• Zypern - ein geschichtlicher Rückblick
  • Wie kam es zu der Invasion und Teilung?
  • Wie lebt man auf einer geteilten Insel?
  • Kann es eine Wiedervereinigung geben?

Zypern ist die drittgrößte Insel des Mittelmeeres, nur Sizilien und Sardinien sind größer. Geografisch gehört Zypern zu Asien, da es nur 68 Kilometer vor der Türkei und 95 Kilometer vor der Küste Syriens liegt.  Durch seine Geschichte gehört Zypern allerdings politisch und kulturell zu Europa. 

1974 erfolgte die Landung türkischer Streitkräfte auf Zypern und seitdem ist die Insel zweigeteilt. Zwar umfasst die Republik Zypern alle auf der Insel lebenden Menschen, jedoch steht der nördliche Teil der Insel unter türkischer, der südliche Teil und griechischer Kontrolle. Wie kam es dazu? Wie kommen die Zyprioten damit zurecht und kann es eine Wiedervereinigung geben?

Die Geschichte Zyperns

Der Norden wird vom Süden Zyperns durch eine Grenze getrennt. (Symbolbild)
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Wie kam es zu der Invasion durch die Türkei und der damit letztlich einhergehenden Teilung? Wie so oft liegen die Ursachen ziemlich weit in der Vergangenheit. 1878 wurde Zypern im Gefolge des Berliner Kongresses im Juni/Juli desselben Jahres eine Art britisches Protektorat. 1914 annektierte Großbritannien die Insel. Im Friedensvertrag von Lausanne am Ende des griechisch-türkischen Kriegs von 1919 bis 1922 erkannte die Türkei die britische Annexion an und leistete formellen Verzicht auf Zypern. 1925 wurde Zypern Kronkolonie. Die griechischen Zyprioten wünschten sich allerdings den Anschluss der Insel an Griechenland, die Enosis. Allerdings war man in Großbritannien der Meinung, dass man aus strategischer und militärischer Sicht nicht auf die Insel verzichten könne. 1931 kam es zu Unruhen, die von der britischen Kolonialmacht niedergeschlagen wurden. Im Zweiten Weltkrieg spielte Zypern keine Rolle, im Kalten Krieg und nach der Gründung der NATO war die Insel aber von großer Bedeutung für Spionageflüge und als Stützpunkt für Atombomber. Daher war für Großbritannien klar, dass die Insel unbedingt als Ganzes britische Basis bleiben musste.

1950 erfolgte durch die orthodoxe Kirche auf Zypern ein neuer Vorstoß in Richtung Unabhängigkeit. Bei einer inoffiziellen Erhebung stimmte die Mehrheit der Zyprioten für diese, was jedoch durch die britische Regierung ignoriert wurde. Der neugewählte Erzbischof Zyperns Makarios III. gab sich damit nicht zufrieden und zwang die Regierung Griechenlands unter Ministerpräsident Alexandros Papagos mit der Drohung zum Handeln, den Fall Zyperns vor die UNO zu bringen. Der britische Premierminister Antony Eden konterte daraufhin, dass die Frage Zyperns auch die Türkei beträfe und versuchte damit, Griechenland und die Türkei gegeneinander auszuspielen. Die Türkei reagierte entsprechend und drohte damit, den Vertrag von Lausanne als hinfällig zu betrachten, wodurch Zypern dementsprechend an die Türkei zurückgegeben werden müsse. Durch das britische taktische Manöver wurde Ankara zum Mitspieler im Poker um Zypern; zugleich löste London mit dieser Taktik einen neuen griechisch-türkischen Konflikt aus. Aber Großbritannien betrieb seine divide et impera-Politik nicht nur gegenüber Athen und Ankara, sondern spielte nun auch die Volksgruppen auf Zypern gegeneinander aus.

