- Aufarbeitung der Hexenprozesse
- Wo gibt es Mahnmale oder Gedenkstätten?
- Exkurs: Salem – grausame Jagd in Amerika
- Werden auch heute noch Hexen verfolgt?
Aufgrund der Hexenprozesse starben in Franken viele Menschen. Auch in anderen Ländern gab es Hexenverfolgungen, so unter anderem in Amerika. Wurden die ermordeten "Hexen" inzwischen rehabilitiert? Wie wird die Geschichte aufgearbeitet? Gibt es Mahnmale oder Erinnerungsstätten? Werden auch heute noch Hexen verfolgt?
Lokale Aufarbeitung der Hexenprozesse
Aufarbeitungen und Rehabilitation finden oft lokal statt. So zum Beispiel im brandenburgischen Bernau, wo die Künstlerin Annelie Grund in Zusammenarbeit mit der Historikerin Birgit Schädlich Nachforschungen im Geheimen Staatsarchiv in Berlin durchführte. Insgesamt konnten sie die Namen von 25 Frauen und 3 Männern ausfindig machen, die in Bernau zwischen 1536 und 1658 hingerichtet wurden. 2003 erhielt sie den Auftrag, ein Denkmal zu schaffen, um den Ermordeten zu gedenken. 2017 gab es ähnliche Initiativen in insgesamt 54 Städten. In Leipzig wurde am 12.11.2020 am Alten Rathaus eine Gedenktafel eingeweiht, um den ermordeten Frauen und Männern zu gedenken.
Das katalanische Parlament hat im Januar 2022 mit großer Mehrheit einem Antrag zugestimmt, der als Hexen getötete Frauen rehabilitieren soll. Der evangelische Pfarrer Hartmut Hegeler setzt sich dafür ein, dass die katholische Kirche für Rehabilitierung der Opfer von Hexenverfolgungen ein. Er weist allerdings darauf hin, dass eine juristische Rehabilitierung nach dieser langen Zeit fast unmöglich sei. Die Rechtsnachfolge der damaligen Territorien und Gerichte wäre oft unklar, auch seien viele Akten nicht mehr vorhanden. Diese Rehabilitierung wäre daher nur symbolisch, aber dennoch wichtig, um dem Unrecht entgegenzutreten. Allerdings erwartet er kaum, dass sich die Bistümer mit den Hexenprozessen beschäftigen, denn die katholische Kirche tue sich sehr schwer mit der Aufarbeitung von Missbrauchsskandalen.
In Bamberg erinnert ein Mahnmal, das ursprünglich am Schloss Geyerswörth errichtet und durch dort fällige Bauarbeiten auf den Schönleinsplatz verlegt wurde, an die Hexenverfolgung. Einen tiefen Einblick in die Geschichte der Hexenverfolgung im Raum Bamberg/Schweinfurt/Würzburg kannst du im "Hexenturm" in Zeil am Main erhalten. Dort war im 17. Jahrhundert die Richtstätte des Hochstifts Bamberg. Der Stadtturm, der immer noch das Original ist, beinhaltet unter anderem eine Dokumentation, bestehend aus Briefen, Tagebüchern und auch den Gerichtsakten des Johann Langhans, Unterbürgermeister von Zeil, der mit weiteren Ratsherren sowie Viertelmeistern verbrannt wurde. In Würzburg existiert kein Mahnmal oder eine Gedenkstätte, dafür eine Statue des Julius Echter, einer der schlimmsten Hexenjäger. Lediglich eine Straße wurde nach Friedrich Spee benannt, der einer der bekanntesten Bekämpfer der Hexenprozesse war.
Aufarbeitung durch die katholische Kirche
Wie steht die katholische Kirche heute zur Inquisition im allgemeinen und zur Hexenverbrennung im Besonderen? Die Kirche vertritt den Standpunkt, dass es weder Dämonenangst noch Zauberei gegeben habe. Dementsprechend wären sie auch nicht verfolgt worden. Arnold Angenendt, katholischer Priester und Theologe, stellte fest, dass "die katholische Kirche getreu dem Ansatz der Gewaltlosigkeit eine physische Verfolgung und Eliminierung ablehne". Er vertrat auch den Standpunkt, dass Hexenprozesse ausschließlich vor weltlichen Gerichten stattgefunden habe, also die Kirche demnach auch nicht dafür verantwortlich sein könne.
