Die Idee ist einfach erklärt: Wer viel Strom verbraucht, wenn er günstig ist, der spart Geld. Der Preis des Stromtarifs ändert sich inzwischen stündlich. Das kannst du als Kunde zu deinem Vorteil nutzen, mit einem dynamischen Tarif. Ab 2025 soll es damit so richtig losgehen. Aber ist dieser Tarif für dich wirklich sinnvoll? Welche Voraussetzungen musst du erfüllen? Die Stiftung Warentest hat sich jetzt erstmals 20 dynamische Stromtarife genauer angeschaut. Wer den vollständigen Report lesen will, kann ihn downloaden (Preis: 4,90 Euro).

Der dynamische Stromtarif hat Voraussetzungen

Erst durch die Liberalisierung des Strommarktes, Angebot und Nachfrage bestimmen jetzt den Preis, sind sogenannte dynamische Stromtarife überhaupt möglich geworden. Der Strompreis für Deutschland ist ein täglicher "Day-Ahead-Auktionspreis" pro Megawattstunde (MWh), der an der Strombörse EPEX in Paris entsteht und gehandelt wird. Da der Kurs schwankt, je nachdem wie viel Strom, Sonne und Wind gerade im Angebot sind, nutzen dynamische Tarife diese Schwankungen und bieten Strom nicht mehr zu einem Festpreis an. 

Es gibt allerdings zwei Voraussetzungen, die du als Kunde erfüllen musst. Erster Punkt: Du ziehst Strom (zum Laden des E-Autos oder für den Betrieb der Wärmepumpe) nur in den Zeiten, in denen er günstig ist. Zweiter Punkt: Du brauchst für die Anmeldung zum dynamischen Tarif einen modernen, intelligenten Stromzähler: den Smart Meter. Ab 2025 bekommst du ihn als Vielverbraucher automatisch von deinem Netzbetreiber oder du kannst ihn bestellen, dazu später mehr. Besonders viel sparst du als Kunde mit dem dynamischen Stromtarif, wenn du einen hohen Stromverbrauch hast.

Mit den dynamischen Stromtarifen wird es 2025 richtig losgehen, denn dann ist jeder Versorger per Gesetz verpflichtet, ihn anzubieten. Stiftung Warentest hat jetzt schon bei 1.500 Energieversorgern nachgefragt, ob sie bereits einen entsprechenden Tarif offerieren. Bis Ende April 2024 fand das Test-Team, um Projektleiter Julian Chudoba, nur 20 passende Angebote. Die Energieversorger mussten für die Analyse einen Tarif für den Verbrauch von 3.500 Kilowattstunden pro Jahr anbieten und außerdem durfte dieser nicht an den Kauf von weiteren Produkten (Solarmodule, Speicher etc.) gekoppelt sein.   

Was leisten dynamische Stromtarife?

Bei den analysierten Tarifen ändern sich die Börsenstrompreise stündlich und sind abhängig vom Day-Ahead-Markt an der europäischen Strompreisbörse Expex in Paris. Bei allen Anbietern ist der Strompreis gleich. Was dynamische Stromtarife leisten, rechnen die Analysten der Stiftung Warentest an einem Beispiel vor.

Am 14. Juli 2024 gab es einen negativen Strompreis in Paris. Das führte dazu, dass beispielsweise eine Berlinerin ihr E-Auto an der privaten Wallbox zu einem sehr günstigen Stromtarif aufladen konnte. Sie musste 10,5 Cent für die Kilowattstunde bei Simplydynamic von Ostrom zahlen. Zum gleichen Zeitpunkt kostete der Zwölfmonatstarif für Neukunden nach Angaben von Verivox am 14. Juli im Schnitt rund 26 Cent. Und woher wusste die Berlinerin, dass sie am 14.7. zwischen 13 und 15 Uhr ihren Stromer aufladen musste? Sie konnte einen Tag vorher auf ihrer App ablesen, wie der Preisverlauf ist und danach planen.  

Zurück zu den analysierten Tarifen: Der Preis für die Ware Strom ist für alle Versorger gleich, ebenso die Steuern und Abgaben (das sind immerhin 57 % vom Strompreis). Unterschiede gibt es beim Grundpreis pro Monat (er geht von 7,06 Euro bis 28,56 Euro) und bei den Zusatzkosten (von 19,29 Euro bis 26,18 Euro). Der Grundpreis und die Zusatzkosten fließen ein in die kumulierten Jahreskosten. Sie reichen von 802 Euro beim günstigsten Anbieter Ostrom: Simplydynamic bis 1.259 Euro beim teuersten Versorger Lechwerke: LEW Strom Flex Natur. Hinzu kommt der schwankende Börsenstrompreis pro Kilowattstunde und die Mehrwertsteuer.