1955 begann der Kampf der griechisch-zypriotischen Untergrundorganisation EOKA. Die türkischen Zyprioten misstrauten den Enosis-Bestrebungen, denn sie fürchteten, dass der Anschluss an Griechenland zu Diskriminierungen führen könnte. Sie wollten den Status quo aufrechterhalten und wandten sich daher verstärkt Großbritannien zu. Um eigene Kräfte zu sparen, stellten sie zur Bekämpfung der EOKA eine Polizeispezialeinheit aus türkischen Zyprioten auf, deren Einsatz zwangsläufig zur Konfrontation mit der EOKA führte. Mit britischer Duldung baute der türkische Generalstab ebenfalls eine bewaffnete Untergrundorganisation auf. Die politischen Ziele der türkischen Seite wandelten sich während des Konflikts vom anfänglichen Wunsch nach Beibehaltung des Status quo zur Teilung der Insel, türkisch Taksim. 1958 kam es zu ersten Zusammenstößen zwischen der TMT und der EOKA. In diesem Verlauf kam es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Das gescheiterte Suez-Abenteuer der Briten ließ den strategischen Wert der Insel schrumpfen. Die USA bauten Druck auf, denn sie sahen durch die Streitereien der NATO-Verbündeten Griechenland und der Türkei die Südostflanke der NATO gefährdet. 1959 wurde bei Gesprächen eine Lösung erarbeitet; diese jedoch ohne Beteiligung der Zyprioten, die sich dadurch benachteiligt sahen. In Wahrheit diente diese Lösung nur dazu, den Streit innerhalb der NATO beizulegen, die Konflikte auf Zypern selber wurden dadurch nicht beseitigt. 

Wie es zur Teilung kam

Symbol der Trennung: Stacheldraht
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Die Konflikte verschärften sich zunehmend. Makarios erkannte, dass nur eine Teilung oder die Unabhängigkeit infrage käme. Während die griechische Bevölkerung die Enosis wollte, waren die türkischen Anteile gespalten. Die gemäßigtere Gruppe war für ein unabhängiges Zypern, die radikale Gruppe für die Teilung. Ein zusätzliches Problem war, dass Makarios die faktische Gleichberechtigung zwischen Türken und Griechen ablehnte, was angesichts eines Verhältnisses von 80:18 (Türken zu Griechen) für die türkische Mehrheit inakzeptabel war, denn Makarios wollte eine privilegierte Partnerschaft für die Minorität.  Der Konflikt brach 1963 offen aus, als Makarios 13 Verfassungsänderungen, darunter die Abschaffung des absoluten Vetorechts des türkischen Vizepräsidenten, durchsetzen wollte, ohne der anderen Seite Kompensationen anzubieten. Damit stürzte Zypern in eine schwere Staatskrise. Beide Seiten heizten den Konflikt immer weiter an, sodass man gegen Ende 1963 von bürgerkriegsähnlichen Zuständen sprechen konnte. Die innerzypriotische Konfrontation sprang auf die Mutterländer über.

Als im Dezember 1963 ein direkter griechisch-türkischer Zusammenstoß drohte, mischte sich US-Präsident Lyndon B. Johnson ein und verhinderte den Ausbruch eines Krieges zwischen Griechenland und der Türkei. Kurz darauf schlug er die Entsendung eines NATO-Kontingentes vor, was Makarios allerdings ablehnte und woraufhin er sich an die Sowjets wandte. Nikita Chruchtschow mischte sich bereitwillig ein. Das führte dann letztlich dazu, dass eine UN-Friedenstruppe stationiert wurde, die UNFICYP. Bevor diese jedoch eintraf, eskalierte es auf Zypern erneut. Ende Mai 1964 befahl der türkische Staatspräsident Mustafa Ismet Inönü eine militärische Invasion Zyperns für Anfang Juni. Nur durch massiven Druck in der Form eines Drohbriefes konnte Johnson die Invasion im letzten Moment abwenden. Die türkische Regierung legte das Meerengenabkommen von Montreux von 1936 so liberal aus, dass es den Sowjets möglich war, eine Flotte ins Mittelmeer zu bringen, die den NATO-Strategen als sogenannte Eskadra jahrelang Probleme bereitete. 

