Die Debatte um die Brandmauer wird aktuell auf europäischer Ebene geführt. Erst kürzlich stimmte die EVP gemeinsam mit rechten Fraktionen - darunter der Partei von Italiens rechter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni - für eine Abschwächung des Lieferkettengesetzes.
Während die gemeinsame Abstimmung von Parteien wie der SPD und den Grünen heftig kritisiert wurde, feierte die AfD den "Fall der Brandmauer". Eine Aussage, die der EVP-Vorsitzende Manfred Weber am Mittwochabend bei "Markus Lanz" zu widerlegen versuchte. Er beteuerte, dass die Brandmauer "auch auf europäischer Ebene" stehe. Lanz reagierte mit Blick auf die gemeinsame Abstimmung im EU-Parlament skeptisch.
Er wollte wissen, auf welcher Seite Weber stehe. Der CSU-Vize antwortete deutlich: "Das ist überhaupt keine Frage! (...) Die Europäische Volkspartei ist die Partei, die europaweit an vorderster Front steht." Als Lanz konkret die Brandmauer ansprach, geriet Weber in Erklärungsnot. Er sagte: "Wir haben über ein Gesetz abgestimmt, über die Lieferkette." Laut des EVP-Vorsitzenden sei dabei kein Tabubruch entstanden, da das Europäische Parlament anders "als der Landtag oder der Bundestag bei uns in Deutschland" funktioniere. "Wir haben keine Koalition, keine festen Mehrheiten", so Weber mit ernster Miene.
Manfred Weber: "Ich brauche keine Stimmen von der AfD"
Journalistin Eva Quadbeck zeigte sich unbeeindruckt von der Argumentation des Politikers. Sie warnte vor den verheerenden Folgen einer Abstimmung mit Rechtsextremen und sagte: "Es ist aus meiner Sicht (...) fatal, das zu tun." Quadbeck ergänzte mit Blick auf Weber: "Ich prophezeie Ihnen, wenn die CDU, wenn die CSU sowas häufiger macht - Sie werden sich zerlegen. Und das ist genau das, was die Rechtsradikalen wollen. Sie wollen da reingehen und sie wollen die Konservativen spalten." Die Journalistin erläuterte zudem, dass die CDU mit ihrem Handeln "die demokratische Mitte in diesem Land" verlieren werde, denn es habe "noch nie geklappt", die "Rechtsradikalen zu entzaubern".
Eine Meinung, die Manfred Weber nicht teilen konnte. Er sagte streng: "Ich brauche keine Stimmen von der AfD!" Zeitgleich sagte er, dass man Italiens Giorgia Meloni nicht "in die gleiche Ecke wie die AfD" stellen dürfe. "Dann tut man der AfD einen Gefallen", so Weber. Er fügte energisch hinzu: "Am Ende des Tages wird Populismus dann besiegt, wenn wir die Sorgen der Menschen ernst nehmen und liefern in der Sache."
Manfred Weber warnt: "Die Realitäten der letzten Jahrzehnte lösen sich gerade in Luft auf"
Weniger emotional, aber ähnlich besorgt sprach Weber über den Zustand der europäischen Wirtschaft. Er warnte vor "einer sehr, sehr angespannten und schwierigen" Lage, denn: "Wir Deutschen haben (...) die größten Probleme, andere Länder haben stabilere Wachstumsraten."
Weber fügte hinzu: "Jetzt haben wir weder das russische Gas, wir haben weder den amerikanischen Schutzschirm beim Militär und die Absatzmärkte in Asien - vor allem in China - brechen weg. Das heißt, die Realitäten der letzten Jahrzehnte lösen sich gerade in Luft auf. Und das ist die Realität, die uns eben in diese kalte Welt jetzt führt, in der wir uns befinden." Mit Blick auf China ergänzte Rohstoffhändler Andreas Kroll, dass "die chinesische Außenpolitik ein wenig ruppiger geworden ist uns Europäern gegenüber".
Lanz fragte prompt: "Woran merken Sie das?" Kroll erklärte: "Es wird immer schwieriger, (...) die seltenen Erden oder sonstige Metalle nach Europa zu importieren. Die Auflagen werden immer strenger und immer schwieriger." Journalistin Eva Quadbeck nickte zustimmend und sagte, dass sich die Chinesen zudem "angegriffen" fühlen von der China-Strategie Deutschlands. Demnach werde China als "Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale" gesehen. "Das ist ja auch richtig so, aber das gefällt den Chinesen natürlich nicht", erklärte Quadbeck.
Manfred Weber warnte abschließend, dass Europa seine "Naivität ablegen" müsse: "Wir müssen uns bewusst machen, die nächsten Eskalationsstufen stehen bevor." Laut Weber habe Chinas Präsident Xi nämlich bereits angedeutet, "dass er die Taiwan-Frage in den nächsten Jahren klären will". "Spätestens dann wird es ganz, ganz ungemütlich. (...) Auf die Lage müssen wir uns vorbereiten als Europäer gemeinsam", so der Politiker.
Quelle: teleschau – der mediendienst