Was braucht es, um schnell ans große Geld zu kommen? Im Jahr 2025 ist das offenbar nicht allzu viel. "Ich brauche nur mich, meinen PC, die Zahlen und die Märkte", sagt Eugen Denisenko, als er sich spät abends vom Kamerateam bei der Arbeit über die Schulter schauen lässt. Vor dem jungen, muskulösen Mann flimmert eine bunte Choreografie aus Bildschirmen mit Zahlenkolonnen und Kurven. "Das Trading hat mir alles ermöglicht", schwärmt Eugen. "Ich blühe darin auf."

Eugen ist Spätaussiedler aus Kasachstan, aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, und inzwischen einer von Zehntausenden Millionären in Dubai, wie er ProSieben-Reporter Jenke von Wilmsdorff offenbart. "JENKE. REPORT. Der Traum vom schnellen Geld" heißt dessen Film, der bei ProSieben lief und bei Joyn gestreamt werden kann. Es ist ein irrwitziger, aber keineswegs erkenntnisarmer Ausflug in das Emirat mit dem Ruf der Goldgräberstadt.

Als Daytrader wettet Eugen auf kleinste Kursbewegungen an den Börsen. An guten Tagen verdient er damit 80.000 Dollar oder mehr. Von jeglicher Einkommenssteuer befreit. Der Staat in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat auch so genug Geld. Wer allerdings süchtig werde und mehr riskiere, als er verschmerzen könnte, "kann ohne Probleme in den finanziellen Ruin rutschen". Das ist eine gut gemeinte Warnung. Die Bilder der neuen Jenke-Reportage sprechen aber eine reizvollere Sprache.

"Weil wir jung sind, weil wir das Geld haben und die Freiheit leben"

"Das ist aber schon sehr Klischee hier, ganz im Ernst!", staunt der Reporter, als er Eugen und seine Geschäftspartner an einer Rennstrecke trifft. Auch die anderen McLaren- und Jaguar-Fahrer sind erst Anfang, Mitte 20. "Warum fahrt ihr solche Poser-Kisten?", fragt von Wilmsdorff provokant. Eugen ist um die Antwort nicht verlegen: "Weil wir jung sind, weil wir das Geld haben und die Freiheit leben." Vor allem aber, weil "solche Autos nicht in Deutschland bewegt werden könnten, weil in Deutschland eine Kultur von Neid und Missgunst herrscht".

Dass man ohne einen sündteuren Sportwagen in Dubai nicht ernst genommen wird, weiß auch der Österreicher Jürgen Schroll, der den Reporter im Audi R8 durch die Skyscraper-Schluchten chauffiert. "Wir helfen Unternehmen und Selbstständigen, steueroptimierte Strukturen zu schaffen", umschreibt der 25-Jährige den Service, mit dem er innerhalb von fünf Jahren im Wüsten-Emirat Multimillionär geworden ist.

Jedes Jahr wandern mehr "Leistungsträger", wie Schroll sie nennt, aus Europa in die Emirate aus. Das Geschäft des Steueroptimierers brummt. "So hart es klingt: Je schlechter es den Deutschen, den Österreichern, den Schweizern geht, desto besser geht es uns." Der Großteil seiner Mandanten finde nämlich, dass man in der Heimat für das viele Steuergeld keine angemessene Gegenleistung vom Staat mehr bekomme.

Ex-Polizistin Lisa macht monatlich 25.000 Euro Gewinn - mit nur einem einzigen ihrer Produkte

Da ist natürlich was dran. In Deutschland sind die öffentlichen Kassen leer. Überall fehlen Fachkräfte. Was auch daran liegen könnte, dass Menschen wie die ehemalige Kinderkrankenschwester Angelika Egoschin ihre Anstellung hingeschmissen haben. Angelika ist während der Corona-Pandemie ohne Vorkenntnisse in Sachen Immobilien nach Dubai ausgewandert. Jetzt sperrt die Maklerin die Tür zu einer Wohnungsbesichtigung auf, die mit der Kategorie "Luxus" verniedlicht wäre. Umgerechnet 36 Millionen Euro soll "das einzigartige ikonische Objekt im Herzen Dubais" kosten. Zuzüglich Nebenkosten von rund 80.000 Euro pro Jahr.