Erneut mischten sich die US-Amerikaner ein. Gemeinsam mit dem britischen Außenminister Dean Rusk wurden mehrere Pläne erarbeitet, um das Zypern-Problem zu lösen. Gemeinsam war allen Plänen, dass die staatliche Existenz Zyperns beseitigt und Griechenland angeschlossen werden sollte. Dafür sollte die Türkei territoriale Kompensation von Griechenland erhalten, die sogenannte doppelte Enosis. Die Türkei war prinzipiell damit einverstanden, doch der griechische Premierminister Georgios Papandreou hatte Skrupel, Zypern eine solche Lösung zu oktroyieren. Obwohl die Türkei auf die Invasion verzichtet hatte, griff die türkische Luftwaffe in die erneut aufflackernden Kämpfe bei Kokkina in der Tillyria-Region ein und belegte griechisch-zypriotische Dörfer mit Napalmbomben. Als die Sowjetunion sich einmischte, reagierte die griechische Regierung nervös. Im Gespräch mit Amerikanern und Briten wurde jene Konzeption entwickelt, die unter der Bezeichnung "Enosis per Putsch" in die Geschichte einging: Es war geplant, dass Griechenland auf Zypern einen Staatsstreich organisieren, Makarios aus dem Weg räumen und im Anschluss daran sofort den Anschluss Zyperns an Griechenland proklamieren sollte. Die Amerikaner und Briten, so der Plan, würden die Türkei von übereilten Reaktionen abhalten. Sobald die Lage sich beruhigte, würde sich die griechische mit der türkischen Regierung über Kompensationen einigen. Dieser Plan wurde letztlich nicht umgesetzt, woraufhin die Amerikaner sich vorläufig aus der aktiven Zypern-Politik zurückzogen.

Die Invasion durch die Türkei

Die Invasion beginnt. (Symbolbild)
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1967 geschah dann etwas, das die Situation weiter verschärfte. Rechte Offiziere unter der Führung von Georgios Papadopoulos ergriffen im "Obristenputsch" die Macht und errichteten in Griechenland eine Militärdiktatur. Durch den außenpolitischen Dilettantismus der Militärs wurden die diplomatische Position Griechenlands und seine militärische Präsenz auf Zypern geschwächt. Die Vorstellung, beim Anschluss der Insel an Griechenland werde die Diktatur importiert, führte bei vielen Zyprioten zu einer starken Abkühlung des Wunsches nach Enosis. Makarios distanzierte sich daraufhin von Griechenland, beging allerdings den Fehler, das Verhältnis zu den türkischen Zyprioten nicht zu normalisieren und gab die Blockadepolitik nicht auf. Durch sein Verhalten fühlte sich die griechische Militärjunta provoziert und versuchte, Makarios zu diskreditieren und nötigenfalls zu beseitigen. Dies wiederum provozierte die türkischen Zyprioten.

Bei den Parlamentswahlen 1970 wurde die kommunistische Partei Zyperns stärkste Partei. Die USA bezeichneten daraufhin Zypern als das Kuba des Mittelmeeres, die Geheimdienste Griechenlands und der Vereinigten Staaten koordinierten die Anstrengungen zum Sturz Makarios´. Der Yom Kippur-Krieg in Nahost vom Oktober 1973 verdeutlichte erneut die strategische Bedeutung Zyperns. Etwa zur gleichen Zeit rebellierten die Studenten des Athener Polytechnikums, Diktator Georgios Papadopoulos stürzte, und der Chef der Militärpolizei Dimitrios Ioannidis wurde neuer Diktator Griechenlands. Der Studentenaufstand hatte gezeigt, dass die Tage der Junta gezählt waren. Ioannidis brauchte also, um seine Position zu festigen, dringend einen Erfolg, und diesen glaubte er, ausgerechnet auf dem Feld der Zypernpolitik erringen zu können. Er beschloss, den Plan "Enosis per Putsch" von 1964 durchzuführen. Der Athener Geheimdienst erhielt von Ioannidis den Auftrag, einen Staatsstreich gegen Makarios vorzubereiten, und die noch von Grivas während der Diktatur ins Leben gerufene Terroristengruppe, die EOKA B, steigerte ihre Aktivität. Am 15. Juli 1974 begann der Staatsstreich mit einem Attentat auf Makarios, das fehlschlug. Damit war der Putsch eigentlich gescheitert, aber die Putschisten gaben nicht auf. Da sie keinen vorzeigbaren Kollaborateur fanden, ernannten sie den als "Türkenkiller" berüchtigten Nikos Sampson zum Präsidenten. Dass dies die türkische Seite massiv provozierte, ist allerdings nur ein bequemer Vorwand - die türkische Invasion war schließlich seit 1964 von langer Hand vorbereitet worden.

