Wenn die Bereitschaft eines Schauspielers oder einer Schauspielerin, für eine Rolle den eigenen Körper einer substantiellen Veränderung zu unterziehen, ein Qualitätskriterium ist, dann gehört Emma Stone zu den besten ihrer Zunft. Die Oscar-Preisträgerin ist bekannt für ihre uneitle Art, sich die Charaktere, die sie spielt, buchstäblich einzuverleiben. Mit ihrem neuen Film "Bugonia" unterstreicht sie ihre Hingabe an ein Filmprojekt einmal mehr. In der schwarzhumorigen Groteske, der vierten Zusammenarbeit der Schauspielerin mit dem gefeierten Regisseur Yorgos Lanthimos, ist sie größtenteils mit einer Glatze zu sehen.

Stones Haarpracht war am Set nicht etwa unter einer Latex-Glatze versteckt, sie ließ sich das Haar wirklich abrasieren. Und zwar vor der Kamera, weil die Handlung des Films es verlangt hatte. Stone spielt im Remake der südkoreanischen Science-Fiction-Komödie "Save the Green Planet!" eine Konzernchefin, die von einem Bienenzüchter (Jesse Plemmons) und dessen unterbelichtetem Cousin (Aidan Delbis) entführt wird. Warum? Weil die beiden Fanatiker (sind sie es wirklich?) glauben, dass die Unternehmerin in Wahrheit ein Alien in Menschengestalt sei, das geschickt wurde, um die Menschheit zu vernichten.

Michelle Fuller, so heißt die Unternehmerin, wollen Teddy und Don aber nicht töten. Um die Apokalypse abzuwenden, benutzen sie die Frau als Mittel zu eben diesem Zweck. Michelle soll den Kontakt zu ihrer Spezies herstellen, um dann Verhandlungen zum Wohl des Planeten in die Wege zu leiten. Vorher machen sich Teddy und Don am Körper ihres Entführungsopfers zu schaffen. Um die DNA des Aliens zu schwächen, so glauben sie, schmieren sie es mit einer speziellen Creme ein. Und damit sich das Wesen nicht mit seinen Artgenossen verschwört, rasieren sie ihm die Haare ab.

Emma Stone: "Ich geriet in Panik"

So bereitwillig Stone um der Filmkunst willen ihr Haar auch opferte, unerschrocken stürzte sie sich dennoch nicht in das Unternehmen. Kurz vor dem entsprechenden Drehtag habe sie beinahe kalte Füße bekommen, verriet sie im September in einem Interview mit dem Boulevardblatt "People". "Ich wusste eineinhalb Jahre lang, dass ich mir den Kopf rasieren würde", erklärte sie. "Doch dann, an dem Tag (...) als sie alles einrichteten, und es dauerte sehr lange, alle Kameras aufzubauen, geriet ich langsam in Panik."

Dass Stone nach dem Drehschluss von "Bugonia" ihren Kurzhaarschnitt lange unter Mützen versteckte, hatte aber weder mit Panik noch mit Eitelkeit zu tun. Sie wollte, wie sie in einem weiteren Gespräch mit "People" verriet, mit ihrem neuen Look so lange hinterm Berg halten, bis die Vermarktungsmaschine zum Film ins Rollen kam. Die Zuschauer sollten mit der Enthüllung ihrer Glatzenrolle über Trailern und Szenenbilder vor den Kopf gestoßen werden. Diese PR-Strategie habe sie schon bei "Poor Things" angewandt, wo ihre Figur, eine von einem Wissenschaftler aus dem Körper einer Toten erschaffene junge Frau, pechschwarzes Haar trug.

"Eines der großartigen Dinge an "Poor Things" war, dass niemand zuvor Bilder von Bellas Aussehen gesehen hatte, mit ihren wirklich langen schwarzen Haaren", sagte Stone. "Es war toll, als der Trailer dazu herauskam, und alle mit "Wow" reagierten. Es ist schön, wenn so etwas erst später enthüllt wird." Diesen "Wow"-Effekt hat Stone nun auch mit "Bugonia" erreicht, in dem sie eine ihrer gewagtesten Rollen spielt - zumindest im Hinblick auf das Erscheinungsbild. Ein Wagemut, der für ihre Qualität als Schauspielerin spricht - und für den sie am Ende belohnt werden könnte. Schon jetzt gilt Stone als aussichtsreiche Oscar-Kandidatin.

"Bugonia" ist ab sofort in den Kinos zu sehen.