Auch Lisa Nitschke hatte mal einen sehr nützlichen Beruf in Deutschland. 2.500 Euro hat sie als Polizistin im gehobenen Dienst verdient. Heute macht sie allein mit dem Weiterverkauf gefakter Apple-Kopfhörer aus China 25.000 Euro Gewinn im Monat - und die Kopfhörer sind nicht das einzige Produkt in ihren Online-Shops. Dropshipping nennt sich das Geschäftsmodell, bei dem ein Online-Händler Produkte verkauft, die er nicht selbst auf Lager hält. "Synonym für Ramschware", spottet Jenke beim Hausbesuch in Dubai.

Jedoch erkennt er an: Die Voraussetzungen, mit Dropshipping Geld zu machen, seien extrem niedrigschwellig. Viel können oder investieren außer in einen Laptop mit Internetverbindung muss man nicht: "Eine Option, die tatsächlich jeder hat." Allerdings gebe es reichlich Konkurrenz und Schattenseiten wie Hass-Feedback verärgerter Kunden. Und wie geht es Lisa damit, in einem Steuer-Paradies ohne Meinungsfreiheit und Frauenrechte zu leben? Damit habe sie keine Berührungspunkte, gibt sie zurück: "Ich selber kann hier alles machen, ich fühl mich superwohl. Ich gehe abends raus, ohne Angst zu haben."

"Vom Supermarktkassierer in Stockholm zum Krypto-Multimillionär in Dubai"

Noch ein Tellerwäscher-Märchen gefällig? Der Finanz-Influencer Carl Runefelt alias Carl Moon toppt so einiges. Innerhalb von drei Jahren hat es der Schwede vom "vom Supermarktkassierer in Stockholm zum Krypto-Multimillionär in Dubai" gebracht, wie es im Film heißt. "Mindset ist das Wichtigste", informiert der 31-jährige Bitcoin-Experte Jenke von Wilmsdorff bei der Audienz im Wolkenkratzer: "Ich habe mich selbst gebrainwasht, dass ich schon reich bin, als ich es noch nicht war." Wie so viele vermarktet Carl Moon seine Erfolgsformeln in den sozialen Medien.

Jenke piesackt auch ihn: Ist er nicht ein Steuerflüchtling? "Das stimmt. Ich spare tatsächlich Steuern. Aber in Europa habe ich mich einfach nicht mehr sicher gefühlt", sagt Carl. Dubai hingegen sei der perfekte Ort, um Gleichgesinnte zu treffen: "Hier wird Erfolg gefeiert, nicht schlechtgeredet."

Ob die glasverspiegelte Protzwelt im Emirat (über 50 Grad im Sommer!) nun Anreiz oder Brechreiz auslöst - das wird jede Zuschauerin und jeder Zuschauer individuell befinden. Fakt ist - so eine Erkenntnis des Films -, dass man wirklich noch nie so leicht und so schnell obszön reich werden konnte wie heute - theoretisch zumindest.

Jenke von Wilmsdorff: "Das Thema Geld darf in Deutschland kein Tabu mehr sein"

Und wer es ernst meint in seinem "Mindset", wird sich wahrscheinlich auch vom Schicksal des Anlegers Armin (geänderter Name) nicht schocken lassen. Der verlor an einen Betrüger 450.000 Euro: "Was man im Leben erarbeitet hat, ist mit einem Mal futsch."

Hinter mehr als 50 Prozent aller Finanzversprechen im Internet lauern Betrüger - diesen Statistikwert gibt Jenke von Wilmsdorff dem Publikum noch fürsorglich an die Hand. Dann bilanziert er: "Ja, man kann reich werden hier in Dubai." Einfach sei das aber mitnichten: Wer ans große Geld wolle, müsse "viel arbeiten und ein Spezialist auf seinem Gebiet" sein.

Die tiefere Erkenntnis seiner Reportage ist noch mal belastbarer: "Das Thema Geld darf in Deutschland kein Tabu mehr sein. Wir müssen anfangen, über Geld zu reden. Wir dürfen uns nicht auf Staat und Rente verlassen." Das ist fraglos eine Botschaft, die auch jenseits der Wüsten-Skylines Gehör finden sollte.