- Warum ist nachhaltige Kleidung wichtig?
- Wie hat die Verbraucherzentrale den Marktcheck durchgeführt?
- Was sind die Ergebnisse und was fordert die Verbraucherzentrale NRW?
Der deutsche Kleidungsmarkt wird von Fast-Fashion - schnell und preisgünstig hergestellter Kleidung - dominiert. Allerdings gibt es auch immer mehr nachhaltige Angebote. Wer nachhaltige Kleidung kaufen möchte, hat es aber in Online-Shops oft schwer. Doch warum ist dies so? Und wie könnte es besser gehen? Die Verbraucherzentrale NRW hat 10 Online-Shops getestet und stellt Forderungen an die Anbieter.
Nachhaltigkeit in der Textilindustrie: Warum sie wichtig ist
Fast-Fashion ist ein gravierendes Problem in der Bekleidungsindustrie. Der Begriff meint, dass neue Kollektionen in kürzester Zeit und trendbezogen hergestellt werden. Häufig ist Fast-Fashion günstig in der Produktion und wird auch extrem preiswert verkauft. Dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz weist darauf hin, dass Deutsche im Schnitt sechzig Kleidungsstücke pro Jahr kaufen. Fast-Fashion wirkt günstig, allerdings muss der Preis hierfür an anderer Stelle gezahlt werden: Sie stellt nicht nur ein Umweltproblem durch Farben und Chemikalien dar, sondern auch ein Ressourcen-, Abfall- und Klimaproblem.
Eine Möglichkeit, um Fast-Fashion zu vermeiden, ist auf nachhaltige Kleidung zu achten und diese möglichst lange zu tragen. Darauf zielt auch die sogenannte EU-Textilstrategie ab. Sie sieht vor, dass du als Verbraucherin oder Verbraucher klare Informationen zu deinen Textilien bekommst und mit nachhaltigen Etiketten nicht mehr geschwindelt wird. Bis 2030 soll Kleidung eine bessere Qualität haben, repariert, länger genutzt und recycelt werden.
Da Kleidung heutzutage zunehmend online gekauft wird, hat die Verbraucherzentrale NRW einen Marktcheck bei den 10 führenden Online-Shops für Kleidung durchgeführt. Die Shops Zalando, Otto, H&M, About You, Bonprix, Amazon, Breuninger, Bestsecret, Shein und Lidl wurden genauer unter die Lupe genommen. Zentrale Fragen waren: Wie leicht wird es Verbrauchern gemacht, nachhaltige Kleidung zu finden? Sind die Nachhaltigkeitssaussagen der Unternehmen nachvollziehbar? Welche Angebote gibt es bei den Shops, um Kleidung nachhaltiger zu nutzen?
So lief der Marktcheck der Verbraucherzentrale NRW ab
Die Tester und Testerinnen suchten zunächst in jedem Shop nach einer Damenhose in der Größe 38. Anschließend prüften sie, ob unter den ersten fünf angezeigten Hosen sofort "grüne" Angebote erkennbar waren. Kerstin Effers, Umweltexpertin der Verbraucherzentrale NRW erklärte: "Nur vier von 50 Produkten waren als nachhaltig gekennzeichnet". Die Kennzeichnung erfolgte jedoch nicht mit bekannten Textilsiegeln, sondern mit selbst kreierten Symbolen. Nachhaltigkeitsaussagen konnten auf den Produktseiten nur umständlich durch Scrollen oder Klicken gefunden werden.
In einem zweiten Schritt prüften die Testerinnen, ob der Shop einen Nachhaltigkeitsfilter besaß. Bei sieben der zehn Shops fanden sie Suchfilter mit der Überschrift "Nachhaltigkeit"; H&M, Shein und Lidl boten keine Nachhaltigkeitsfilter an. Weiter gab es Möglichkeiten, nach Kriterien wie "recyceltes Material", "verbesserte Herstellung" oder "ökologische Materialien" zu filtern. Die Ergebnisse wurden anschließend hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitsaussagen geprüft. Nach Verwendung der Suchfilter tauchte unter 21 angezeigten Produkten nur sechsmal das Label "Cotton made in Africa", zweimal "Oeko-Tex made in Green", dreimal "Fair Wear Foundation" und fünfmal nachhaltigere Viskose von Lenzing auf. Allerdings wurden auch drei Hosen als nachhaltig beworben, nur weil sie einen Anteil Recycling-Polyester enthielten. Aus Sicht der Tester war das Ergebnis insgesamt ungenügend. "Kein Shop zeigte auf der Trefferliste das deutsche Meta-Siegel 'Der grüne Knopf' oder bekannte und geprüfte Textilsiegel wie 'Oeko-Tex', 'GOTS' (Global Organic Textile Standard) oder 'Fairtrade Cotton' an", führt Kerstin Effers aus. Stattdessen arbeiteten ihr zufolge vier der überprüften Shops mit selbst erfundenen Symbolen und vagen Nachhaltigkeitsaussagen. Für dich als Verbraucher sind diese Informationen oft nicht nachvollziehbar.
