Es sind die Außenseiter und die Ausgestoßenen, für die der mexikanischer Regisseur Guillermo del Toro in seinen Filmen ("Hellboy", "Pans Labyrinth", "The Shape of Water") oft Partei ergreift. Der Oscar-Preisträger ist ein Meister des gruseligen Gothic-Kinos, das bei ihm immer auch eine Suche nach der Seele in den Geschöpfen ist, die von der Gesellschaft leichthin als Monster abgestempelt werden. Guillermo del Toro ist also wie gemacht für eine Neuverfilmung von Mary Shelleys "Frankenstein", die Netflix nach kurzer Kinokarriere am 7. November in das Streaming-Angebot integriert.

Schon als Kind soll Guillermo del Toro "Frankenstein" gelesen und seine Sympathien klar verteilt haben - sie gelten eher der Kreatur als dem Schöpfer. Die Verfilmung des Gothic-Klassikers aus dem frühen 19. Jahrhundert war ihm eine Herzensangelegenheit.

Fast 20 Jahre hat es gedauert, bis er den Stoff umsetzen konnte. Von Netflix hat del Toro dafür nicht nur ein stattliches Budget von kolportierten 120 Millionen Dollar bekommen, sondern auch alle Freiheiten. Zuletzt war diese Zusammenarbeit bei del Toros wundervoller "Pinocchio"-Adaption sehr fruchtbar.

Gothic-Grusel mit Wiedererkennungswert

In seiner Version von "Mary Shelley's Frankenstein" tobt sich del Toro in opulenten, teils sichtbar am Computer entstandenen, Bilderwelten aus und zelebriert den erwartbaren Gothic-Grusel mit Wiedererkennungswert. Der Romanvorlage begegnet er dabei mit viel Respekt, nimmt sich aber einige kreative Freiheiten raus.

Victor Frankenstein (Oscar Isaac) setzt sich gottgleich über den Tod hinweg. Er erschafft mit finanzieller Unterstützung des Waffenherstellers Harlander (Christoph Waltz) aus einem Berg von Leichenteilen eine Kreatur, die ihm schließlich überlegen ist.

Anders als im Roman ist Frankensteins Schöpfung (Jacob Elordi) komplexer und auch deutlich feingliedriger (fast schon gutaussehend). Ein Monster ist bei del Toro schon immer nur, wer zum Monster gemacht wird. Mit dem Aussehen hat das nicht unbedingt etwas zu tun.

Dessen ungeachtet führen Hass und Ablehnung immer auch zu unbegründeter Angst: Betroffen ist Frankenstein selber, der mit seinen Abgründen hadert und sich zunehmend seinem Wahn hingibt. Was seinen "Frankenstein"-Film so faszinierend macht: del Toro findet sogar bei seinem Titelhelden einen Kern aus Liebe und Menschlichkeit.