Dem gegenüber steht allerdings die Entschuldigung durch Papst Franziskus, der sich in einer Predigt öffentlich entschuldigte. Er bedauerte, dass "Personen, obwohl sie unschuldig waren, verurteilt wurden, mit dem Wort Gottes gegen das Wort Gottes." Er prangerte dabei die Hexenverfolgung und Ketzerverbrennungen als Unrecht an. Die Beschuldigten seien verbrannt worden, "weil sie sich nach Meinung der Richter nicht dem Wort Gottes anpassten". Als historisches Beispiel führte er die heilige Jeanne d'Arc an. Eine Entschuldigung allgemeiner Art wurde bereits durch Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 vorgebracht, doch war diese auf alle Fehler der Vergangenheit bezogen.
Im Jahr 2004 hatte der Vatikan die Zahlen der bei den Verfolgungen Getöteten revidiert. So wären in Italien, Spanien und Portugal weniger als 100 Frauen durch die Inquisition als Hexen verbrannt worden, wohingegen es bei weltlichen Prozessen rund 100000 Anklagen gegeben habe, von denen rund die Hälfte zum Tode verurteilt wurden. Professor Agostino Borromeo, ein italienischer Historiker, führte weiter aus, dass es während der spanischen Inquisition etwa 125000 Prozesse gegeben habe, aber nur 1,9 Prozent Todesurteile.
Exkurs: Der Hexenprozess von Salem
Auch in Neuengland in den USA wurden die Hexen verfolgt. Trauriger und wohl bekanntester Höhepunkt waren die Hexenprozesse von Salem Village, dem heutigen Danvers, im heutigen Bundesstaat Massachusetts. Der Glaube an das Übernatürliche und daran, dass der Teufel bestimmten Menschen für ihre Treue zu ihm Macht verlieh, hatte sich in Neuengland ausgebreitet. Hinzu kamen die widrigen Lebensbedingungen, unter denen die Menschen in Salem Village ihr Dasein fristeten. Sie litten noch unter den Folgen des britisch-französischen Krieges, Krankheiten, wie beispielsweise die Pocken, grassierten und die Siedler fühlten sich immer wieder von den indigenen Völkern bedroht. Zusätzlich gab es eine ausufernde Rivalität mit Salem Town, dem heutigen Salem. Neid, Missgunst und die herrschenden Spannungen boten den perfekten Nährboden für die sich anbahnende Katastrophe.
Buchtipp 'Das Zeitalter der Hexenverfolgung: Angst und Aberglaube am Beginn der Neuzeit' - hier ansehenAber wie kam es letztlich zu den Prozessen? Im Januar 1692 begannen die 9-jährige Elisabeth Parris und die 11-jährige Abigail Williams (die Tochter und die Nichte von Samuel Parris, dem Geistlichen und Gemeindeleiter von Salem Village), seltsames Verhalten zu zeigen. Sie verdrehten ihre Glieder, zuckten und schrien unkontrolliert. Der herbeigerufene Arzt William Griggs stellte in Ermangelung anderer Erklärungen die Diagnose, die Mädchen wären wohl verhext worden. Nachdem dies bekannt wurde, zeigten weitere Mädchen die gleichen Symptome. Ende Februar 1692 verhaftete man Parris' karibische Sklavin Tituba, die obdachlose Bettlerin Sarah Good, sowie die arme Witwe Sarah Osborn, die von den Mädchen beschuldigt worden waren, sich der Hexerei schuldig gemacht zu haben. Sie wurden von den Richtern Jonathan Corwin und John Hathorne befragt, während die verhexten Mädchen ebenfalls erschienen und sich in Krämpfen und Geschrei auf dem Boden wanden. Good und Osborne stritten alles ab, lediglich Tituba gestand. Dies wohl in der Hoffnung auf ein mildes Urteil. Sie gab an, dass noch weitere Hexen den Teufel unterstützten. Mehr und mehr Menschen wurden beschuldigt, darunter ein 4-jähriges Kind, Dorothy "Dorcas" Good. Auch die anderen Angeklagten nannten weitere Namen, die Prozessflut, die folgte, war für die örtliche Gerichtsbarkeit nicht mehr zu bewältigen. Daraufhin befahl William Phips, der Gouverneur, die Einrichtung eines speziellen Gerichtes. Den Vorsitz erhielten verschiedene Richter, am 2. Juni 1692 wurde Bridget Bishop zum Tode verurteilt, eine Woche später hingerichtet. Fünf weitere Menschen starben im Juli, nochmals fünf im August und acht im September. In Haft starben aufgrund der schlechten Bedingungen sieben Menschen. Giles Corey, der Ehemann einer Verurteilten, weigerte sich, auszusagen und wurde durch Zerquetschen getötet.
