Der Black Friday naht. War der "schwarze Freitag" lange Zeit ein reines US-Phänomen, gilt der vierte Freitag im November inzwischen auch hierzulande als umsatzstärkster Tag des Jahres. Wirklich Geld sparen lässt sich an solchen Rabatt-Tagen allerdings nur bedingt, wie nun die ARD-Dokumentation "Die Wahrheit über Schnäppchen-Preise" mittels eines Praxistests demonstriert.
Im Auftrag des Recherche-Teams erwirbt "eine preisbewusste Familie" aus Leipzig am sogenannten "Prime Day" verschiedene Produkte. Mehrere Wochen später - an einem beliebigen Tag - versucht Wirtschaftspsychologe und "Schnäppchen-Profi" Lucas Scheller, die gleichen Produkte ebenfalls günstig online zu kaufen.
Die Bilanz: Für eine Kettensäge, ein Paar Sneaker, eine Matratze, ein Tablet sowie eine Küchenmaschine gibt Familie Unger-Naumann am "Prime Day" insgesamt 1.130 Euro aus. Lucas Scheller hingegen hat mit ein wenig Rechercheaufwand und verschiedenen Coupons lediglich 879,18 Euro bezahlt. "Ich fand es schon spannend, aber auch enttäuschend", seufzt Madeleine Naumann nach dem Experiment.
"Rabattsymbole sind ein gelernter Reiz"
Enttäuscht sind die selbsternannte Schnäppchenjägerin und ihr Mann unter anderem darüber, dass es sich bei einigen der Angebote nicht um wirkliche Rabatte handelt. So heißt es im Falle der Kettensäge, diese sei um 31 Prozent günstiger - allerdings nur in Bezug auf die unverbindliche Preisempfehlung. Dass das Modell auch in den drei Vormonaten keinen Cent mehr gekostet hat, geht aus der Produktseite nicht hervor. "Letztendlich muss einem ja klar sein: Diese Inflation von Sonderaktionen und Rabattaktionen kann nicht funktionieren", mahnt der Jurist Thomas Seifried. "Der Händler muss ja Gewinn machen."
Auch bei der Küchenmaschine gelingt es der Familie nicht, am Testtag zu sparen. Zwar wird das Produkt mit einem Rabatt in Höhe von 29 Prozent beworben. Da der Preis kurz vor dem Aktionstag jedoch deutlich angehoben wurde, fällt die eigentliche Ersparnis im Vergleich zu den Vorwochen mit lediglich fünf Prozent deutlich geringer aus.
Nichtsdestotrotz geben die vermeintlich gesparten Prozente Vebrauchern ein gutes Gefühl. "Unbewusst gefällt uns allen ein Rabatt", erklärt der Neurowissenschaftler Kai-Markus Müller. "Wir haben alle den Drang danach, ein Schnäppchen zu machen." Die Emotionen seien "der eigentliche Treiber des Verhaltens".
Denn: "Rabattsymbole sind ein gelernter Reiz. Wenn wir Rabattsymbole sehen, ist das automatisch in unserem Gehirn verknüpft mit der positiven Emotion, sodass wir gar nicht mehr wirklich nachrechnen." Es habe sich im Laufe der Menschheitsgeschichte "niemals eine Hirnregion entwickelt, die eine Zahl mit einem Ding assoziiert hat - also ein Preis mit einem Produkt".
"Der Prada-Pullover hängt nicht im Laden, um verkauft zu werden"
Dadurch lasse sich auch der sogenannte "Anker-Effekt" erklären, den der Forscher anhand einer persönlichen Anekdote skizziert. So sei ein Cousin des Professors für Consumer Behavior überzeugt gewesen, beim Kauf eines Pullovers für 250 Euro ein Schnäppchen geschlagen zu haben.
"Der Verkäufer hat ihm zunächst einen Prada-Pullover für 800 Euro gegeben", berichtet Müller. "Er war hinterher wirklich froh, das Schnäppchen mit dem Hugo-Boss-Pullover für 250 Euro gemacht zu haben." Der Marketing-Experte resümiert: "Der Prada-Pullover hängt eben nicht im Laden, um verkauft zu werden, sondern, um den Hugo-Boss-Pullover zu verkaufen."
Es ist nur einer von zahlreichen Tricks, die zum Kaufen animieren sollen. Dazu zählt auch die künstliche Verknappung, die an Rabatt-Tagen häufig mit zusätzlichen Countdowns oder Hinweisen zur angeblich limitierten Stückzahl unterstrichen wird. "Unter dem Jahr würde ich keine Verknappung machen. Sondern zur Black Week, zu Ostern oder vor den Feiertagen, weil die Leute da in Kauflaune sind", rät auch die Kommunikationsexpertin Yvonne Weissenborn Händlern.
Wer ein Produkt innerhalb eines vermeintlich begrenzten, besonders günstigen Zeitraums erwerbe, glaube häufig, "rational gekauft" zu haben. Und darauf komme es letztlich an, wie Weissenborn betont: "Der Mensch braucht immer ein gutes Gefühl."
Die Dokumentation "Die Wahrheit über Schnäppchen-Preise" ist am Montag, 24. November, um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen. In der ARD Mediathek ist der Film bereits vorab abrufbar.
Quelle: teleschau – der mediendienst