Die schwierige Analyse von 12 Anbietern

Insgesamt analysierte die Stiftung Warentest 20 Tarife. Sechs Anbieter (ESWE, Stadtwerke Bielefeld und Duisburg, ÜZW Energie und WSW Energie & Wasser) haben nur einen regional verfügbaren Tarif und blieben deshalb unberücksichtigt. Drei weitere Anbieter (Awattar, Lumenaza und Rabot Charge) sind zwar überregional tätig, verlangen aber bei ihren fixen Tarifen variable Zusatzkosten und scheiden deshalb bei der Berechnung der Jahreskosten aus. Letztlich blieben 12 aktuelle Anbieter von dynamischen Stromtarifen übrig, die mit ihren Jahreskosten ohne Börsenstrompreis deutschlandweit verfügbar sind. Sie alle sind ohne Beschränkungen bei der Strommenge und ohne Zusatzkäufe buchbar. Die Preisunterschiede sind selbst in diesem kleinen Testfeld enorm, bilanziert die Analyse. "Der Berliner Musterhaushalt zahlt bei den Lechwerken, dem teuersten Anbieter im Test, fast 460 Euro im Jahr mehr als bei Ostrom, dem günstigsten."  

  • Ostrom: Simplydynamic
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 802 Euro
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  • Eprimo: Primaklime Dynamic
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 814 Euro
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  • Energie Market Solutions:  Entega Ökostrom dynamisch
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 838 Euro
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  • Tibber: Stündlich dynamischer Tarif
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 856 Euro
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  • GP Jougle Plus: Flex
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 857 Euro
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  • Vattenfall Europe Sales: Ökostrom Dynamik
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 860 Euro
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  • Enercity: Strom natürlich dynamisch
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 871 Euro
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  • Eon: Ökostrom dynamisch
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 887 Euro
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  • Stadtwerke Bochum: Stadtwerkeflex Ökostrom
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 920 Euro
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  • Plan-B Net Zero Energy: Ökostrom flex
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 937 Euro
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  • Green Planet Energy: Ökostrom flex
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 975 Euro
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  • Lechwerke: LEW Strom Flex Natur
  • Jahreskosten ohne Börsenstrompreis: ca. 1.259 Euro

Der 'dumme' Zähler hat ausgedient, jetzt kommt der 'intelligente Stromzähler'

Dynamische Stromtarife sind aktuell nur für einen kleinen Kundenkreis empfehlenswert, schreibt die Stiftung in ihrem Report. Denn: Voraussetzung für die Nutzung von dynamischen Stromtarifen ist ein neuer Stromzähler, der Smart Meter. Das ist eine neue Generation von Stromzählern, die den Ferraris-Zählern mit der Drehscheibe, benannt nach seinem Erfinder, dem Italiener Galileo Ferraris, ablöst. Von der Umstellung sind Millionen Haushalte betroffen. Ab 2025 soll es losgehen, bis 2032 sollen alle Kunden mit einem Smart Meter ausgestattet sein.

Der Smart Meter übermittelt den Stromverbrauch automatisch an den Versorger – und sorgt somit für mehr Transparenz bei den Verbrauchern. Er besteht aus zwei Modulen: einem digitalen Stromzähler und einer Kommunikationseinheit, dem Smart-Meter-Gateway. Es sendet dem Netzbetreiber im 15-Minuten-Takt eine Statusmeldung und die Verbrauchsdaten des Kunden. Aktuell nutzen nur wenige Smart Meter in Deutschland: Nur 160.000 Haushalte hatten nach Angaben der Bundesnetzagentur Ende 2022 diesen Zähler. In Dänemark und Schweden waren im selben Jahr bereits in 100 % der Haushalte intelligente Messsysteme verbaut. In Estland, Spanien, Finnland, Italien, Luxemburg und Norwegen waren es 98 %. 

Der geplante Einbau ist zeitlich gestaffelt. Zunächst geht es um Haushalte mit einem hohen Stromverbrauch von über 6.000 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr. Außerdem kommen Haushalte in den Genuss der digitalen Zähler, die mit Strom erzeugenden Anlagen (zum Beispiel PV-Anlage) mit einer Nennleistung von mehr als 7 Kilowatt (kW) ausgerüstet sind. Als Drittes kommen Haushalte dran, die mit einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung, z. B. einer Wärmepumpe oder einer Ladestation für ein E-Auto (Wallbox) ausgestattet sind. Geregelt ist der Einbau im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG)

20 Euro kostet der Smart Meter pro Jahr

Praktisch umgesetzt wird der Einbau der neuen Zähler schrittweise durch die Messstellenbetreiber. Sie kommen auf die Haushalte zu, sodass du nicht selbst tätig werden musst. Die routinemäßige Ausstattung mit dem Smart Meter ist für dich als Verbrauchenden mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden. Der Pflichteinbau kostet zwar nichts, die mögliche Erweiterung oder der Austausch des Zählerschranks aber schon. Dies ist notwendig, sofern für den Smart Meter zu wenig Platz ist. Für Arbeiten am Zählerschrank können je nach Aufwand bis zu 2.000 Euro anfallen. Diese Kosten müssen Eigentümerinnen und Eigentümer der Häuser und Wohnungen tragen. Wer zur Miete wohnt, wird nicht zur Kasse gebeten.

