Zuerst wurde das Speiseöl in den Supermärkten knapp, anschließend kamen die ersten Meldungen über Engpässe bei Weizen, Kartoffeln, Senf und Eiern. Doch der Verband der Getreide-, Mühlen und Stärkewirtschaft (VGMS) schickt nun eine neue Warnung: Ein durch den Ukraine-Krieg ausgelöster Gaslieferstopp könnte zum Wegfall weiterer Grundnahrungsmittel führen.

Davon betroffen wäre dann auch die Produktion von Teigwaren, Brot und Haferflocken sowie die Herstellung von Verpackungen. "Die gesamte Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft muss prioritär mit Gas versorgt werden, wenn eine Abschaltung von Verbrauchern unumgänglich werden sollte!", fordert Peter Haarbeck, Geschäftsführer des VGMS, nachdem Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch (30. März 2022) die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen hatte.

Teigwaren, Hafer und Müsli könnten als nächstes knapp werden

"Stehen die Unternehmen der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft still, laufen wir in eine prekäre Situation", macht Haarbeck in einer aktuellen Pressemitteilung des VGMS deutlich. "Dann bleiben Regale dauerhaft leer: Weil wichtige Grundnahrungsmittel – Haferflocken, Nudeln, Müsli – fehlen und die Lebensmittelverpackungen, die mit Stärke hergestellt werden. Und das innerhalb kürzester Zeit!"

Robert Habeck und das Wirtschaftsministerium müssten daher sicherstellen, die VGMS-Branchen vorrangig zu versorgen, appelliert Haarbeck. Um die Selbstversorgung in Krisenzeiten weiterhin zu gewährleisten, sei zudem eine gut strukturierte regionale Lebensmittelwirtschaft notwendig. "Wir brauchen einen klaren Fahrplan in der Energiepolitik, um die extrem gestiegenen Preise für Gas und Strom wieder einzufangen. Deutschland muss dafür sorgen, dass seine kritische Infrastruktur, zu der insbesondere die Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft zählt, wettbewerbsfähig bleibt", appelliert der VGMS-Geschäftsführer.

Die Ernährungsindustrie sei mit einem Anteil von zwölf Prozent am Industrieerdgasbedarf der zweitgrößte Erdgasabnehmer in der deutschen Industrie, berichtet der VGMS. Innerhalb der Lebensmittelproduktion benötigen die Mahl- und Schälmühlen sowie die Stärkewirtschaft rund neun Prozent der von der Ernährungsindustrie verbrauchten Gasmengen. Bei der Herstellung von Back- und Teigwaren sind es fast 9,5 Prozent.

Bei der Verteilung der Gasimporte gilt: Grundsätzlich entscheidet im Fall von Versorgungsengpässen die Gaswirtschaft in eigener Verantwortung, welche Maßnahmen sie ergreift, erklärt der VGMS. Dazu zähle auch die "Abschaltung" bzw. "Einschränkung" einzelner Großkunden. "Dabei müssen die Gasversorgungsunternehmen geschützte Kunden prioritär versorgen", heißt es in der Mitteilung. Aber: Die Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft gehöre zwar zur kritischen Infrastruktur, jedoch nicht zu diesem Kreis "geschützter Kunden".

VGMS warnt: Versorgungslage schon jetzt verschlechtert

Das bedeutet: Regionale Versorger bestimmen, bei welchen Betrieben die Gasversorgung aufrechterhalten wird. Erst nach der Ausrufung des Krisenfalls werde die Bundesnetzagentur zuständig und regelt die Verteilung der Gasreserven an bestimmte Bereiche. Das Ausrufen der Frühwarnstufe durch Robert Habeck zeige, dass es bereits konkrete Hinweise auf eine erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage gebe, so der VGMS. "Unsere Unternehmen brauchen jetzt schon Planungssicherheit, dass sie durchgehend mit Gas versorgt werden", betont Peter Haarbeck.

Zum VGMS gehören 575 Unternehmen. In den Betrieben werden rund 15 Millionen Tonnen landwirtschaftlicher Rohstoffe verarbeitet, unter anderem Weizen, Roggen, Hafer, Hartweizen, Mais, Reis und Stärkekartoffeln. Zu den hergestellten Produkten zählen beispielsweise Mehl, Haferflocken, Müsli, Nudeln und Reis.

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