• Sonntagsfahrverbot für Lkw in Deutschland
  • Auswirkungen der Omikron-Variante?
  • Was wird gefordert?
  • Wie soll das Abhilfe schaffen?
  • Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

Omikron beherrscht immer noch das tägliche Leben in Deutschland. Durch die relativ hohe Ansteckungsgefahr und die Quarantäneregeln kann es möglicherweise zu Problemen in vielen Betrieben kommen, wenn zu viele Arbeitnehmer*innen dadurch ausfallen. Hier ist dann auch die Lieferkette betroffen, wenn in den Speditionen Fahrer*innen fehlen oder aber in den Einzelhandelsgeschäften die Ware nicht ausgeladen oder eingeräumt werden kann. Hier möchte der HDE (Handelsverband Deutschland) mittels einer zumindest temporären Aufhebung des Sonntagfahrverbotes und der Erlaubnis nächtlicher Lieferungen für Entspannung sorgen. Doch kann man das umsetzen? Und was bedeutet das für Arbeitnehmer*innen und Anwohner*innen?

Das Sonntagsfahrverbot: Für wen gilt es?

Das Sonn- und Feiertagsfahrverbot ist in Deutschland in § 30 StVO (Straßenverkehrsordnung) geregelt. Demnach dürfen an Sonntagen und Feiertagen in der Zeit von 0 bis 22 Uhr zur geschäftsmäßigen oder entgeltlichen Beförderung von Gütern einschließlich damit verbundene Leerfahrten Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen sowie Anhänger hinter Lastkraftwagen auf deutschen Straßen nicht verkehren. Hauptgründe waren der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe und das Freihalten des Straßennetzes vom schweren Lkw-Verkehr zugunsten des Pkw-Verkehrs zur Ermöglichung eines verstärkten Ausflugsverkehrs an Sonn- und Feiertagen und als Beitrag zur Steigerung der Verkehrssicherheit an diesen Tagen. Im Juli und August, also zu den Hauptreisezeiten, wird dieses Verbot auch auf die Samstage ausgeweitet. Sollte jemand dagegen verstoßen, werden Bußgelder erhoben: Für den Fahrer werden 120 Euro fällig, für den verantwortlichen Halter können 570 Euro verhängt werden. Es gelten jedoch auch Ausnahmen.  Demnach ist das Fahren mit einem Lkw an Sonn- und Feiertagen sowie an Samstagen während der Sommerferienzeit gestattet:

  • bei nicht geschäftsmäßigen oder nicht entgeltlichen Fahrten
  • im kombinierten Güterverkehr bei der Fahrt zum oder vom Ver-/Entladebahnhof bis zu einer Entfernung von 200 km
  • im kombinierten Güterverkehr bei der Fahrt zur oder von der Ver-/Entladestelle eines Hafens bis zu einer Entfernung von 150 km
  • beim Transport von frischer Milch, frischem Fleisch und frischem Fisch sowie deren jeweiligen frischen Erzeugnissen
  • bei der Beförderung von leicht verderblichem Obst und Gemüse
  • beim Transport von lebenden Fischen und Bienen
  • bei der Beförderung bestimmter tierischer Nebenprodukte – welche das sind, werden in Artikel 8 und Artikel 9 Buchstabe f Ziffer i der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 festgelegt
  • beim Einsatz von Pannenhilfs-, Bergungs- oder Abschleppfahrzeugen in einem Notfall
  • bei Leerfahrten, die mit den vorigen Punkten zusammenhängen
  • mit Fahrzeugen, die gemäß Bundesleistungsgesetz im Verteidigungsfall oder bei einem inneren Notstand herangezogen werden können
  • Fahrzeuge der Feuerwehr, der Polizei, der Bundespolizei, der Bundeswehr, des Katastrophenschutzes, des Zolldienstes, der Straßendienste, der Straßenverwaltung und der NATO-Truppen
  • selbstfahrende Arbeitsmaschinen
  • Lkw mit Anhänger, sofern es sich dabei um Wohnanhänger handelt oder sie Sport- und Freizeitzwecken dienen und eine zulässige Gesamtmasse von 3,5 Tonnen nicht überschreiten
  • Fahrzeuge, deren beförderte Gegenstände fest zum Inventar gehören, z. B. Schausteller- oder Filmfahrzeuge
  • Zugmaschinen, deren alleiniger Zweck darin besteht, andere Fahrzeuge zu ziehen
  • Zugmaschinen sowie Sattelzugmaschinen mit einer Hilfsladefläche, deren Nutzlast maximal 40 Prozent des zulässigen Gesamtgewichts beträgt

Ferner sind zurzeit Transporte mit Impfstoff vom Sonntagsfahrverbot ausgenommen. Ansonsten kann man auch für Fahrten, die nicht unter die genannten Ausnahmen fallen, eine Sondergenehmigung beantragen. Dies muss bei der Straßenverkehrsbehörde des Bezirks geschehen, in dem entweder die Ladung aufgenommen wird oder sich der Wohnsitz, der Firmensitz oder eine Zweigniederlassung des Antragstellers befindet. In der Regel handelt es sich hierbei meist um das Landratsamt oder die Stadtverwaltung. Die Sondergenehmigung, um vom Sonntagsfahrverbot ausgenommen zu werden, ist schriftlich zu beantragen. In den meisten Fällen werden bei einer solchen Antragstellung jedoch nur für dringliche Transporte Sonntagsfahrverbot-Ausnahmen bewilligt. Wirtschaftliche Interessen allein sind dafür nicht ausreichend.

