Ein gewaltiges Loch in der dicken Wand des Tresorraums zeugt von einem der größten Einbruch-Coups der deutschen Kriminalgeschichte. In einer Sparkassen-Filiale in Gelsenkirchen brachen unbekannte Täter 3.200 Schließfächer und damit fast alle im Tresorraum auf. Die Beute der Einbrecher wird grob auf rund 30 Millionen Euro geschätzt, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Mehr als 2.500 Geschädigte gibt es.
Wie lief der Coup ab?
Den Einbruch in die Sparkassenfiliale im Stadtteil Buer hatten Einsatzkräfte am frühen Montagmorgen infolge eines Alarms der Brandmeldeanlage entdeckt. Feuerwehrleute und Polizisten suchten daraufhin im Bankgebäude nach einem möglichen Feuer und stießen dabei im Keller auf die Spuren des Einbruchs. Die Täter drangen durch mehrere Türen zunächst in einen Archivraum ein, von dem sie sich aus mit einem Spezialbohrer in den Tresorraum der Bank vorarbeiteten.
Die Beutetour in der Bankfiliale zog sich möglicherweise über Tage hin: Zeugen beobachteten in der Nacht von Samstag auf Sonntag mehrere Männer mit großen Taschen im Treppenhaus eines angrenzenden Parkhauses. Videokameras in dem Parkhaus erfassten am frühen Montagmorgen einen hochmotorisierten schwarzen Wagen mit einem in Hannover gestohlenen Kennzeichen. Im Auto sitzen maskierte Personen, von denen eine die Schranke zur Ausfahrt betätigt.
Beute kann noch viel größer sein
Wie viel Bargeld, Gold und Wertgegenstände die Täter davonschleppten, das muss erst noch ermittelt werden. Denn die Banken wissen nicht, was in den Schließfächern gelagert wird. Die Betroffenen müssen kontaktiert werden. Bei den 30 Millionen Euro handelt es sich laut Ermittlerkreisen lediglich um eine grobe Hochrechnung anhand der Versicherungssumme. Jedes Schließfach ist nach Angaben der Sparkasse Gelsenkirchen mit 10.300 Euro versichert.
Die Beute könnte also noch höher ausgefallen sein. «Wir gehen von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag aus», sagte ein Sprecher der Polizei. Wie die Sparkasse auf ihrer Internetseite unter anderem mitteilte, sind mehr als 95 Prozent der Kunden-Schließfächer in dieser Filiale aufgebrochen worden.
Tumult vor der Bankfiliale
Unter den besorgten Kunden wächst sichtbar der Unmut. Am zweiten Tag infolge versammelte sich eine Menschenmenge vor der Filiale. Die Sparkasse hatte zuvor eine Wiederöffnung und erste Informationen für die Betroffenen in Aussicht gestellt. Die Zahl der in der Kälte wartenden Menschen stieg am frühen Vormittag wieder auf schätzungsweise 200 an, wie ein dpa-Reporter berichtete. «Wir wollen rein, wir wollen rein!», forderte lautstark ein Sprechchor.
Die Lage drohte zu eskalieren. Mehrere Menschen stürmten an Mitarbeitern einer Sicherheitsfirma vorbei in den Vorraum der Sparkasse. Die Polizei rückte mit mehreren Streifenwagenbesatzungen an und sicherte den Eingang. Die Polizei machte mehrfach eine Durchsage: «Die Bank bleibt heute geschlossen, Informationen auf der Website der Sparkasse. Gehen Sie nach Hause.»
Im Tagesverlauf schaltete die Bank einige Informationen im Internet frei. «Je nach Sicherheitslage wird über die Öffnung der Filiale Buer entschieden», heißt es.
«Erstmal drücken wir unser tiefstes Bedauern darüber aus, dass wir so spät kommunizieren können», erklärte ein Mitarbeiter, der am Nachmittag für Pressefragen vor Ort war. Er verwies darauf, dass die Polizei zunächst Spuren bis zum Montagnachmittag gesichert habe. Zu bestimmten Zeiten stehe nun eine Hotline zur Verfügung. Der Tresorraum könne aufgrund massiver baulicher Schäden auch von den Bankmitarbeitern derzeit nicht betreten werden.
Auch nach der Stellungnahme der Sparkasse äußerten sich immer wieder Menschen lautstark vor dem Gebäude. Ein Polizeibeamter ermahnte einen Mann und rief ihn zur Ruhe auf. Der hatte mit lauten Rufen sein Misstrauen gegenüber der Bank ausgedrückt und zu Kündigungen aufgefordert.
Früherer Brandmeldealarm
Hätte der Einbruch möglicherweise schon früher bemerkt werden können? Wie die Polizei jetzt mitteilt, hat es bereits am Samstag einen Brandmeldealarm in dem Bankgebäude gegeben. Damals waren Polizei und Feuerwehr gegen 6.15 Uhr vor Ort, «konnten aber nichts feststellen, was auf einen Schaden schließen ließ», heißt es in der jüngsten Mitteilung. Die genauen Abläufe dieses Einsatzes sind den Angaben zufolge auch Gegenstand der laufenden Ermittlungen.