Bereits während der Prozesse gab es Einwände durch den angesehenen Geistlichen und Gelehrten Cotton Mather, insbesondere gegen die Art der Prozessführung, in der auch Träume und Visionen als Beweismittel galten (Spectral Eidence). Seine Kritik verhallte ungehört. Cottons Vater, Increase Mother, Präsident der Universität von Harvard, unterstützte seinen Sohn. Für Hexenprozesse müssten, so Increase, die gleichen Standards der Beweisführung gelten wie in anderen Prozessen. Nach und nach schwand die Unterstützung der Prozesse durch die Bevölkerung. Gouverneur Phips sah sich gezwungen, den Gerichtshof aufzulösen. Weitere Untersuchungen wurden nur noch mit geringer Intensität durchgeführt, 1693 werden die verbliebenen Inhaftierten freigelassen. 1697 werden die Verurteilungen durch den allgemeinen Gerichtshof von Massachusetts für falsch erklärt. Die letzte verurteilte Hexe in Salem, Elisabeth Johnson Jr., die schuldig gesprochen worden war, doch durch das Ende der Hexenprozesse nicht hingerichtet wurde, wurde erst im Jahr 2022 nachträglich vom Vorwurf der Hexerei freigesprochen; über 300 Jahre nach ihrer Verurteilung. Ein Beispiel, das zeigt, wie schwer man sich mit der Aufarbeitung tut.
Gibt es heute noch Hexenverfolgung?
Auch heute noch sind Hexenverfolgungen in einigen Ländern üblich. Sie sind zwar regional begrenzt, aber die Methoden sind immer noch die gleichen wie damals. Der Historiker Rune Blix Hagen von der Universität Tromsø schätzt, dass in Afrika, Mexiko, Indonesien und Malaysia in den letzten 50 Jahren mehr Menschen wegen Hexerei getötet wurden als während der Hexenverfolgung in Europa. Damals wie heute wären sie die Sündenböcke für Krankheiten, schlechte Ernten und Unglücke. In der Demokratischen Republik Kongo wären tausende behinderte und an HIV erkrankte Kinder der Hexerei beschuldigt und getötet worden. Auch in Papua-Neuguinea werde immer noch Frauen als Hexen angeklagt - und verbrannt!
Doch wie sieht es in Europa aus? Jedes Jahr zur Walpurgisnacht verkleiden sich Menschen als Hexen und feiern, unter anderem lädt man am Brocken zum Hexentanz. Der Ethnologe Felix Riedel sieht das kritisch. Hexenjagden wären die extremsten Menschenrechtsverletzungen, die man sich vorstellen könne. Folter, Gewalt und Tod waren an der Tagesordnung, wenn man heute feiere, zeige man damit eine Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern. Man kommerzialisiere eine der grausamsten Epochen der Geschichte. Gleichzeitig würden in anderen Ländern immer noch Hexen verfolgt, so waren die Verfolgungen in Gambia oder Togo sogar staatlich durchgeführt worden.
Dem könnte man entgegenhalten, dass die Frauen in dieser Nacht sich gegen das früher (und wohl auch heute noch teilweise) herrschende Patriarchat auflehnen. Dabei ist der Hintergrund der Walpurgisnacht durchaus auch in der christlichen Geschichte zu finden. Der Name stammt von der heiligen Walburga, eine englische Äbtissin aus dem 8. Jahrhundert, heute die Schutzheilige der Seefahrer, Patronin der Wöchnerinnen, Seeleute, Bauern und Haustiere. Sie wurde an einem 1. Mai heiliggesprochen. Vermutlich wollte die Kirche mit den Feierlichkeiten zum 1. Mai einen Gegenpol zu Hexen und Teufelsanbetern schaffen, und dies mittels einer jungen Frau, die ihr Leben in Klöstern verbracht hatte.
Fazit
Die Hexenverfolgung gehört zu den schlimmsten Epochen der Menschheitsgeschichte. Tausende Menschen wurden nur aufgrund von Denunziation oder falschen Vorwürfen verhaftet, gequält und getötet. Die katholische Kirche, aber auch die evangelische, tut sich schwer, die Vergangenheit zu bewältigen und aufzuarbeiten, auch von staatlicher Seite ist dies bisher wohl kaum geschehen. Die meisten Gedenkstätten sind, so die Ergebnisse der Recherche, durch private Initiativen entstanden.
Lies hier auch den ersten und zweiten Teil der Reihe zur Hexenverfolgung.
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