Ab 2025 hat jeder Haushalt zusätzlich das Recht, den Einbau eines intelligenten Messsystems zu verlangen, wenn er beispielsweise auf den dynamischen Stromtarif umsteigen will. Der Smart Meter muss dann innerhalb von vier Monaten installiert sein. Hierfür dürfen die Messstellenbetreiber den verbrauchenden Haushalten zusätzliche Kosten von einmalig 30 Euro in Rechnung stellen. Wenn du ein anderes Unternehmen beauftragst als das, was eigentlich vor Ort zuständig ist, hast du keine Preisgarantie. 

Die jährlichen Kosten für den reinen Messstellenbetrieb eines Smart Meters sind gedeckelt und liegen bei 20 Euro (Jahresstromverbrauch zwischen 6000 und 10.000 Kilowattstunden) bis 120 Euro brutto pro Jahr für große PV-Anlagen mit 50.000 bis 100.000 Kilowattstunden. Für den alten Ferraris-Zähler hast du dagegen nur 8 bis 17 Euro im Jahr bezahlt.

Das Interesse an Smart Metern und dynamischen Stromtarifen ist da

Die Chancen, die in der Digitalisierung der Stromverbreitung liegen, erkennen immer mehr Verbraucher. Der Digitalverband Bitkom hat ermittelt, dass eine große Mehrheit der Deutschen (83 %) darin eine Chance für die Energiewende sehen. Insbesondere ist das Interesse an Smart Metern gestiegen. Schon 63 % der Befragten können sich vorstellen, einen Smart Meter in ihrem Haushalt zu nutzen. Zu Beginn der Markteinführung der digitalen Technologie im Januar 2020 hatten sich erst 36 % der Menschen in Deutschland offen gegenüber dieser Technologie gezeigt.

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Das Ziel der Energiewende können Stromkunden mit dynamischen Stromtarifen unterstützen. Davon gibt es aber noch zu wenige, wie Projektleiter Julian Chudoba im Report der Stiftung Warentest feststellt: "Die Idee der dynamischen Tarife finde ich wichtig: Strom zu nutzen, wenn er im Überfluss vorhanden ist, um so den Absatz erneuerbaren Energien zu fördern und die Netze zu stabilisieren." Die Crux ist nur, dass im Moment "noch zu wenige Haushalte einen Smart Meter haben" und sie deshalb dynamische Tarife nicht optimal nutzen können.

Mit der ab 2025 beginnenden stärkeren Verbreitung von Smart Metern und der Pflicht der Energieversorger, einen dynamischen Tarif anzubieten, wird das Interesse vermutlich deutlich anwachsen. Hauptsächlich dann, wenn eigene Energieerzeugung (PV-Anlage), Stromkauf und Verbrauch optimal gesteuert und aufeinander abgestimmt sind. Das Problem: Die wenigsten wollen oder können die Waschmaschine, Wärmepumpe oder Wallbox eigenhändig nachts oder frühmorgens einschalten. Zudem können Verbraucherinnen und Verbraucher nicht ständig die Preise an der Strombörse im Auge behalten, um ihren Stromverbrauch manuell zu steuern.

Ein digitaler Energiemanager macht die Sache rund

Inzwischen gibt es aber auch dafür eine Lösung: Home Energy Management Systems (HEMS). Eigentlich für Industrie und Gewerbe entwickelt, helfen sie jetzt ebenso im privaten Bereich. "Ziel eines Energiemanagementsystems ist es, die zu Hause erzeugte Energie möglichst so zu nutzen und zu speichern, dass weniger Strom aus dem Netz bezogen werden muss", informiert die Verbraucherzentrale. Der Energiemanager ist meistens im Zählerkasten zusammen mit Smart Meter installiert. HEMS sind beim Kauf einer PV-Anlage oder eines Speichers meist günstig oder sogar kostenlos zu haben. In diesem Fall sind allerdings die Folgekosten (etwa monatlich für die Datenspeicherung in der Cloud) zu klären, und welche Daten zur Verfügung stehen.

Philipp Schröder, Chef von 1KOMMA5° und Entwickler der Regelsoftware Heartbeat zum Strommanagement, berichtet auf der Homepage der Firma: "Unsere Erfahrungen zeigen, dass 40 % der Haushalte, die eine Solaranlage intelligent in ein Gesamt-Energiesystem einbetten, nahezu null Cent pro Kilowattstunden oder weniger zahlen". Das HEMS erfasst und analysiert die Energieströme des Haushalts – dazu gehört der erzeugte Strom (PV-Anlage) und den günstigsten Zeitpunkt für den Strombezug aus dem Netz für die zeitlich flexiblen und steuerbaren Geräte. 

Wichtig ist, dass die Geräte durch HEMS auch wirklich steuerbar sind. Bei Wärmepumpen ist das "SG ready-Label" ein Hinweis darauf, dass eine entsprechende Schnittstelle zur Ansteuerung durch ein HEMS vorhanden ist. Entscheidend ist, dass die Haustechnik auf das Preissignal reagiert. So kannst du Strom automatisch dann nutzen, wenn dieser günstig zur Verfügung steht, wozu du wiederum einen dynamischen Stromtarif brauchst.

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