Die FIFA steht vor einem herben Rückschlag in Bezug auf ihre Transferregelungen, nachdem das höchste europäische Gericht entschieden hat, dass bestimmte dieser Vorschriften gegen "Unionsrecht verstoßen". Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg vom Freitag, 4. Oktober 2024, könnte den Transfermarkt nachhaltig beeinflussen.
Die vom EU-Recht zugesicherte Freizügigkeit der Spieler sowie der Wettbewerb zwischen den Vereinen werden durch die betroffenen Regeln, die Gegenstand der EuGH-Verhandlung waren, eingeschränkt, heißt es in der Begründung des Gerichtshofs. Eine Stellungnahme des Weltfußballverbandes FIFA steht noch aus.
Fußball-Transfers: Ex-Spieler verklagt FIFA - und bekommt Recht
Auslöser für den Streit um die Transfervorschriften ist eine Klage des früheren französischen Fußballspielers Lassana Diarra, der während seiner Karriere unter anderem beim FC Chelsea, dem FC Arsenal, Real Madrid und Paris Saint-Germain aktiv war. 2012 heuerte er beim russischen Klub Anzhi Makhachkala an, 2013 wurde er von Lokomotive Moskau aus Russland verpflichtet. Nach nur einem Jahr entbrannte ein Streit um Gehaltszahlungen, woraufhin der Moskauer Verein den Vertrag auflöste und eine Kompensationszahlung wegen der gezahlten Ablöse verlangte.
Der Spieler forderte seinerseits eine Entschädigung und klagte auf ausstehende Gehälter. Der Franzose gab an, dass es aufgrund der Situation schwierig sei, einen neuen Verein zu finden. Nach FIFA-Regeln haften sowohl der Spieler als auch der neue Verein für eine Entschädigung, wenn der Vertrag nicht aus einem berechtigten Grund aufgelöst wurde.
Diarra konnte aus diesem Grund keinen Vertrag mit dem belgischen Klub Sporting du Pays de Charleroi abschließen. Daraufhin verklagte er die FIFA und den belgischen Fußballverband auf Schadenersatz und Verdienstausfall in Höhe von sechs Millionen Euro. Der heute 39-Jährige argumentierte, dass die FIFA-Transferregeln gegen EU-rechtliche Vorschriften zur Freizügigkeit und zum Wettbewerb verstoßen.
EuGH: Bestimmungen verstoßen gegen das Unionsrecht
Der Fall wurde dann dem EuGH vorgelegt. Die Richter stellten fest, dass die FIFA-Regeln über das Ziel hinausschießen und die Sportler sowie Vereine "mit erheblichen rechtlichen, unvorhersehbaren und potenziell sehr großen finanziellen sowie ausgeprägten sportlichen Risiken" belasten, wie es in einer Pressemitteilung des Gerichts zum Urteil hieß. Einige Regeln könnten zwar gerechtfertigt sein, um eine gewisse Beständigkeit in den Mannschaften zu gewährleisten, jedoch gehen die hier diskutierten Regeln darüber hinaus. So seien "die fraglichen Bestimmungen geeignet, die Freizügigkeit von Berufsfußballspielern zu behindern".
Die fraglichen Regeln - das "FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern" (RSTP) - sei von der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) erlassen, einem auf weltweiter Ebene für die Organisation von Fußballwettbewerben zuständigen Verband so der EuGH. "Indem das RSTP für Vereine die Möglichkeit der Verpflichtung von Spielern einschränke, beeinträchtige es zwangsläufig den Wettbewerb zwischen Vereinen auf dem Markt für die Verpflichtung von Berufsspielern", hieß es bereits in den Schlussplädoyers im April.
Konkret urteilte der Europäische Gerichtshof, dass "einige FIFA-Bestimmungen über internationale Transfers von Berufsfußballspielern" gegen das Unionsrecht verstoßen. Konkret geht es um den Fall, wenn ein Spieler seinen Arbeitsvertrag vorzeitig "ohne triftigen Grund" kündigt - so war Lassana Diarra von seinem Ex-Club Lokomotive Moskau vorgeworfen worden. Laut FIFA-Regeln wird dann eine Strafzahlung fällig, auch eine Sperre ist möglich. Diarra sollte damals, im Jahr 2014, 10,5 Millionen Euro zahlen.Ein entscheidender Punkt: Für die Strafzahlung haftet aktuell auch der Verein, der den Spieler verpflichten möchte.