Am 20. Juli 1974 erfolgte die Landung türkischer Streitkräfte bei Kyreneia. Am 23. Juli stürzte in Athen die Militärjunta. Einen Tag später kehrte der frühere Premier Kostas Karamanlis aus dem Pariser Exil nach Griechenland zurück und übernahm erneut das Amt des Premierministers. Um bei einem möglichen Krieg mit der Türkei über die griechischen Streitkräfte verfügen zu können, trat Griechenland an diesem Tag aus dem militärischen Teil der NATO aus. Dies war ein schwerwiegender Fehler, denn die NATO war bereit, vermittelnd einzugreifen. Diese erste Phase des unilateralen militärischen Eingreifens mittels einer Invasion der türkischen Streitkräfte durch das Interventionsrecht zur Wiederherstellung des Status quo ante wird von einigen für gerechtfertigt gehalten. Hätte Ecevit sich mit der Wiederherstellung des Status quo ante zufriedengegeben, hätte er sich als großer Staatsmann erwiesen. Durch Mäßigung hätte er sein Land an Europa herangeführt. Stattdessen türmte er Hindernisse auf dem Weg der Türkei nach Europa auf, und die Militärs in Ankara konnten der Versuchung nicht widerstehen und befahlen am 14. August 1974 die Fortsetzung der Invasion. Bis zum 16. August besetzte die türkische Armee knapp 40 Prozent der Insel. Bis zum 16. August besetzte die türkische Armee knapp 40 Prozent der Insel. Sie rückte bewusst langsam vor, um den griechischen Zyprioten die Möglichkeit zur Flucht zu geben. Wo diese nicht freiwillig gingen, wurde mit Gewalt nachgeholfen. Es kam es zu Massenexekutionen Hunderter von Zivilisten und Kriegsgefangener, Vergewaltigungen und Misshandlungen. Es gab viele Tote (980 auf der griechischen Seite). Insgesamt wurden etwas über 170.000 griechische Zyprioten vertrieben. Die Vertreibungen im Norden der Insel durch die türkische Armee provozierten im Süden der Insel vereinzelt heftige Reaktionen.

Viele türkische Zyprioten verließen ihre Wohnorte und setzten sich nach Norden ab oder flohen in die britischen Stützpunkte. Festgehalten werden muss in diesem Zusammenhang, dass es im Süden der Insel keine offizielle Vertreibungspolitik gab, vielmehr spielten die Angst vor griechischem Terror und die türkische Aufforderung zur Flucht in den Norden zusammen. Die Motive der Bevölkerungsbewegung sind also nicht gleichzusetzen. Am Ende war die Insel geteilt und die ethnische "Flurbereinigung" vollzogen. Als die zweite Phase der Invasion begann, waren die Briten bereit, ihre inzwischen verstärkten, auf Zypern stationierten Truppen der UNFICYP zu unterstellen, um die vorrückenden türkischen Streitkräfte zu stoppen. Die britische Regierung informierte Kissinger darüber, doch dieser lehnte den britischen Vorschlag ab: Das Zypernproblem sollte auf diese Weise ein für alle Mal beseitigt werden. Die zweite Phase der türkischen Invasion war durch nichts, auch nicht durch juristische Spitzfindigkeiten, zu rechtfertigen, da die Ursachen, die zur ersten Phase geführt hatten, beseitigt waren: Die Militärdiktatur in Griechenland war kollabiert, eine demokratische Regierung installiert, und auf Zypern war der Putsch in sich zusammengebrochen; die zweite Phase war ein Akt gewaltsamer Expansion.

Die Folgen der Invasion und erste Verhandlungen.

Machtlos bei der Invasion Zyperns: die Vereinten Nationen
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200 000 griechische Zyprer, 40 Prozent der griechisch-zyprischen Bevölkerung, wurden gezwungen, ihre Häuser im besetzten Gebiet zu verlassen, sie wurden zu Flüchtlingen. Einige Tausend griechische Zyprer, die nach der Invasion in ihren Häusern blieben, wurden allmählich mit Hilfe von Einschüchterungsmethoden gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und in den Süden zu ziehen. Die Türkei setzte ihre Okkupation des zyprischen Territoriums unter völliger Missachtung der wiederholten UN-Resolutionen fort. In den Resolutionen wurde die Respektierung der Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität der Republik Zypern sowie der Abzug aller fremden Truppen gefordert. Diese Haltung der Türkei sowie die fortgesetzte Verletzung der fundamentalen Menschenrechte des zyprischen Volkes wurde von internationalen Körperschaften wie der UN-Vollversammlung, der bündnisfreien Bewegung, dem Commonwealth und dem Europarat aufs Schärfste verurteilt.

