Es gab sie: Im Dritten Reich, in der DDR und auch in der ehemaligen Sowjetunion. Und auch heute noch findet sie in vielen Staaten statt, wie in Nordkorea, dem heutigen Russland, in vielen Ländern im arabischen Raum und auch in Asien. Die Rede ist von der Zensur. Doch was genau bedeutet Zensur und wo ist der Unterschied zur Meinungsfreiheit?

Zensur: Der Versuch einer Erklärung

"Hier wird zensiert" heißt es immer wieder in sozialen Medien, wenn manche Posts gelöscht werden. Doch ist dem wirklich so? Wird bei Facebook etc. von Staats wegen zensiert und werden so unangenehme oder unliebsame Aussagen gelöscht? Das Thema Zensur ist in Deutschland im Grundgesetz klar geregelt. Hier heißt es im Artikel 5 eindeutig:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Damit ist klar geregelt, dass der Staat nicht in die freie Meinungsäußerung eingreift, weder in der freien Presse noch in den sozialen Netzwerken. Doch was genau ist eigentlich Zensur? Der Duden definiert sie so:

  • von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität

Hiermit ist die Meinungsfreiheit, genauer gesagt Meinungsäußerungsfreiheit oder auch Redefreiheit, im Grundgesetz verankert, wie es auch in Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes definiert wird. Doch es gibt Grenzen, wann die Meinungsfreiheit beschränkt wird. Diese sind: 

  • der Schutz gegen Beleidigungen oder Verleumdungen
  • unlauterer Wettbewerb durch üble Nachrede über die Produkte eines Mitbewerbers
  • die Grenze der öffentlichen Sicherheit
  • die Grenzen der Sittlichkeit
  • die Grenzen des Jugendschutzes
  • die übermäßige Kritik an Staatsoberhäuptern, Gerichten oder sonstigen Vertretern des Staates
  • die Weitergabe geheimer Informationen

Die Grenzen zwischen der verfassungsgemäßen Meinungsfreiheit und einem Straftatbestand sind oft fließend und nicht immer klar umrissen. 

Geschichte der Zensur in Deutschland bis 1945

Die Geschichte der Zensur reicht bis in die Antike. Laut Focus drohten damals schon drakonische Strafen für Majestätsbeleidigung oder Vergehen gegen die Autorität der Religion. Ab dem 3. Jahrhundert, mit dem Aufkommen des Christentums, erreichten die Maßnahmen gegen missliebige Inhalten jedoch eine neue Qualität. Etwa zur gleichen Zeit löste die Buchform des Codex mit eingehefteten Blättern die bis dahin gebräuchlichen Schriftrollen ab. Das erleichterte den Zugang zu Wissen. Religiöse Eiferer sahen in den Schriften der antiken Philosophen heidnische Machwerke und wollten verhindern, dass dieses Wissen sich verbreitete. So kam es zur ersten Bücherverbrennung der Geschichte, bei der auch die Bibliothek von Alexandria vernichtet wurde. Die Klosterbibliotheken hatten bis ins 15. Jahrhundert das Monopol auf die Vervielfältigung von Büchern, das erst mit der Erfindung des Buchdrucks gebrochen wurde. Zeitgleich kam es jedoch mit der Reformation zu einer Gegenbewegung zur katholischen Kirche, welche dann die Bücher der "Gegner" verbrannte und einen Index veröffentlichte, eine Sammlung von Werken, deren Besitz zur Exkommunikation führte. Erst 1966 wurde dieser Index abgeschafft.

Otto von Bismarck unternahm 1874 einen Vorstoß in Richtung eingeschränkter Pressefreiheit, doch dieser wurde später durch das Sozialistengesetz wieder ausgehebelt. Als der Siegeszug des Films gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann, sorgte das für Kontroversen. 1907 forderten aufgebrachte Bürger in den USA, Jugendlichen den Zugang zu Filmvorführungen zu verwehren, da diese nicht zwischen Fakten und Fiktion unterscheiden könnten. Der Druck wurde so groß, dass sich die Filmbosse in Hollywood eine "Selbstzensur" auferlegten, der "Hayes-Code". Darin war geregelt, wie viel Erotik und Gewalt für welche Altersgruppe zumutbar war. 

Auch das Radio fand Einzug als Massenmedium Einzug in die Gesellschaft. Da das Radio, anders als der Film, den man nur in Kinos zu sehen bekam, in allen Haushalten einfach zur Verfügung stand, war es bald Bestandteil jedes Haushaltes. Vor allem die Nationalsozialisten nutzten dieses Medium, um ihre Propaganda zu verbreiten. Da man allerdings nicht nur dem Führer lauschte, führte dies schnell zu einer Zensur. Sogenannte "entartete Musik" wurde verboten. In den Kriegsjahren stand das Hören von "Feindsendern" als "Rundfunkverbrechen" unter Todesstrafe.  