Der dritte Schritt zielte darauf ab, nach Angeboten zum nachhaltigeren Umgang mit Kleidung zu suchen. Hierfür prüften die Testerinnen, ob der Shop beispielsweise Second-Hand-Angebote, einen Reperaturservice, Miet- oder Verleihangebote hat oder Ersatzteile anbietet. Lediglich drei der zehn getesteten Shops boten eine einfache Möglichkeit an, Kleidung gebraucht statt neu zu kaufen. H&M, About You und Zalando boten gebrauchte Kleidung unter den Bezeichnungen "Preowned", "Second Hand" oder "Second love" an. Diese kannst du direkt in der Navigationsleiste auf der Website finden. Nur bei H&M gab es Anleitungen für kleine Reparaturen, die die Lebensdauer von Kleidungsstücken verlängern können. Weitere Serviceangebote konnten die Tester nicht finden.
Das fordert die Verbraucherzentrale von den Online-Anbietern
Insgesamt konnte der Test zeigen, dass Nachhaltigkeit zu leben in den Top 10 Online-Shops für Bekleidung nicht einfach gemacht wird. Es müssen Suchfilter angewendet werden, um unter den ganzen konventionellen Produkten "grüne" Angebote zu finden. Allerdings gibt es diese nicht in allen Online-Shops. Weiter wurden kaum bekannte, unabhängige Textilsiegel verwendet. Vielmehr setzen die Shops auf selbst kreierte Symbole und Nachhaltigkeitsversprechen, die teils unverständlich sind. Gebrauchte Kleidung wurde nur in drei der Top-Ten-Shops angeboten. Es fehlten Dienstleistungen zur nachhaltigeren Nutzung von Bekleidung.
Die Verbraucherzentrale NRW formuliert auf Basis des Marktchecks verschiedene Forderungen an Online-Händler für Bekleidung. So sollten Anbieter endlich Verantwortung übernehmen und von ihren Lieferanten einen höheren Anteil unabhängiger und bekannter Textilsiegel verlangen. Selbstkreierte Icons und Symbole sollte es nicht mehr geben. Weiter sollten nachhaltige Produkte zum Standard werden und auch ohne Filter direkt angezeigt werden.
Weiter fordert die Verbraucherzentrale, dass Nachhaltigkeitsaussagen wahr und nachvollziehbar sein müssen. Serviceangebote, die dich als Nutzerin zu einer langen Nutzung von Kleidung motivieren, fehlen ebenfalls. Auch hier müssten die Anbieter also noch nachsteuern. Die Online-Shops sollten beispielsweise eine verlängerte Gewährleistung, Second-Hand-Ware, Ersatzteile zu einem angemessenen Preis, Kooperationen mit lokalen Schneidereien zur Reparatur und Änderung oder einen Verleihservice für Kleidung anbieten. Letzteres Angebot wäre vor allem für Festtagskleidung oder Babykleidung sinnvoll, da diese in der Regel nur kurze Zeit oder selten getragen wird.
Deutlicher Verbesserungsbedarf in Online-Shops
Die Verbraucherzentrale NRW konnte in ihrem Test herausstellen, dass Nachhaltigkeit in Online-Shops oft schwer gemacht wird. So gibt es meist keine verlässlichen Textilsiegel, die Aussagen zur Nachhaltigkeit waren oft nicht nachvollziehbar und es müssen Filter eingesetzt werden. Nur so können nachhaltige Angebote überhaupt gefunden werden. Die Verbraucherzentrale NRW fordert maßgebliche Veränderungen der Online-Shops, sodass Nachhaltigkeit zukünftig zum Standard werden kann.