Die Türkei hielt weiterhin an der Besetzung fest. In der Folge der Invasion wurden etwa 35000 Soldaten stationiert sowie circa 70000 Siedler aus Anatolien nach Zypern ausgesiedelt. Hinzu kommt eine systematische Zerstörung und Änderung des historischen und kulturellen Charakters des unter türkischer Besatzung stehenden Gebietes sowie die Schaffung einer separaten türkisch-zyprischen Wirtschaft. Somit ist Zypern auf der einen Seite Teil der EU, auf der anderen Seite türkisch. Aufgrund der faktischen Teilung Zyperns übt die international anerkannte Republik Zypern die tatsächliche Kontrolle nur im Südteil der Insel aus. Es gelten daher für die Einreise in den Nord- bzw. Südteil unterschiedliche Bestimmungen. Die Republik Zypern ist EU-Vollmitglied, bleibt aber weiterhin faktisch in zwei Teile geteilt. Die international anerkannte Republik Zypern übt die tatsächliche Kontrolle nur im Südteil der Insel aus, nicht hingegen im Nordteil, der durch eine Demarkationslinie (Grüne Linie/Green Line) vom Südteil abgegrenzt ist. Nur die Türkei erkennt den von ihr besetzten Nordteil als eigenständigen Staat („Türkische Republik Nordzypern“) an. UN-Einheiten kontrollieren die Pufferzone zwischen dem Norden und dem Süden, die militärisches Sperrgebiet und zudem teilweise vermint ist. Es wird zu Vorsicht bei Annäherung an die Pufferzone geraten, und davor gewarnt, die seeseitige Verlängerung der Demarkationslinie schwimmend oder mit Booten zu überqueren. Nicht unbedingt als solche ausgewiesene militärische Einrichtungen auf der ganzen Insel und das dort geltende Fotografierverbot sollten unbedingt respektiert werden, Beschilderungen sind nicht immer gut sichtbar. Aufgrund der faktischen Teilung kann die deutsche Botschaft in Nikosia konsularischen Schutz im Nordteil der Insel nur eingeschränkt leisten.

Doch wie stehen die Chancen auf eine Wiedervereinigung? Bereits kurz nach der Invasion wurden Verhandlungen darüber begonnen. Im Dezember 1974 begannen erste Gespräche mit dem Ziel, die Teilung der Insel zu überwinden und eine neue politische Ordnung für beide Volksgruppen herzustellen. Bereits im November war in einer Resolution der Vereinten Nationen (UN) unter anderem der Rückzug aller auswärtigen Truppen, die Rückkehr aller Flüchtlinge und direkte Verhandlungen zwischen Vertretern beider Volksgruppen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen gefordert worden. Allen Konfliktparteien war klar, dass nach den Ereignissen der vergangenen Jahre und den durch die Invasion geschaffenen Fakten eine Rückkehr zur Verfassungsordnung von 1960 nicht mehr infrage kam. Den griechischen Zyprioten blieb nichts anderes übrig, als einer von der türkischen Seite geforderten föderalen Lösung zuzustimmen. Die Frage, wie diese aussehen soll, entzweit beide Seiten bis heute. Die griechische Seite forderte und fordert eine starke Zentralregierung, die türkische eine schwache. Während den griechischen Zyprioten ursprünglich eine multiregionale Föderation vorschwebte, um möglichst vielen Flüchtlingen die Rückkehr zu ermöglichen, fordern die türkischen Zyprioten einen aus zwei ethnisch so weit als möglich homogenen Bundesländern gebildeten Staat. Politische Gleichheit auf allen Ebenen war und ist seit 1974 das Grundprinzip aller türkisch-zypriotischen Lösungsvorstellungen.