Geschichte der Zensur in Deutschland ab 1945

"Eine Zensur findet nicht statt", so hieß es bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in der Verfassung der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland. Doch ganz so war es noch nicht. Als anschauliches Beispiel dient die Serie "Raumschiff Enterprise". Insgesamt gab es 79 Folgen, doch es wurden vom deutschen Fernsehen nur 39 gekauft. Alle anderen wären "geschmacklos und gewalttätig". Das Erwachen des Geschlechtstriebes von Mr. Spock wurde als "schlimme Krankheit" übersetzt. Erst 1985 synchronisierte ein Privatsender alle Folgen – mit Ausnahme der Episode "Schablonen der Gewalt", in welcher die Crew auf einem Planeten landete, der eine frappante Ähnlichkeit mit Deutschland zu Zeiten der NSDAP hatte. Man wollte sich Ärger ersparen. 

Bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten saß die Schere, welcher oft Filme oder anderes zum Opfer fielen, meistens im Kopf. Private Unternehmer hatten mehr mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdenden Medien zu kämpfen. Oft fielen auch Serien dieser Prüfstelle zum Opfer, die heute wohl nur ein Lächeln hervorrufen würden. Auch bei Tonträgern kommt die Prüfstelle zum Einsatz, oft mit Fehlgriffen. Als ein Lied der Punk-Band "Die Ärzte" wegen Anspielungen auf Inzest verboten wurde, erkannten die Musiker das Potenzial, aus dem Skandal Profit zu schlagen. Sie veröffentlichten also eine Scheibe mit Titeln, von denen sie überzeugt waren, sie würden auf Widerspruch stoßen. Die Rechnung ging auf. Besonders peinlich für die Bundesprüfstelle, dass sie der Band als entlastend anrechnete, sie habe in einem Lied über Sodomie auf die Gefahr des "Verharzens" hingewiesen. Tatsächlich besteht diese Gefahr überhaupt nicht. Man hatte das Wort nur als Reim auf "Arzt" eingebaut. Heutzutage sind Computer das Ziel der "Medienwächter". 

In der ehemaligen DDR sah es allerdings noch anders aus. Erst 1989 wurde Zensur hier aufgehoben, wobei die Ost-Regierung immer wieder betonte, es gäbe eine freie Meinungsäußerung. Der MDR schreibt dazu, dass faktisch alles, was veröffentlicht werden sollte, geprüft wurde. Da die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur das Monopol über die DDR-Verlage innehatte, war es ein Leichtes, zu kontrollieren, was veröffentlicht werden durfte. Je nach Regimetreue war sogar die Auflage geregelt. Gleiches galt für Hörfunk, Musik, Filme und Fernsehen. 

Der Pressekodex

Immer wieder liest man, vor allem in den sozialen Medien, dass bestimmte Nachrichten zensiert wären. Dabei dreht es sich in vielen Fällen um Berichte, in denen von Straftaten berichtet wird; vor allem dann, wenn mögliche Verdächtige nicht benannt bzw. ihre Herkunft nicht beschrieben wird. Um es klar zu sagen: Es handelt sich hier nicht um Zensur, sondern um die Einhaltung des sogenannten Pressekodex. 

Nach dem Ende des Nationalsozialismus sollte vermieden werden, dass eine umfassende Kontrolle journalistischer Veröffentlichungen durch den Staat erneut ermöglicht wurde. Der Pressekodex ist ein Regelwerk, das vom Deutschen Presserat aufgestellt wurde. Er gilt in erster Linie für Print- sowie Onlineveröffentlichungen von Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland. Dieser Kodex enthält 16 Vorschriften, die als "Ziffern" bezeichnet werden. Darin sind die berufsethischen Grundlagen journalistischer Arbeit zusammengefasst. Die Medienunternehmen verpflichten sich freiwillig zur Einhaltung, es ist kein Gesetz. Jede*r Leser*in kann beim Presserat eine Beschwerde einreichen, sollte sie der Meinung sein, dass ein Bericht gegen einen oder mehrere Punkte dieses Kodex verstößt. Daraufhin holt der Presserat eine Stellungnahme der verantwortlichen Redaktion ein. Im Anschluss wird entschieden, ob die Beschwerde gerechtfertigt war. Dies geschieht im Beschwerdeausschuss. Ist eine Beschwerde gerechtfertigt, kann der Rat aus drei Sanktionen wählen: Hinweis, Missbilligung oder bei einer erheblichen Verfehlung eine öffentliche Rüge aussprechen. Diese muss von der betroffenen Redaktion veröffentlicht werden. 

Besonders geschützt werden hier Jugendliche. In Ziffer 8 wird explizit darauf hingewiesen, dass bei Berichterstattungen über Straftaten und Unglücksfälle bei Jugendlichen bis 18 Jahre eine Identifizierung ausgeschlossen werden soll. Gleiches gilt auch für Familienangehörige und Dritte. Kritisch sind allerdings auch Berichterstattungen über Länder, in denen Opposition gegen die dort herrschende Regierung Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen bestehen. Hier ist besondere Zurückhaltung gefragt.

