Hiobsbotschaft für die Medien-Branche: RTL Deutschland streicht im Zuge einer Neustrukturierung etwa 600 Stellen. Das sind laut dem Deutschen Journalistenverband (DJV) 12 Prozent der Jobs. Dies sorgt für zusätzliche Unruhe in der deutschen Medienlandschaft, denn auch die öffentlich-rechtlichen Sender stehen mit der großen Reform seit Anfang Dezember vor einem großen Umbau.
Der Umbau solle sozialverträglich umgesetzt werden. "So sozialverträglich, wertschätzend und transparent, wie es in einer so schwierigen Situation möglich ist", sagte RTL-Deutschlandchef Stephan Schmitter der Deutschen Presse-Agentur. Für freiwillig Ausscheidende macht der Sende hohe Summen locker.
Jobabbau bei RTL: Sender zahlt fünfstellige Boni aus
"Das ist eine Katastrophe für die Kolleginnen und Kollegen bei RTL und ihren Töchtern", sagt DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster über den Stellenabbau. Es sei nicht auszuschließen, dass die journalistische Qualität Schaden nehme. "Es dürfte für die Redaktionen mindestens schwierig werden, das jetzige Niveau mit noch weniger Personal zu halten", so Beuster. Die 600 betroffenen Stellen umfassen RTL Deutschland zufolge sowohl Vollzeit- als auch Teilzeitkräfte.
"Der Sozialplan, den wir mit dem Betriebsrat verhandelt haben, soll betriebsbedingte Kündigungen möglichst vermeiden", so Schmitter. Betroffene Beschäftigte sollen stattdessen über Altersteilzeit, Abfindungen oder andere Unterstützungsangebote entlastet werden. Arbeitnehmervertreter haben laut dem DJV mit der Geschäftsführung verhandelt, dass Menschen, die freiwillig gehen, abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit einen Bonus von bis zu 50.000 Euro erhalten sollen.
Hintergrund für die Kürzungen sind unter anderem die anhaltende Rezession und die schwachen TV-Werbemärkte. "Es gibt zwei große Herausforderungen, die wir lösen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein", erklärte Schmitter weiter. Eine davon sei der tiefgreifende Wandel im Medienmarkt, die andere die schwierige konjunkturelle Lage. Seit 2019 sind RTL zufolge die linearen TV-Werbeumsätze in Deutschland um mehr als 20 Prozent gesunken.
Streaming zukünftig im Fokus - "Millionenbetrag in Personalkosten einsparen"
Gleichzeitig habe der Konzern massiv in den Ausbau des Streamingdienstes RTL+ investiert, dessen Abonnentenzahl auf über 6,6 Millionen gestiegen ist. Mit weiter dynamischem Wachstum in allen Kennzahlen - Umsatz, zahlende Abonnenten, Nutzungsdauer – sei RTL+ auf Kurs, im Geschäftsjahr 2026 profitabel zu werden, teilte das Unternehmen mit. "Diese Gesamtsituation macht es zwingend notwendig, dass wir uns jetzt strukturell neu aufstellen", sagte Schmitter.
Gleichzeitig richtet sich RTL stärker auf das Streaminggeschäft aus. "Durch die Maßnahmen werden wir einen hohen, zweistelligen Millionenbetrag in den Personalkosten einsparen", sagte Schmitter. "Aber viel wichtiger wird es sein, die Organisation konsequent auf die großen Veränderungen im Medienmarkt auszurichten und auf den Wettbewerb mit den US-amerikanischen Streamingdiensten zu fokussieren."
Für Zuschauerinnen und Zuschauer bedeutet der Umbau keine unmittelbaren Einschnitte beim linearen Programm. "Wir senden nach wie vor 24 Stunden rund um die Uhr und wollen unsere marktführenden Positionen bei den 14–49-Jährigen und den 14-59-Jährigen entsprechend verteidigen", sagte Schmitter. Zugleich kündigte er an, dass die Programmbudgets zunehmend vom linearen TV in hochwertige Streaming-Inhalte verschoben werden. "Wir planen weiter jedes Jahr über eine Milliarde in unsere Inhalte zu investieren, die Budgets aber zu Gunsten hochwertiger Streaming-Inhalte umzuverteilen."
RTL "löst aktuelle Kanallogik auf"
Zudem solle geschaut werden, ob Content-Teams zusammengelegt werden können, um Inhalte für RTL+ effizienter zu produzieren. "Zurzeit sind einzelne Content-Teams für den jeweiligen Inhalt auf einem TV-Kanal verantwortlich. Diese Teams werden wir zusammenlegen, damit sie dann gemeinsam den besten Inhalt für RTL+ in jedem Genre produzieren", erläuterte Schmitter. "Wir lösen die aktuelle Kanallogik auf, denn beim Streaming schaut jeder, wo er will, was er will und wann er will."
Was das konkret für einzelne Formate bedeutet, ist noch nicht vollständig entschieden. "Da sind wir noch in der finalen Abstimmung, aber es ist durchaus möglich, dass 'die Verräter' oder 'die Bachelors' zunächst vollständig auf RTL+ zu sehen sind, bevor sie im linearen TV ausgestrahlt werden", sagte Schmitter. RTL Deutschland gehört zur internationalen RTL Group, Europas größter kommerzieller Sendergruppe. In Deutschland betreibt das Unternehmen neben RTL etwa ntv und Vox sowie den Streamingdienst RTL+.