Demgegenüber bestehen die griechischen Zyprioten darauf, dass das bei einer Lösung berücksichtigt werden müsse, dass sie mit 82 Prozent die Bevölkerungsmehrheit stellen. Essenziell für die griechische Seite war und ist auch ein möglichst vollständiger Abzug der türkischen Truppen. Alle Verhandlungen waren zum Scheitern verurteilt, auch die Einmischung der Vereinigten Staaten von Amerika brachte keine Fortschritte. Während der damalige UN-Generalsekretär Perez de Cuellar einen Kompromiss ins Spiel brachte, der von Griechenland, allerdings widerwillig, akzeptiert wurde, rief die türkische Regierung die Türkische Republik Nordzypern aus, die von Ankara umgehend akzeptiert wurde. Der UN-Sicherheitsrat erklärte diese für ungültig. Im Juli 1990 verkomplizierte sich die Situation weiter, da die Republik Zypern einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft stellte. Alle Gespräche wurden daraufhin abgebrochen, die Situation war verfahrener denn je. Als sich abzeichnete, dass die EU die Republik Zypern auch ohne eine Lösung des Zypernkonfliks aufnehmen würde, begannen im Januar 2002 erneute Verhandlungen unter Federführung der UN, mit dem Ziel, erstmals einen alle Aspekte einer Lösung umfassenden Plan zu erstellen. Dabei konnten aber erst Fortschritte erzielt werden, als in der Türkei im November eine neue Regierung an die Macht kam. Die AKP-Regierung rückte von der langjährigen türkischen Position ab, nach der die 1974 geschaffenen Fakten die Lösung des Zypernproblems darstellten, um die eigenen EU-Ambitionen auf eine realistische Grundlage zu stellen. 

Wiedervereinigung - Kommt sie doch noch?

Minenfelder auf Zypern trennen die Insel in zwei Teile. (Symbolbild)
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Es dauerte bis Anfang 2004, ehe die Endfassung eines erstmals alle Aspekte einer künftigen politischen Ordnung umfassenden Lösungsplanes erarbeitet war. Kernpunkte des nach dem Generalsekretär der Vereinten Nationen benannten Annan-Plans waren:

  • Vom Parlament gewählte Regierung, bestehend aus vier griechischen und zwei türkischen Zyprioten; kollektive Führung mit Vetorechten für beide Volksgruppen
  • Zwei-Kammern-Parlament nach 1978-er Modell
  • 27 Prozent des Territoriums für den Norden;
  • Ambivalenz: Gründung eines neuen Staates durch zwei gleichberechtigte Staaten (wie von der türkischen Seite gefordert, von der griechischen Seite aber als möglichen Ausgangspunkt für eine spätere Abspaltung abgelehnt) oder Umwandlung der bestehenden Republik Zypern in einen neuen Staat (wie von der griechischen Seite gefordert)
  • Ambivalenz: Föderation oder Konföderation;
  • Rückkehr von mehr als der Hälfte der Flüchtlinge unter griechisch-zypriotischer Verwaltung und Umsiedelung von mehreren zehntausend türkischen Zyprioten
  • Staatsangehörigkeit für mehr als 45 000 türkische Einwanderer
  • Erhebliche und dauerhafte Beschränkungen bei der Rückkehr der griechischen Flüchtlinge und der Niederlassungsfreiheit im Norden
  • Dauerhafte griechische und türkische Militärpräsenz
  • Griechenland und die Türkei bleiben zusammen mit Großbritannien Garantiemächte mit Interventionsrecht.

In zwei gleichzeitig stattfindenden Volksabstimmungen wurde der Plan von den griechischen Zyprioten abgelehnt. Die türkischen Zyprioten hingegen stimmten für den Lösungsvorschlag. Bis zum Frühjahr 2008 gab es kaum Fortschritte in der Zypernfrage, was vor allem - aber nicht nur - an der offen intransigenten Haltung von Papadopoulos lag. Mit der Wahl des Linken Dimitris Chistofias zum Präsidenten im Februar 2008 änderte sich dann das Klima schlagartig. Direkte Verhandlungen zwischen den beiden Volksgruppen begannen, die erstmals in der modernen Geschichte Zyperns von zwei als moderat geltenden Politikern geführt wurden und große Hoffnungen geweckt haben. Doch auch hier gab es wieder keine nennenswerten Fortschritte. Vom 27. bis 29. April 2021 fanden erneut Gespräche statt, wieder unter der Federführung der Vereinten Nationen. Doch auch hier gab es wieder keinen Durchbruch, die Situation ist festgefahren. Es sind die bekannten Punkte, auf die beide Seiten beharren, ein Kompromiss ist nicht in Sicht. So wird Zypern weiterhin geteilt bleiben und Europa trennen.