Mit "The Running Man" steht im Kino ab 13. November eine weitere Verfilmung eines Werks von Horrorikone Stephen King in den Startlöchern. Die Grundlage bildet der dystopische Thriller "Menschenjagd" aus dem Jahr 1982, der 1987 unter der Regie Paul Michael Glasers und mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle schon einmal auf die große Leinwand transportiert wurde. In der jetzt anlaufenden Fassung verkörpert der aktuell sehr angesagte Glen Powell ("A Killer Romance") einen Mann, der Teilnehmer einer mörderischen Fernsehspielshow wird.

Eine ähnliche Geschichte erzählte allerdings schon vor 55 Jahren der geradezu prophetische deutsche Fernsehfilm "Das Millionenspiel" (seinerseits eine Adaption der Kurzgeschichte "The Prize of Peril" von Robert Sheckley), mit dem Regisseur Tom Toelle und Drehbuchautor Wolfgang Menge Anfang der 1970er-Jahre für Aufsehen und einen der großen deutschen Fernsehskandale sorgten. Zwar kommt im vom WDR produzierten Fernsehspiel niemand zu Tode. Doch es genügte schon der Eindruck als ob.

Didi, der kaltblütige Schrecken der Köhler-Bande

Die Täuschung wurde allerdings auch mit absurder Hingabe eingefädelt. "Wir begrüßen Sie zum letzten Spieltag des 'Millionenspiels'", wurden die WDR-Zuschauer am Abend des 18. Oktober 1970 von einer Fernsehansagerin eingelullt: "Sollte der Kandidat vorzeitig den Tod finden, so erwartet Sie ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm mit vielen beliebten Künstlern."

Wer an der Stelle noch nicht den Satirebraten roch, der tat es wohl auch in den darauffolgenden gut 90 Minuten nicht. Der kaufte den Machern um Regisseur Tim Toelle ab, dass da ein braver Mann aus Leverkusen mit Namen Bernhard Lotz (Jörg Pleva) seit fast einer Woche durch die Republik flieht im verzweifelten Kampf um einen Hauptgewinn von einer Million Mark. Es ist ein Spiel auf Leben und Tod, denn der Herr Lotz wird verfolgt von einer "Köhler-Bande", die den Auftrag hat, ihn aufzuspüren und zu erschießen.

In der Rolle des Chef-Verfolgers: ein gewisser Dieter Hallervorden, der wenige Jahre später als "Didi" in einer Straßenfegersketchshow "eine Flasche Pommes Frites" bestellte. Als "Millionenspiel"-Moderator trat Dieter Thomas Heck unter dem Pseudonym Thilo Uhlenhorst in Erscheinung. In demselben jovial-schnarrenden Duktus, in dem er sonst die "Hitparade" moderierte, rühmt er hier "brave Samariter", die dem Todesshow-Kandidaten bei der Flucht behilflich sind. O-Töne von der kamerbegleiteten Flucht durchs Land sammelten die Sportreporter Heribert Faßbender und Arnim Basche ein. Und zwischendurch warben schrille Clips für Anti-Baby-Spritzen, Leichen-Make-Up und mordsmäßige Messersets. Das alles beim - freilich fiktiven - Privatsender TETV.

Wolfgang Menge: "Es wird irgendwann Menschenjagden geben"

Weit weg war man damals noch von der Quotenhatz, dem Kampf um Marktanteile und Werbebudgets, der heute zwischen Dschungellager und Palmen-Hotel zu einem immer greller ausgeleuchteten Verrohungsvoyeurismus führt. Wolfgang Menge, der den Deutschen noch das Ekel Alfred schenken sollte ("Ein Herz und eine Seele", 1973-76) und 2012 verstarb, hat das alles kommen sehen - zumindest im Groben: "Die Hysterie wird nicht zu stoppen sein", prophezeite er im Interview mit der "Frankfurter Rundschau": "Es wird irgendwann Menschenjagden geben, zunächst vielleicht nur mit Platzpatronen."

Tatsächlich standen nach Ausstrahlung des "Millionenspiels" in der Zuschauerredaktion des WDR die Telefone nicht still, auch wurden Beschwerdebriefe verfasst bis hin zur Gewaltandrohung. So mancher wollte die Macher in die "Klapsmühle" einweisen lassen.

Noch verstörender waren nur die Reaktionen jener Zuseher, die weder verstanden, dass sie einen fiktiven Film gesehen hatten noch was an dem Gezeigten verwerflich sein soll. Rund 40 Personen bewarben sich nach offizieller Zählung als Kandidaten für die nächste Ausgabe des "Millionenspiels", einige bei Dieter Thomas Heck persönlich. Der erinnerte sich: "Es war erschütternd, zu lesen, wie eine Frau anbot, ihren Mann in den Tod zu schicken."

Quelle: teleschau – der mediendienst