Mit modernen Biotechnologie-Verfahren modifizierte Lebensmittel sollen in der EU künftig ohne spezielle Kennzeichnung im Handel erhältlich sein. Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments einigten sich in Brüssel darauf, entsprechende Züchtungen in vielen Fällen von den bisher strengen EU-Gentechnikvorschriften auszunehmen, wie beide Seiten in der Nacht zu Donnerstag mitteilten.
Die neuen Richtlinien müssen noch vom EU-Parlament und den EU-Staaten abgesegnet werden. Normalerweise ist das eine Formsache, wenn sich die Unterhändler der Institutionen zuvor auf einen Kompromiss verständigt haben. Für solche Lebensmittel gelten jedoch weiterhin dieselben Sicherheitsvorschriften wie für Züchtungen, die etwa durch Kreuzung und Selektion entstanden sind. Im Zweifel kann eine etwa durch die Gen-Schere Crispr/Cas modifizierte Pflanze nicht von einer natürlichen Züchtung unterschieden werden.
Was ist Grüne Gentechnik?
Die Grüne Gentechnik ist ein spezifischer Zweig der Gentechnik, der sich auf die Anwendung in der Landwirtschaft und Pflanzenzucht konzentriert. Sie umfasst sowohl konventionelle genetische Modifikationen als auch neuere Verfahren wie Genome Editing (zum Beispiel CRISPR/Cas9), das es ermöglicht, präzise Veränderungen direkt im Genom vorzunehmen, ohne zwingend fremde Gene einzufügen. Ziel ist es, Nutzpflanzen widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse, Krankheiten oder Schädlinge zu machen und gleichzeitig die Erträge zu steigern.
Konventionelle Gentechnik wird häufig kritisiert, weil sie artübergreifende Manipulationen vornimmt, die in der Natur nicht vorkommen. Dies wirft ethische, ökologische und gesundheitliche Bedenken auf, insbesondere hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen auf die Umwelt und die Sicherheit der Produkte für den Menschen. Klassische Verfahren der Mutagenese beruhen "auf der Wirkung bestimmter Chemikalien oder Strahlung, wie zum Beispiel radioaktive oder UV-Strahlung", erklärt das Bayerische Umweltministerium.
"Diese erhöhen das Auftreten von Veränderungen im Erbgut. Anders als bei Genscheren passiert dies wie bei natürlich auftretenden Mutationen aber an zufälligen Stellen im Erbgut", heißt es in einer Erklärung des Ministeriums. Werden bei der Grünen Gentechnik neue Gene eingefügt, wird hingegen darauf geachtet, dass diese Änderung des genetischen Materials "eines Organismus mit einer Sequenz derselben oder einer eng verwandten Spezies" erfolgt, so die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit.
Welche Vorteile können gentechnisch veränderte Pflanzen bringen?
Befürworter erhoffen sich durch die Anpassungen Obst- und Gemüsesorten, die ertragreicher, widerstandsfähiger gegen den Klimawandel und nährstoffreicher sind. Wissenschaftler erwarten zudem eine einfachere Forschung durch weniger strenge Bestimmungen. In anderen Weltregionen gibt es bereits weniger strikte Regeln, Vertreter von Parlament und EU-Staaten setzen deswegen auch auf eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit für Landwirte.
Wie die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina in einer Stellungnahme erklärt, machen in Indien gentechnisch veränderte Baumwollpflanzen 95 Prozent der Baumwollproduktion aus, in Brasilien erfolgt der Sojaanbau zu 95 Prozent mit gentechnisch veränderten Pflanzen. In den USA würden "jeweils mehr als 90 Prozent der Flächen für Soja, Mais und Baumwolle mit gentechnisch veränderten Pflanzen bestellt", heißt es. Durch "Häufung extremer Wetterlagen" gerieten Pflanzen stärker unter Stress und würden anfälliger für Krankheiten.
Weniger krankheitsanfällige Pflanzen bräuchten weniger oder keine oder Pestizide und seien deutlich ertragreicher, heißt es. Viele Sicherheitsstudien kommen demnach zu dem Schluss, dass von modernen gentechnisch veränderten Pflanzen "per se kein höheres Risiko ausgeht als von Pflanzen, die durch konventionelle Züchtungstechniken erzeugt wurden", so die Wissenschaftler. Eine große Meta-Analyse der Universität Göttingen aus dem November 2014 kommt ebenfalls zu dem Schluss, "dass es überzeugende Belege für die Vorteile von gentechnisch veränderten Pflanzen gibt". Auch der Deutsche Bauernverband begrüßt grundsätzlich eine Lockerung.
Deutliche Kritik an EU-Gentechnik-Plänen: "Grenzen, die nicht überschritten werden sollten"
Die Naturbewusstseinsstudie 2019, die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Auftrag gegeben wurde, ergab, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen Gentechnik in der Landwirtschaft damals ablehnte. Kritiker fordern unter anderem, dass Verbrauchern eine Wahlfreiheit gelassen werden sollte, ob sie solche Lebensmittel konsumieren möchten oder nicht. Das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" etwa lehnt Grüne Gentechnik ab, um mehr Menschen zu ernähren.
Damit würden "Grenzen überschritten werden, die nicht überschritten werden sollten", heißt es in einer Stellungnahme. Es entstünden "komplett neue Organismen mit einer veränderten DNA-Struktur" und unklaren Nebenwirkungen beim Verzehr. Besonders in der Kritik: Große Agrarchemiekonzerne wie Bayer-Monsanto und BASF würden "gentechnisch veränderten Saaten zur Verfügung stellen und sich dieses Monopol über Patente teuer bezahlen lassen". Dies treibe gerade Kleinbauern in massive Schulden, so das Hilfswerk.
Der Bonner Agrarwissenschaftler Martin Qaim sieht diesen Punkt ebenfalls kritisch. Er erklärt gegenüber dem BR, das Patentrecht müsse man "auch bei neuen technologischen Entwicklungen immer hinterfragen". Gentechnikfrei soll in Zukunft übrigens auch weiterhin die Biolandwirtschaft bleiben. Jedoch soll es laut Parlament kein Verstoß darstellen, wenn es um ein "technisch unvermeidbares Vorhandensein" von Gentechnik geht.
Ein Redakteur hat diesen Artikel unter der teilweisen Verwendung eines KI-Sprachmodells verfasst und/oder optimiert. Sämtliche Informationen wurden sorgfältig geprüft.
Erfahre hier mehr über unsere KI-Richtlinien.