Ziffer 8: Schutz der Persönlichkeit oder warum dies keine Zensur darstellt

Auch wenn gerade in den Sozialen Medien immer wieder von "Zensur" geredet wird: Es ist keine. Der Staat greift hier nicht ein, es ist eine Selbstverpflichtung der Medien. Bei Berichterstattungen über Verbrechen wird immer wieder von "Zensur" geredet, wenn Nationalität oder Herkunft möglicher Straftäter*innen nicht öffentlich bekannt gegeben wird. Doch an diesem Punkt greift Ziffer 8 des Pressekodex. Generell hat die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse an Informationen über Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren. Es ist Aufgabe der Presse, darüber zu berichten. Es gibt jedoch Einschränkungen. So heißt es in Ziffer 8: "Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden. Bei einer identifizierenden Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegen; bloße Sensationsinteressen rechtfertigen keine identifizierende Berichterstattung. Soweit eine Anonymisierung geboten ist, muss sie wirksam sein."

Richtlinie 8.1 wird dabei noch wesentlich genauer. Darin ist explizit beschrieben, dass Namen bzw. Fotos und andere Angaben, durch die ein Verdächtiger identifizierbar werden könnte, nur dann veröffentlicht werden sollen, wenn das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegt. Dabei müssen die Intensität des Tatverdachtes, die Schwere des Vorwurfs, der Verfahrensstand, der Bekanntheitsgrad des Verdächtigen oder Täters, das frühere Verhalten des Verdächtigen oder Täters und die Intensität, mit der er die Öffentlichkeit sucht, berücksichtigt werden. Für ein überwiegendes öffentliches Interesse spricht unter anderem:

  • eine außergewöhnlich schwere oder in ihrer Art und Dimension besondere Straftat
  • ein Zusammenhang bzw. Widerspruch besteht zwischen Amt, Mandat, gesellschaftlicher Rolle oder Funktion einer Person und der ihr zur Last gelegten Tat
  • Bei einer prominenten Person ein Zusammenhang besteht zwischen ihrer Stellung und der ihr zur Last gelegten Tat bzw. die ihr zur Last gelegte Tat im Widerspruch steht zu dem Bild, das die Öffentlichkeit von ihr hat.
  • eine schwere Tat, die in aller Öffentlichkeit geschehen ist
  • Vorliegen eines Fahndungsersuchens der Ermittlungsbehörden

Auf eine identifizierbare Berichterstattung soll besonders dann verzichtet werden, wenn:

  • konkrete Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit vorliegen
  • eine Resozialisierung gefährdet wird
  • Zeugen davon negativ beeinflusst werden

Wo gibt es heute noch Zensur?

In vielen Ländern gibt es auch heute noch eine staatliche Zensur. Ein Beispiel ist hier Nordkorea. Die Einwohner*innen haben außer den staatlich gesteuerten Medien keinerlei Möglichkeit, sich zu informieren. Auch ein freies Internet gibt es nicht, Telefonate ins Ausland sind unmöglich. Auch in Ägypten, Birma, China, Iran, Kuba, Saudi-Arabien, Syrien, Tunesien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam wird das Internet streng kontrolliert, falls es überhaupt verfügbar ist, schreibt die Süddeutsche

Auch alle anderen Medien werden in manchen Ländern kontrolliert bzw. zensiert. Statista veröffentlicht dazu regelmäßig aktuelle Zahlen zur Pressefreiheit. Zu den Ländern mit der geringsten Pressefreiheit gehören Nordkorea, China, Vietnam und der Iran. Ein freier Journalismus, wie wir ihn kennen, ist dort so gut wie unmöglich. Nicht nur Presse, Fernsehen und Internet werden offen oder heimlich zensier, auch Bücher und Lehrmaterialien.

In den USA, genauer in Texas, wurden zwischen Juli 2021 und April 2022 in texanischen Büchereien und Schulen 713 Bücher auf den Index gesetzt, was bedeutet, dass diese dort nicht mehr verwendet werden dürfen. Sehr viele dieser Bücher befassen sich mit LGBTQI-Themen, aber auch Bücher mit politischen Botschaften, wie "The Handmaid´s Tale" (Der Bericht der Magd) von Margaret Atwood, sind dabei. Randbemerkung: Die Schriftstellerin hat gemeinsam mit ihrem Verlag eine feuerfeste Ausgabe dieses Buches versteigert. 

Fazit

In Deutschland findet keine Zensur von staatlicher Seite aus statt. Einzig der Pressekodex sorgt dafür, dass manche Informationen gefiltert werden. In anderen Ländern ist die Situation allerdings anders. Eine freie Berichterstattung und damit verbunden eine freie Presse und die Möglichkeit, seine Meinung zu verbreiten, gehören zu den Grundrechten in unserem Land.