Belgisches Gericht muss Urteil umsetzen
Laut EuGH gehen diese Vorschriften zu weit. "Diese Bestimmungen belasten diese Spieler und die Vereine, die sie einstellen möchten, nämlich mit erheblichen rechtlichen, unvorhersehbaren und potenziell sehr großen finanziellen sowie ausgeprägten sportlichen Risiken." Das passt sowohl mit dem Recht des Spielers auf die Freizügigkeit als Arbeitnehmer als auch mit dem Wettbewerbsrecht nicht zusammen, wie das Gericht laut Pressemitteilung urteilte.
Der konkrete Fall um Diarra wird nun zunächst an das belgische Gericht zurückgegeben, das den EuGH angerufen hatte. Das Urteil des höchsten europäischen Gerichts, das am Freitag nicht vollständig veröffentlicht wurde, ist aber bindend. Wie die Verbände das Urteil umsetzen, bleibt abzuwarten.
Ein "wegweisendes Urteil"? Eine "Revolution" für das Transfersystem, gar ein "Bosman 2.0"? Das Urteil des höchsten europäischen Gerichts hat im Weltfußball ein enormes Echo hervorgerufen. Während der betroffene Weltverband FIFA seine Statuten im Kern sogar bestätigt sieht, sehen die Kritiker der Regularien weitreichende Veränderungen kommen.
"Großer Sieg" für Lassana Diarra
"Es geht nicht darum, dass der Spieler dann nicht mehr mit Sanktionen belegt werden kann, sondern um die Haftung für den neuen Verein", sagte Paul Lambertz, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sportrecht, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Eine mögliche Folge: Die FIFA muss in ihren Statuten den Paragrafen ändern, laut dem auch der neue Club in Haftung genommen wird.
Die Anwälte des einstigen Nationalspielers Lassana Diarra feierten laut Pressemitteilung einen "großen Sieg". Die Kanzlei "Dupont - Hissel" war einst Hauptbeteiligter, als durch ein Urteil im Fall von Jean-Marc Bosman die Ablöse nach Ablauf der Vertragslaufzeit gekippt war. Die Spielergewerkschaft Fifpro, die ebenfalls für Diarra eintrat, teilte mit, der EuGH habe ein "wichtiges Urteil zur Regulierung des Arbeitsmarktes im Fußball gefällt, das die Landschaft des Profifußballs verändern wird".
Die FIFA schrieb dagegen, sie sei "davon überzeugt, dass die Rechtmäßigkeit der wichtigsten Grundsätze des Transfersystems durch das heutige Urteil erneut bestätigt worden ist". Es würden lediglich zwei Absätze von zwei Artikeln des FIFA-Reglements infrage gestellt. Das Urteil würde jetzt zunächst analysiert werden. In dem 102 Seiten langen FIFA-Transferdokument werden insgesamt 29 Artikel aufgeführt.
Bosman 2.0? Auswirkungen des Urteils
"Bosman 2.0 sehe ich nicht. Die Sanktionen für den Spieler sind ja weiterhin in Ordnung, wenn Verträge ohne triftigen Grund gekündigt werden", sagt Fachanwalt Paul Lambertz. In England schrieb die Zeitung Guardian von einem wegweisenden Urteil. Die FIFA werde sich "nun ernsthaft fragen müssen, wie sie ihre Regeln in Zukunft anpassen kann, oder ob sie es überhaupt kann". Die italienische Gazzetta dello Sport zeigte sich überzeugt, das Urteil könnte für die Revolution sorgen und dazu führen, dass Spieler einen Verein unabhängig von der Länge des Vertrages verlassen.
Ob die Verträge im Fußball, die befristet sind und selten Klauseln für einen ordentlichen Kündigungsgrund enthalten, aber grundsätzlich verändert werden, ist laut dpa offen. Das Gericht urteilte auch, dass Beschränkungen der Freizügigkeit von Berufsfußballspielern durch das Ziel gerechtfertigt sein können, dass die Wettbewerbe funktionieren - weil so eine gewisse Beständigkeit in den Mannschaften der Profifußballvereine aufrechterhalten wird. Im vorliegenden Fall Diarra "scheinen die fraglichen Bestimmungen jedoch (...) in mehrerlei Hinsicht über das hinauszugehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist". sl/dpa
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