali seine Frau zunehmend - und schaffte so eine Abhängigkeit, die ohne Führerschein und eigenes Konto sowieso schon groß war. Als eines Abends die Situation noch stärker eskaliert sei, seien Claudia und ihre drei Töchter geflüchtet, wie die älteste Tochter Sedef erklärt. Besserung trat aber nicht ein, ganz im Gegenteil: Ali stalkte Claudia und die Töchter - inklusive Nachrichtenterror, Patrouillenfahrten und psychischem Druck. Zwar sei ein Kontaktverbot verhängt worden, doch Verstöße dagegen werden nur mit einem Bußgeld geahndet. "Im Ernst?", zeigt sich Jochen Breyer in der Doku schockiert.
Noch schockierender ist die Tatsache, dass Ali in den Schützenverein eintreten und legal eine Schusswaffe besitzen durfte. "Wenn ich die Akte durchsehe, kann ich keinen Fehler der Mitarbeitenden hier sehen", gibt der zuständige Landrat Christoph Mager in der Doku an. Und formal liegt er richtig: Eine Waffenerlaubnis ist nur bei einer schweren Straftat zu untersagen - und die lag formal juristisch im Fall von Ali und Claudia nicht vor. "Es scheitert, man kann es kaum fassen, am Datenschutz", bilanziert Breyer fassungslos.
"Ein Mann sagt, er will seine Frau umbringen,und keiner tut was", klagt Claudias Tochter Sedef das System an. "Ich habe mich gefragt, ob ich töten muss, um meine Familie zu beschützen", gibt die jüngste Tochter Asya Einblicke in ihre Überlegungen, ihren "Vater präventiv zu töten". Doch letztlich kam es zum schlimmstmöglichen Szenario: Bei einem morgendlichen Spaziergang mit dem Hund lauerte Ali Claudia auf und erschoss sie im Wald. "Wir reden immer davon, dass wir uns vor den Gefährdern aus dem Ausland schützen müssen", gibt Claudias enge Freundin Kersten zu bedenken. "Was ist mit den Gefährdern im eigenen Schlafzimmer?"
"Du musst raus da": Freunde warnten Jessica vor Ex-Freund - dann erstach er sie
Einem solchen fiel auch die Leipzigerin Jessica zum Opfer. Die junge, lebensfrohe Mutter habe davon geträumt Schlagersängerin zu werden, erzählt ihre Kindheitsfreundin Lilia gegenüber den ZDF-Kameras. In Fliesenleger Markus glaubte sie, ihren Traummann gefunden zu haben. Doch zunehmend wandelte sich die Beziehung zum Albtraum. "Sie musste ihm zu Willen sein", schildert Kleingartennachbar Michael seine Sicht auf das toxische Verhältnis des Paares. "Er wollte Jessica besitzen."
Diesen Besitzanspruch habe Markus versucht, mittels körperlicher Gewalt durchzusetzen. Dazu habe er Jessica genötigt, aufreizende Kleidung zu tragen und die regelmäßig mit Anrufen kontrolliert. "Du musst raus da", habe ihr Michael deshalb geraten. Doch sechs Tage nach der endgültigen Trennung erstach Markus Jessica im Schlaf auf der Couch. Besonders perfide: Bei der Untersuchung der Leiche stellte der Gutachter fest, Markus habe "Probierschnitte" durchgeführt, ehe er zum tödlichen Stich ansetzte. Entsprechend stellte das Gericht ein planvolles Vorgehen in Tötungsabsicht fest.
Quelle: teleschau – der mediendienst