Drohen uns leere Regale im Supermarkt?

Neben dem Sonntagsfahrverbot gibt es ein Nachtfahrverbot. Generell verfolgt ein Nachtfahrverbot den Zweck, Anwohnern an Straßen mit regem Verkehr ihre wohlverdiente Nachtruhe zukommen zu lassen. Obwohl bereits des Öfteren darüber diskutiert wurde, gibt es in Deutschland kein grundsätzliches Nachtfahrverbot – weder für Lkw, Pkw oder Motorräder. Was sich jedoch mit der Zeit eingependelt hat, sind Nachtfahrverbote auf gewissen Streckenabschnitten, die beispielsweise durch Wohngebiete führen. Um sich die im Jahr 2005 eingeführte Autobahnmaut zu sparen, verlegten immer mehr Berufskraftfahrer ihre Routen auf Bundes- oder Landstraßen. Anwohner, die vorher kaum von regem Verkehr tangiert wurden, hatten daraufhin mit einer hohen Lärmbelastung zu kämpfen. 

Um die Lkw wieder auf die nun für sie mautpflichtige Autobahn zu bekommen und die betroffenen Anwohner von der Lärmbelästigung zu befreien, wurde zunächst ein Nachtfahrverbot auf Bundesstraßen erlassen, welches für Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12 Tonnen gelten sollte. Mittlerweile ist diese Regelung jedoch aufgehoben. Aktuell liegt es in den Händen der Bundesländer, bestimmte Straßen oder Streckenabschnitte mit einem Nachtfahrverbot für Lkw zu versehen. Teils bezieht sich dieses Verbot auf Lkw über 3,5 Tonnen, teils auf solche mit mehr als 12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. Das Lkw-Fahrverbot gilt ausschließlich nachts (von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens). Davon betroffen ist natürlich auch der Anlieferverkehr. 

Durch die Corona-Pandemie und insbesondere die Omikron-Variante, welche als besonders ansteckend gilt, kann es zu einem erhöhten Krankenstand, besonders unter den Fahrer*innen kommen. Dies könnte gegebenenfalls dazu führen, dass LKW aus Personalmangel stehenbleiben müssen oder aber in den Geschäften nicht entladen werden können. Davon wären dann auch Lieferungen des täglichen Bedarfs betroffen. Um dem entgegenzuwirken, hat der Handelsverband Deutschland (HDE) gefordert, das Sonntagsfahrverbot zu lockern und die Anlieferzeiten zu verlängern. Zu Beginn der Pandemie hatte es bereits solche Maßnahmen gegeben, um die Versorgung zu sichern. Konkret wird gefordert, dass die Politik die Rahmenbedingungen schafft, um im Notfall eine solche Lockerung schnell zu erlauben. Diese Lockerung bezieht sich explizit nicht auf eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten oder die Öffnung der Geschäfte an Sonn- und Feiertagen, da hierfür wieder mehr Personal benötigt würde, welches aber möglicherweise auch nicht zur Verfügung steht. 

Wo liegen die Probleme dieser Forderung?

Der Sinn hinter dieser Forderung nach Sonntagsfahrten und Sonntagsarbeit ist, dass dann mehr Fahrzeuge an den ansonsten verkehrsärmeren Tagen am Wochenende fahren könnten. So könne man flexibler planen und die Lieferketten entlasten. Von der Ausnahme wären Lkw-Fahrer*innen, das Personal aus der vor- und nachgelagerten Logistik sowie Personen, die für die Bestandspflege in den Filialen zuständig sind, betroffen. Doch wo lauern hier die Fallstricke?

Zum einen würde hier gerade ein Punkt, der eigentlich zum Kern des Sonntagsfahrverbotes zählt, ad absurdum geführt. Denn es sollte ja das Straßennetz gerade am Sonntag vom schweren LKW-Verkehr freigehalten werden, um den gerade dann stattfindenden Ausflugsverkehr zu ermöglichen und damit die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Ferner ist ein Problem, dass möglicherweise ein Konflikt mit dem Arbeitszeitgesetz bestehen könnte. Dieses regelt die maximale Tages- bzw. Wochenarbeitszeit der Arbeitnehmer*innen. Hier kann es unter Umständen passieren, dass durch den Ausfall von Personal diese Zeiten nicht mehr eingehalten werden können, wenn das Sonntags- oder Anlieferungsverbot umgangen wird. Besonders kritisch ist dies auch bei den Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer*innen zu sehen. Die Gewerkschaften sträuben sich auch gegen eine mögliche Sonntagsarbeit, da diese generell nur eine Ausnahme sein dürfte bzw. nur für bestimmte Personengruppen oder Tätigkeiten erlaubt ist. Neben den gesetzlichen Grundlagen darf darüber auch nicht vergessen werden, dass die dann beschäftigten Arbeitnehmer*innen einer erhöhten Belastung ausgesetzt sind. Es werden zwar dadurch die Zeitfenster für Transport und Anlieferung erweitert, doch wird das Hauptproblem nicht gelöst: die fehlenden Arbeitskräfte, welche durch Corona zu Hause bleiben müssen, sei es wegen einer direkten Erkrankung oder durch eine mögliche Quarantänevorschrift. Ferner ist das Sonntagsfahrverbot Bundessache, während mögliche Nacht- oder Anlieferverbote meist in Länderhand liegen. 

Ob eine solche Lockerung überhaupt sinnvoll oder durchführbar ist, sei dahingestellt. Für die Arbeitnehmer*innen stellt sie auf jeden Fall eine Belastung dar.